03 - Feuer der Liebe
Nadeln hineinsteckte.
Quill betrachtete sie, doch ihm
wollte partout keine Erwiderung einfallen. Er hatte noch nie zuvor eine Frau
gesehen, die dringender eine Kammerzofe benötigt hätte. Sie hatte all dieses
schöne Haar genommen und es irgendwie am Kopf befestigt. Aber sogar er konnte
erkennen, dass der Knoten sich bereits nach rechts neigte und sich in kürzester
Zeit wieder lösen würde.
Er musterte Gabby eingehender und
erkannte, dass der unelegante Eindruck, den er von ihr an der Anlegestelle
gewonnen hatte, nicht nur von ihrem Haar, sondern auch von ihrer Kleidung
herrührte. Sie war nicht sehr groß und sie besaß offensichtlich eine — nun,
eine eher rundliche Figur.
Ihm sank das Herz und er kutschierte
sie schweigend nach Hause. Seine Stimmung schien Gabby jedoch nicht zu stören.
Sie und Phoebe plauderten über alles, was sie während der Fahrt von London
sehen konnten. Gabbys Stimme passte zu ihrem Gesicht. Sie war ein wenig heiser
und besaß ein dunkles, tiefes Timbre, das ihn unwillkürlich an die körperlichen
Freuden zwischen Mann und Frau denken ließ.
Aber Peter — was würde Peter sagen?
Es war unmöglich, die Tatsachen zu beschönigen: Peter war mit einem üppigen,
unordentlichen Mädchen verlobt, das keinerlei damenhafte Grazie zu besitzen
schien. Peter schätzte große, grazile Sylphen, die kühl und weltgewandt waren
und so viel Geschmack hatten, dass sie Peter und seiner gepflegten Erscheinung
ebenbürtig waren. Sie besaßen keinen so sinnlichen Mund und keine so tiefe
Stimme, die sogar dann provokativ klang, wenn sie von völlig unschuldigen
Dingen sprach.
Quill warf einen verstohlenen Blick
auf Gabby. Wenn sie eine Zofe engagierten — natürlich, sie mussten unbedingt
eine Zofe anstellen! Trotzdem, er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass
Gabby sich in eine vornehme Frau verwandelte. Ihr hastig aufgestecktes Haar
war bereits zur rechten Seite hinuntergerutscht.
Sobald sie das Haus erreichten,
würde er Gabby in ihr Zimmer schicken und die Zofe seiner Mutter beauftragen,
sich ihrer anzunehmen. Mit diesem Haar musste etwas geschehen, bevor Peter
zurückkehrte.
Als Gabby die Stufen zum Portikus
ihres künftigen Heims hinaufstieg, konnte man nur schwer sagen, wer fester die
Hand der anderen umklammerte: Phoebe oder Gabby. Ihr Schwager hatte sie beinah
aus der Kutsche gezerrt, als habe er es plötzlich schrecklich eilig, und auch
jetzt gewann sie den Eindruck, dass er ihr am liebsten einen Knuff versetzt
hätte, um sie nur so schnell wie möglich ins Haus zu bugsieren.
Die Haustür öffnete sich, als sie
die oberste Treppenstufe erreichten. Ein beleibter Mann stand im Türrahmen und
murmelte eine Begrüßung. Er verbeugte sich so tief, dass Gabby schon
befürchtete, seine gepuderte Perücke könnte auf den Boden fallen. Und er war
so makellos gekleidet, dass sie ihn einen Augenblick lang für den Viscount
hielt. Aber er begrüßte sie, ohne ihr in die Augen zu blicken. Mr Dewland
schien nicht geneigt, sie einander vorzustellen, sondern befahl dem Mann nur,
ihre Sachen von der Anlegestelle holen zu lassen.
Als er ihren Umhang entgegennahm,
blieb Gabby stehen und legte ihm die Hand auf den Arm.
»Danke«, sagte sie lächelnd. »Hat Mr
Dewland Sie Codswallop genannt?«
Die Augen des Butlers weiteten sich.
»Das hat er, Mylady. Ich meine, Miss Jerningham. Mein Name ist Codswallop.«
Gott sei Dank, dachte Gabby.
Codswallop war gar nicht so aufgeblasen, wie er anfangs in seiner gestärkten
Livree gewirkt hatte. Sie blinzelte ihn an. »Es ist mir eine Freude, Sie kennen
zu lernen, Mr Codswallop. Darf ich Ihnen Miss Phoebe Pensington vorstellen? Sie
wird eine Weile bei uns bleiben.«
Codswallop machte eine Verbeugung,
als hätte er die Königin höchstpersönlich vor sich. »Miss Phoebe.« Dann fügte
er hinzu: »Wir sind alle sehr froh, dass Sie wohlbehalten in England angekommen
sind, Miss Jerningham.« Und gegen seinen Willen entwischte ihm ein Lächeln. »Im
Allgemeinen nennt man mich Codswallop, nicht Mr Codswallop.«
»Vergeben Sie mir. Ich fürchte, es
gibt viele englische Sitten, die ich noch lernen muss. Ich habe Mr Dewland
bereits völlig aus der Fassung gebracht, als ich am Kai mein Haar herunterließ.«
Quill unterbrach sie, bevor sie die
zahlreichen Fauxpas aufzählen konnte, die sie begangen hatte. »Miss Jerningham
möchte sich bestimmt frisch machen, Codswallop. Bitte geleiten Sie sie in ihr
Zimmer und bitten Stimple, ihr behilflich zu sein.«
»Ich bedaure,
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