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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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den Tod nicht
    leiden und hatte die Leisetreterei satt. Sie packte ihn am Kragen,
    stieß seinen Kopf auf den Tisch und drückte ihm den Pistolenlauf ins Genick.
    »Hören Sie mal zu, Heathcliff«, sagte sie mit vor Wut zitternder Stimme, »für mich sind Sie ein elender Drecksack.
    Danken Sie dem Himmel, dass ich gegenüber der Jurisfiktion
    loyal bin. Viele andere an meiner Stelle hätten Sie ausgeliefert.
    Wenn ich Sie jetzt abknallen würde, würde es keiner merken.«
    Heathcliff warf mir einen flehenden Blick zu.
    »Ich war gerade draußen, als der Schuss fiel«, sagte ich.
    »Wir auch!« rief der Rest des Ensembles im Chor. Mit Ausnahme von Catherine Earnshaw natürlich, die bloß ein böses
    Gesicht zog.
    »Vielleicht sollte ich es wirklich tun!« knurrte Miss Havisham. »Vielleicht wäre es das Beste für alle. Es könnte ja wie ein
    Unfall aussehen.«
    »Nein!« schrie Heathcliff in höchster Panik. »Ich hab' es mir
    überlegt. Ich bleibe doch lieber hier und bleibe der gute alte
    Heathcliff für immer.«
    Miss Havisham lockerte ihren Griff. »Gut«, sagte sie, steckte
    ihre Pistole weg und holte tief Luft. »Ich glaube, damit können
    wir die heutige Jurisfiktion-Wutberatungs-Sitzung beenden.
    Und? Was haben wir heute gelernt?«
    Das Ensemble starrte sie sprachlos an.
    »Gut. Nächste Woche zur selben Zeit? Wunderbar.«

    14.
    Erziehung der Rohlinge
    Rohlinge waren die Chamäleons des Brunnens. Im allgemeinen wurden sie für spezifische Aufgaben ausgebildet,
    konnten aber befördert werden, wenn es notwendig war.
    Gelegentlich machte ein Rohling innerhalb einer Kategorie
    einen qualitativen Sprung, aber ohne äußere Hilfe in eine
    höhere Kategorie zu gelangen war unmöglich, hieß es. Andererseits sollte ich aber bald lernen, dass man das Wort
    unmöglich im Brunnen nicht leichtfertig in den Mund
    nehmen sollte. So wie die Fantasie gebaut ist, kann praktisch
    alles passieren – und in der Regel tut es das auch.
    THURSDAY NEXT,
    – Die Jurisfiktion-Aufzeichnungen

    Big Martin hatte fast alle ProCath-Fanatiker, die uns angegriffen hatten, in Stücke gerissen. Der Anführer war nur noch
    anhand seiner Zahnarztunterlagen zu identifizieren – warum er
    sie bei sich hatte, blieb ungeklärt. Er war ein D-3 Mannschaftsmitglied aus On the Beach und wurde innerhalb von vierundzwanzig Stunden ersetzt. Da Miss Havisham ihre Wutberatungs-Sitzung wie immer zwischen zwei Kapiteln abgehalten
    hatte, bemerkten die Leser von Wuthering Heights gar nichts.
    Auch das Haus und die Nebengebäude konnten vor Beginn des
    nächsten Kapitels komplett wiederhergestellt werden.
    »Na, was hattest du für einen Tag?« fragte meine Omi, als ich
    wieder an Bord der Sunderland ging.
    »Am Anfang ziemlich … expositionsmäßig«, sagte ich, ließ
    mich ins Sofa fallen und kitzelte Pickwick, die höchst ernsthaft
    und mütterlich plockte. »Aber am Ende doch eher dramatisch.«
    »Musstest du gerettet werden?«
    »Ja und nein.«
    »Die ersten Tage in einem neuen Job sind immer ein bisschen anstrengend«, sagte Granny. »Warum musst du überhaupt
    für Jurisfiktion arbeiten?«
    »Das gehört zum FigurenAustauschProgramm.«
    »Ach so«, sagte sie. »Soll ich dir ein Omelette machen?«
    »Mir ist alles recht.«
    »Gut. Du müsstest nur bitte die Eier aufschlagen, die Pfanne
    herunterholen und …«
    Ich hievte mich aus dem Sofa und ging in die kleine Küche,
    wo der Kühlschrank wie immer bestens gefüllt war.
    »Wo sind denn ibb und obb?« fragte ich.
    »Unterwegs, glaube ich. Machst du uns auch gleich noch einen Tee, wenn du schon stehst?«
    »Klar. Ich weiß Landens zweiten Nachnamen immer noch
    nicht, Omilein. Ich hab' den ganzen Tag darüber nachgedacht.«
    Granny kam in die Kombüse und setzte sich auf einen Stuhl,
    der zufällig immer mitten im Weg stand. Sie roch nach Sherry,
    aber ich wusste beim besten Willen nicht, wo sie ihn versteckte.
    »Aber du erinnerst dich noch daran, wie er aussieht?«
    Ich hielt einen Augenblick inne und starrte hinaus auf den
    See.
    »Ja«, sagte ich langsam. »Jedes Fältchen, jedes Muttermal,
    jedes Lächeln – aber ich erinnere mich auch daran, dass er auf
    der Krim starb.«
    »Das ist allerdings nie geschehen, mein Schätzchen. Aber die
    Tatsache – ich würde eine größere Schüssel nehmen, wenn ich
    du wäre –, dass du dich an sein Gesicht erinnerst, beweist, dass
    er noch nicht weiter weg ist als gestern. Ich würde lieber Butter
    statt Öl nehmen, und wenn du ein paar Champignons

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