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03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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mich ungläubig an: „Waren seine Frauen denn glücklich?“
    Ich konnte es nicht sagen. Immerhin hatte meine Mutter ein solches Leben gesucht; sie wusste, was sie erwartete. Also erzählte ich von den angenehmen Seiten. Der Zusammenhalt der anderen Frauen faszinierte Mutter, als sie meinen Vater kennen lernte. Ich fand allerdings nur dürftige Worte für eine schillernde Vergangenheit, die mit meinem neuen Leben nichts mehr zu tun hatte. Ich hatte erlebt, wie sehr sich Mama Lisa im Kreise so vieler Frauen wohl gefühlt hatte. Aber ich hatte schon als Kind mitbekommen, dass sie sich dem Willen meines Vaters nicht immer freiwillig gebeugt hatte.
    „Wenn sich so viele Frauen einen Mann teilen, gibt es da nicht große Eifersucht?“, fragte Tanisha.
    „In Wahrheit führten Vaters beide ersten Frauen, die Schwestern Patty und Felicitas, den Harem. Sie achteten darauf, dass es keinen Streit gab.
    Eine Zeit lang gehörte sogar meine Mutter ihrem so genannten Tribunal an. Papa David, also mein Vater, schritt nur ein, wenn die beiden ältesten
    Mamas ihn darum baten, aber das kam selten vor.“
    „Mochtest du sie?“
    Darüber hatte ich bislang nie nachgedacht. „Ich hatte mit ihnen nicht so viel zu tun“, sagte ich ausweichend. „Der Harem war sehr groß. Ich hatte meine eigenen Mamas, die sich um mich kümmerten. Die Frauen teilten sich die Betreuung der Kinder. So hatte jedes seine eigenen festen Bezugspersonen. Für mich waren das Bisi und Ada, Mutters engste Freundinnen.“
    Unser improvisierter Unterricht war über dieses Gespräch längst vergessen! „Was ist eigentlich aus deinem damaligen Zuhause geworden?“, erkundigte sich Tanisha weiter.
    „Kurz vor seinem Tod setzte mein Vater Felix als Nachfolger ein. Doch der war kein charismatischer Führer wie Papa David, sondern nur hinter den vielen Frauen her. Als er starb, wurde das Grundstück größtenteils verkauft. Denn Felix hatte das Erbe durchgebracht.“ Ich gestand mir ein, dass mein Bericht recht dürftig war. Hätte ich die ganze Wahrheit gesagt, so hätte ich von Aids erzählen müssen. Von den vielen Toten, die es gegeben hatte. Doch das war eine andere Geschichte, die Tanisha nur schockiert hätte.
    „Du sprichst nicht gern über deine Vergangenheit“, stellte Tanisha fest. Ein wenig Enttäuschung schwang darin mit.
    „Als Kind fühlte ich mich im Harem wohl. Ich war beschützt. Für eine Erwachsene reicht das nicht. Hinter hohen Mauern bleibt das wirkliche Leben ausgesperrt.“
    Ich hätte ihr nun erzählen können, dass das Gleiche auch für das Leben galt, das meine Mutter mit mir, Bisi und Ada nach unserer Zeit im Harem auf der Farm geführt hatte. Auch dort hatte Papa David aus der Ferne auf unsere Isolation geachtet; meine Mutter war dabei sein verlängerter Arm gewesen. Erst als Felix kam, hatte ich erfahren müssen, dass die Autorität eines polygamen Familienvorstands nur unter einer Bedingung erträglich ist: Der Mann muss sich seiner Verantwortung hewusst sein. Mein Vater wusste das, Felix nicht. Seine Skrupellosigkeit hatte den Harem allmählich ausgelöscht.
    „Lass uns noch ein bisschen lernen!“, rief ich und schlug ein leeres Blatt auf. Diesmal überlegte ich genauer, mit welchem Wort wir weitermachen konnten ..
    Bei Ezira gab es weder Kalender noch Uhren. Wenn ich für die Heimkehrerinnen das Abendessen vorbereiten wollte, orientierte ich mich am Stand der Sonne. Wir kochten nach den Prinzipien des Heilens: Geist und Seele essen mit, wenn der Bauch gesättigt wird. Mir machte es Spaß, meine Freundin an meinem wieder erwachten Wissen teilhaben zu lassen.
    Tanisha, die kleine Faraa auf dem Rücken, und ich bereiteten an diesem Tag Fische zu, die morgens im Fluss gefangen worden waren. Wir nahmen sie auf den Steinen vor dem Kochhaus aus und schnitten sie für eine Suppe in kleine Stücke. Dabei war ich unachtsam, das Messer glitt in meine Fingerspitze. Kein großer Schnitt, aber es blutete stark. Wäre ich zu Hause gewesen, hätte ich mir ein großes Pflaster darüber geklebt und anschließend sicherheitshalber die von Magdalena aus Deutschland mitgebrachten Gummihandschuhe übergestreift. Im Urwald gab es weder das eine noch das andere. Nur eine aus einem Rin-denextrakt und Blütenblättern gekochte Salbe, eine dunkle Masse, die ich unverzüglich zur Blutstillung auftrug.
    Viel Fisch war nicht mehr zu schneiden, und vorsichtshalber überließ ich es Tanisha, dies zu tun. Ich entzündete in der Zwischenzeit das offene Feuer

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