03 - Feuer der Liebe
die
Stirn. »Das kann nicht sein. Peter fällt es außerordentlich leicht,
Konversation zu machen, und er gibt in der Gesellschaft den Ton an. Madame
Carême hat es mir selbst gesagt. Er könnte ganz bestimmt eine Braut finden,
wenn er es wollte, und zwar ohne auch nur eine einzige Anstandsregel zu
verletzen.«
Zu seiner großen Erleichterung
klopfte es an der Tür.
Es war Codswallop, dessen Augen sich
überrascht weiteten, als er sah, dass sich im Arbeitszimmer nicht nur der Sohn
des Hausherrn aufhielt, sondern auch eine recht zerzauste Miss Jerningham. Und
er hatte ganz genau gehört, dass sich nach seinem Klopfen der Schlüssel im
Schloss gedreht hatte.
Er streckte Quill ein silbernes
Tablett entgegen. »Lord Breksbys Karte, Sir. Seine Lordschaft deutete an, dass
sein Besuch dringend sei.»
Quill nickte Codswallop zu. »Bitte
bringen Sie Lord Breksby herein. Und bitten Sie Lady Sylvia, sich zu uns zu
gesellen«, fügte er hinzu.
»O Gott, nein«, entfuhr es Gabby.
Die Überprüfung ihrer Frisur hatte bewiesen, dass ihr Haar tatsächlich fast
vollständig herunterhing. »Quill, ich lasse dich allein, damit du deinen
Gast empfangen kannst«, fügte sie hinzu, nachdem Codswallop den Raum verlassen
hatte.
»Er ist wegen dir hier«, erwiderte
Quill.
»Was?« Gabby war gerade dabei, eine
Haarnadel zu befestigen, und warf ihm einen überraschten Blick zu. Sie schien
gar nicht zu bemerken, dass sie ihr Haar schief hochsteckte.
»Lass mich das machen.« Quill zog
die restlichen Haarnadeln heraus, so dass das schwere Haar vollständig
herunterfiel. Dann drehte er das Haar geschickt zu einem Knoten und steckte es
auf ihrem Hinterkopf fest.
»Oh, danke«, sagte Gabby ein wenig
überrascht. »Wo hast du das gelernt? Nein, sag es mir lieber nicht.»Sie drehte
sich um. »Warum wünscht Lord Breksby mich zu sehen? Und wer ist er überhaupt?«
»Lord Breksby ist Englands
Außenminister«, erklärte Quill. »Er ist kurz nach deiner Ankunft aus Indien an
mich herangetreten und wollte Informationen über den Aufenthaltsort von Kasi
Rao.«
»O nein«, flüsterte Gabby
erschrocken.
»O doch«, erwiderte Quill trocken.
»Vielleicht solltest du es ihm sagen, Gabby. Das Außenministerium ist nicht
dasselbe wie die Ostindienkompanie, und ich glaube, dass Breksby ein ehrenwerter
Mann ist. Wenn er der Meinung ist, dass Kasi Rao nicht in der Lage ist zu
regieren, wird er dafür sorgen, dass der Junge in Sicherheit gebracht wird.«
Aber Gabby schüttelte den Kopf. »Ich
bezweifle, dass man ihm trauen kann. Die Erfahrungen, die mein Vater mit den
Repräsentanten der britischen Regierung gemacht hat, sind beinahe genauso
unbefriedigend wie die mit den Männern der Ostindienkompanie. Die Regierung
scheint nicht in der Lage zu sein, die Mitglieder der Handelsgesellschaft unter
Kontrolle zu halten. Denk doch nur an die Ereignisse in Bharatpur. Hunderte von
Menschen sind gestorben, und das, obwohl die Gesellschaft überhaupt kein Recht
auf einen Angriff auf das Holkar-Gebiet hatte.«
Quill schien seinen Vorschlag fast
zu bereuen. »Ich muss dir leider in allem zustimmen. Aber Breksby ist kein
schlechter Kerl und er besitzt hier in London sehr viel Macht. Wenn er entscheidet,
dass Kasi als Herrscher nicht geeignet ist — und zu einem anderen Schluss wird
er kaum gelangen —, dann muss die Gesellschaft den Jungen in Ruhe lassen.«
»Das wird sie aber nicht. Ich kenne
mich gut mit der Vorgehensweise der Gesellschaft aus, Quill. Sie lügen und
stehlen und bestechen, um Gebiete zu kontrollieren, die ihnen nicht einmal
gehören. Kasi wäre für sie nichts weiter als ein Pfand. Und ich glaube nicht,
dass sie so barmherzig wären, ihn nicht auf den Thron zu setzen, wenn sie sich
dadurch ein weiteres Gebiet einverleiben können.«
Quill musterte seine neue Verlobte
argwöhnisch. Das war eine unerwartet neue Seite an ihr. Er hatte bei einem
Menschen, der auf den ersten Blick mehr wie eine Plaudertasche wirkte, nicht
mit so äußerst vernünftigen Argumenten gerechnet.
»Stimmst du mir zu, Quill?«, fragte
Gabby ungeduldig. Sie konnte hören, wie sich vor der Tür Schritte näherten.
Quill neigte den Kopf. »Die
Ostindische Handelskompanie würde gut daran tun, weibliche Direktoren
einzustellen.« Auch diese Äußerung überraschte ihn.
Lord Breksby trat ein. »Miss
Jerningham, ich bin der Außenminister und ganz entzückt, Sie persönlich kennen
zu lernen«, verkündete er.
Gabby setzte sich und verschränkte
die Hände ineinander.
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