03 Die Auserwählten - In der Todeszone
gekämpft, sie dort festzuhalten.
Endlich verloren sich alle Gedanken in tiefem Schlaf, und er träumte.
Er ist erst zwölf Jahre alt und sitzt einem Mann gegenüber, der gar nicht glücklich aussieht. Sie befinden sich in einem Raum mit einem Fenster, durch das man in einen anderen Raum blickt.
»Thomas«, fängt der traurige Mann an. »Du warst in letzter Zeit … etwas geistesabwesend. Du musst dich wieder auf das konzentrieren, was wichtig ist. Ihr macht große Fortschritte mit der Telepathie, Teresa und du, und alles geht unserer Ansicht nach sehr ordentlich voran. Es wird Zeit, sich von neuem zu konzentrieren.«
Thomas schämt sich, und dann schämt er sich dafür, dass er sich schämt. Es verwirrt ihn, er wäre am liebsten aufgestanden und weggerannt, zurück in seinen Schlafsaal. Der Mann spürt das.
»Wir verlassen diesen Raum erst, wenn ich merke, dass du hundertprozentig bei der Sache bist.« Die Worte klingen wie ein Todesurteil, das von einem grausamen Richter ausgesprochen wird. »Du beantwortest meine Fragen, und zwar ernsthaft. Mit Überzeugung. Hast du mich verstanden?«
Thomas nickt.
»Warum sind wir hier?«, fragt der Mann.
»Wegen Dem Brand.«
»Weiter. Führ das aus.«
Thomas zögert. In letzter Zeit hat er ein Gefühl der Rebellion verspürt, aber er weiß, dass es verfliegen wird, sobald er all das wieder aufzählt, was der Mann hören will. Dann wird er wieder alles tun, was sie von ihm wollen, alles lernen, was sie ihm vorsetzen.
»Weiter«, drängt der Mann ihn.
Thomas leiert alles schnell herunter – Wort für Wort, so wie er es vor langer Zeit auswendig gelernt hat. »Die Sonneneruptionen haben die Erde hart getroffen. Viele Regierungsgebäude waren nicht mehr sicher. Ein von Menschen für die biologische Kriegsführung gemachter Virus wurde in einer militärischen Seuchenschutzbehörde freigesetzt. Dieser Virus befiel alle großen Städte der Welt und breitete sich rasend schnell aus. Die Seuche wurde Der Brand genannt. Die noch bestehenden Regierungen konzentrierten ihre Ressourcen in ANGST, die nach den besten und intelligentesten unter den Immunen suchte. Die Organisation begann mit ihren Plänen zur Stimulierung und Aufzeichnung der Gehirnmuster aller bekannten menschlichen Emotionen und erforschte, wie wir funktionieren, obwohl Der Brand sich in unserem Gehirn festgesetzt hat. Die Forschung wird eine …«
Weiter und weiter, er hält nicht inne, atmet ein und aus mit den Worten, die ihm verhasst sind.
Der träumende Thomas wendet sich ab und rennt davon, rennt in die Dunkelheit.
Thomas beschloss, dass er den anderen von den Träumen erzählen musste, die er hatte. Von dem, was er für seine zurückkehrenden Erinnerungen hielt.
Als sie sich zur zweiten Versammlung des Tages zusammensetzten, mussten ihm seine Freunde schwören, dass sie den Mund halten würden, bis er fertig war. Sie hatten ihre Stühle in die Nähe des Cockpits gestellt, damit Jorge alles mithören konnte. Dann fing Thomas an, ihnen von allen Träumen zu erzählen, die er bisher gehabt hatte – den Erinnerungen an seine Kindheit, wie ihn die Leute von ANGST mitgenommen hatten, als seine Immunität festgestellt wurde, sein Training mit Teresa, alles. Als er alles vorgebracht hatte, was er noch wusste, wartete er auf Reaktionen.
»Ich kapier nicht, wie uns das weiterhelfen soll«, meinte Minho. »Da krieg ich nur noch mehr Hass auf ANGST. Gut, dass wir da weg sind, und ich hoffe nur, dass ich Teresas Visage nie wieder zu sehen brauche.«
Newt, der gereizt und geistesabwesend wirkte, sagte zum ersten Mal etwas, seit sie sich zusammengesetzt hatten. »Brenda ist echt die reinste Prinzessin verglichen mit dieser neunmalklugen Kuh.«
»Äh – soll das ein Kompliment sein?«, gab Brenda zurück und verdrehte die Augen.
»Und seit wann bist du so ein Unschuldslämmchen?«, platzte Minho heraus.
»Hä?«, erwiderte Brenda.
»Seit wann bist du so unglaublich gegen ANGST eingestellt? Du hast für die gearbeitet, du hast in der Brandwüste alles gemacht, was sie von dir wollten. Du warst ja praktisch schon dabei, mir die Maske aufs Gesicht zu setzen und an mir herumzuoperieren. Wann bist du genau auf unsere Seite übergelaufen und warum, wenn ich fragen darf?«
Brenda seufzte; sie wirkte müde, aber sie stieß die Worte voller Zorn aus: »Ich war noch nie auf deren Seite. Nie. Ich war immer schon gegen ihre Methoden – aber was hätte ich denn allein unternehmen können? Beziehungsweise mit Jorge?
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