03 - Feuer der Liebe
»Lord Breksby, es wäre mir eine große Freude, der
englischen Regierung behilflich sein zu können.«
»Es ist uns zu Ohren gekommen«,
sagte Lord Breksby, »dass Ihr Vater während Ihrer Kindheit möglicherweise einen
jungen Gast hatte, und zwar den Sohn des Herrschers von Holkar. Die Direktoren
der Ostindischen Handelskompanie sind der Meinung, dass Lord Jerningham Kasi
Rao Holkar nach England geschickt hat. Das wäre nicht ungewöhnlich, zumal Ihr
Vater in diesem Land sehr viele Bekannte und Kontakte hat.«
»Ich fürchte, ich habe keine
Informationen über Kasis Aufenthaltsort«, erwiderte Gabby lieblich.
Sie zeigt keinerlei Regung, dachte
Quill. Seine zukünftige Frau war eine äußerst geschickte Lügnerin.
»Nun«, verkündete Breksby, »gewisse
Vertreter der Ostindienkompanie scheinen zu glauben, dass der Prinz ...«
In diesem Moment betrat Lady Sylvia
den Raum und begrüßte Lord Breksby freudig. Zu Gabbys Bestürzung stellte sich
heraus, dass Breksby und Lady Sylvia alte Freunde waren. Lord Breksbys Frau war
in einem Dorf in der Nähe von Lady Sylvias Landsitz aufgewachsen. Breksby und
seine Frau hatten soeben in besagtem Dorf ein Haus gekauft. Gabby befürchtete,
dass Breksby nun jedes der vierzehn Schlafzimmer einzeln beschreiben würde,
und war mit ihrer Geduld am Ende.
»Lieber Herr«, flehte sie Lord
Breksby an. »Bitte, könnten wir zu Kasi Rao zurückkehren?«
Breksby lächelte verständnisvoll.
»Ich bitte um Verzeihung, Miss Jerningham. Ich war so vertieft in meine
Unterhaltung mit dieser bezaubernden Dame« — er grinste Lady Sylvia an —, »dass
ich Ihre allzu verständliche Qual völlig vergessen habe. Wie ich schon sagte,
scheinen einige Vertreter der Ostindienkompanie überzeugt, dass der Holkar-Erbe
in London zu finden ist.« Gabby biss sich auf die Unterlippe, erwiderte jedoch
nichts.
»Nun, ich kann nicht sagen, wo und
wie die Handelsgesellschaft an diese Information gelangt ist«, fuhr Breksby
fort. »Und ich möchte natürlich auch keine Vermutung über den Wahrheitsgehalt
dieser Aussage wagen. Aber ich wollte Sie darüber in Kenntnis setzen, Miss
Jerningham. Denn meiner Meinung nach — und das ist nur meine persönliche
Meinung — wäre es besser, wenn die englische Regierung den Aufenthaltsort von Mr
Kasi Rao ausfindig macht und nicht die Ostindienkompanie.«
Quill wartete.
Gabby schenkte Lord Breksby ein
kleines trauriges Lächeln. »Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, Sir. Ich
fürchte, die Vertreter der Ostindischen Handelsgesellschaft wollen Kasi nur
finden, um ihre eigenen schändlichen Ziele durchzusetzen.«
»Daran besteht kein Zweifel«,
erwiderte Breksby prompt. »Es käme ihnen sehr entgegen, einen geistig
schwerfälligen Herrscher auf den Holkar-Thron zu setzen. Dadurch bekämen sie
Zugriff auf die gesamte Maharashtra-Region, ganz ohne Zweifel.«
»Können Sie sie nicht aufhalten?«,
fragte Gabby.
Ein zorniger Ausdruck huschte über
Breksbys Gesicht, den man bei ihm nur selten sah. »Die Handelsgesellschaft ist
eine der wenigen Niederlagen, die ich während meiner Amtszeit erleiden musste«,
räumte er ein. »Im Jahr 1784 ist es uns gelungen, das Indiengesetz zu erlassen,
aber ihr enormes Streben nach territorialer Ausbreitung konnte dieses Gesetz
nicht eindämmen.«
Gabby schien sich entschieden zu
haben. »Ich wünschte wirklich, ich könnte Ihnen helfen, Lord Breksby«, gurrte
sie und legte den Kopf schief.
Quill beobachtete zynisch von der
anderen Seite des Raums, wie Breksby dahinschmolz. Zumindest war er nicht der
Einzige, der von Miss Gabrielle Jerningham übertölpelt wurde. Allerdings nahm
er an, dass sie ihn noch nicht angelogen hatte. Aber ihm wurde klar, dass das
nur eine Frage der Zeit war.
Lady Sylvia drehte sich um, sobald
sich die Tür hinter Lord Breksby geschlossen hatte, und warf Quill einen
durchdringenden Blick zu. »Ich weiß nicht, was du vorhast, Erskine, aber ich
werde nicht zulassen, dass du deinem Bruder beschädigte Ware übergibst. So
etwas tut ein Gentleman nicht.«
Gabby stieg eine heiße Röte in die
Wangen. »O Lady Sylvia, ich ... Quill ...« Sie verstummte.
»Sie sind die Erste, die uns
gratulieren darf«, sagte Quill ruhig. »Miss Jerningham hat heute Morgen zugestimmt,
meine Frau zu werden.«
Lady Sylvia bedachte ihn mit einem
weiteren durchdringenden Blick. »Schön, aber ich werde es auch nicht zulassen,
dass du deine eigene Ware beschädigt vor den Altar schleifst.«
Quill begegnete ihrem Blick
ungerührt.
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