03 Die Auserwählten - In der Todeszone
Wie es genau funktioniert, weiß ich nicht, aber wenn es jemand tun kann, dann er. Er macht das sicher gern. Der Mann hasst ANGST genauso wie wir.«
Thomas dachte nach. »Wenn ANGST uns wirklich kontrollieren will, dann haben wir ein Riesenproblem. Drei Mal hab ich das schon miterlebt, mindestens.« Alby, der im Labyrinth mit einer unsichtbaren Macht gerungen hatte, die auch Gally zum Werfen des Messers zwang, mit dem Chuck erstochen wurde, und Teresa, die in der Hütte in der Brandwüste verzweifelt versuchte, Thomas zu warnen. Alle drei Ereignisse gehörten zu seinen beunruhigendsten Erinnerungen.
»Richtig. Die können dich manipulieren und zwingen, Dinge zu tun. Aber sie können nicht durch deine Augen sehen oder deine Stimme hören, das nicht. Du musst das Implantat unbedingt loswerden. Wenn ANGST dir nah genug kommt, dass sie dich überwachen können, und wenn sie das Risiko eingehen wollen, dich zu wahnsinnigen Handlungen zu zwingen, dann werden sie das auch tun. Und das können wir nun wirklich gar nicht gebrauchen.«
Es gab viel zu verarbeiten. »Tja, so wie’s aussieht, haben wir jede Menge Gründe, nach Denver zu fliegen. Mal sehen, was Newt und Minho denken, wenn sie aufwachen.«
Brenda nickte. »Das klingt gut.« Sie stand auf, kam näher, beugte sich vor und küsste Thomas auf die Wange. Eine Gänsehaut kroch über seinen Oberkörper und seine Arme. »Du, übrigens. Das meiste, was da unten in den Tunneln passiert ist, das war keine Schauspielerei.« Sie sah ihn einen langen Augenblick schweigend an. »Ich geh dann mal Jorge aufwecken – der schläft in der Pilotenkabine.«
Sie wandte sich ab und ging davon, und Thomas konnte nur hoffen, dass er nicht knallrot angelaufen war, als er daran gedacht hatte, wie körperlich nah sie sich damals im Untergeschoss gewesen waren. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf, legte sich wieder hin und versuchte die vielen neuen Informationen zu verarbeiten. Endlich hatten sie ein neues Ziel. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, und das nicht nur, weil er geküsst worden war.
Minho nannte ihre Lagebesprechung »Versammlung«, in Erinnerung an alte Zeiten auf der Lichtung.
Als die Versammlung vorbei war, hatte Thomas schreckliche Kopfschmerzen; hinter seiner Stirn pochte es so scheußlich, dass er dachte, ihm würden die Augäpfel herausquellen. Minho hatte bei jeder kleinsten Frage etwas einzuwenden und warf Brenda aus unerfindlichen Gründen die ganze Zeit fiese Blicke zu. Thomas verstand ja, dass sie die Dinge von allen Seiten beleuchten mussten, aber er wünschte, Minho würde Brenda endlich in Ruhe lassen.
Nachdem die Argumente eine Stunde lang hin- und hergeflogen waren und sich ein Dutzend Mal im Kreis gedreht hatten, beschlossen sie – einstimmig – nach Denver zu fliegen. Sie wollten mit dem Berk auf einem Privatflughafen landen und erzählen, dass sie Immune waren, die im Flugverkehr für die Regierung arbeiten wollten. Zum Glück trug das Berk keine Aufschrift – ANGST schien es nicht an die große Glocke hängen zu wollen, wenn sie sich hinaus in die echte Welt begaben. Am Flughafen würden sie getestet und als immun in die Stadt selbst vorgelassen werden. Alle außer Newt natürlich, der – als Infizierter – im Berk bleiben musste, bis sie eine Lösung fanden.
Sie aßen schnell etwas, dann ging Jorge in das Cockpit des Gleiters. Er meinte, er habe sich jetzt gut ausgeruht, die anderen könnten ruhig schlafen, sie würden mehrere Stunden fliegen, bis sie die Stadt erreichten. Man konnte nie wissen, wie lang es dauern würde, bis sie einen sicheren Schlafplatz fanden, wenn sie erst einmal dort waren.
Thomas wollte allein sein und schob seine Kopfschmerzen als willkommene Entschuldigung vor. In einem abgelegenen Eckchen fand er einen nach hinten klappbaren Sessel, auf dem er sich mit dem Rücken zum Frachtraum zusammenrollte. Er hatte eine Decke, in die er sich einwickelte, und er fühlte sich so behaglich wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Und obwohl er Furcht vor der Zukunft hatte, verspürte er doch zugleich einen gewissen inneren Frieden. Vielleicht würden sie es jetzt endlich schaffen, die Fesseln von ANGST für immer abzustreifen.
Er dachte an ihre Flucht und was alles auf dem Weg bis hierhin passiert war. Je länger er darüber nachdachte, desto stärker bezweifelte er, dass irgendein Teil davon von ANGST geplant worden war. Zu viel hatten sie im Affekt entschieden, und die Wachen hatten weiß Gott mit allen Mitteln darum
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