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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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wenn ich
    euch erwische.«
    »Ich glaube«, erklärte das Megafon, »wir bleiben lieber bei
    meinem Plan. Sie haben noch eine Minute und fünfundvierzig
    Sekunden.«
    Ich erreichte den Eingang zur Küche, die genauso verwüstet
    war wie das Wohnzimmer. Bohnen und Mehl aus den zertrümmerten Vorratskrügen bedeckten den Boden, und durch
    die zerschossenen Fenster wirbelten Schneeflocken. Das Fußnotofon war von den Kugeln völlig zerlegt worden. Ich fluchte
    leise und warf einen vorsichtigen Blick durch das vergitterte
    Fenster der Speisekammer nach draußen. Draußen konnte ich
    zwei der Angreifer im Schnee knien sehen, die Maschinenpistolen im Anschlag. Ich flitzte zu Miss Havisham zurück.
    »Und?«
    »Das Fußnotofon ist zerstört, und draußen hab ich zwei
    ProCaths gesehen, die den Hinterausgang bewachen.«
    »Und vorn sind es mindestens drei«, sagte sie und ließ ihre
    Pistole zuschnappen. »Irgendwelche Vorschläge?«
    »Wie wäre es, wenn Sie Heathcliff rausschicken würden?«
    riefen mehrere Stimmen.
    »Ich meine, andere Vorschläge!«
    »Wenn Sie mir Feuerschutz geben«, murmelte ich, »könnte
    ich versuchen, sie zu umgehen und –«
    Ich wurde durch einen grässlichen Schreckensschrei unterbrochen. Man hörte eine Art Knirschen von draußen, dann
    erfolgte ein weiterer Schrei und hektisches, aber schnell nach-lassendes Feuer aus automatischen Waffen. Ein dumpfer Knall,
    dann ein einzelner Schuss, ein Schrei, dann begannen die hinter
    dem Haus befindlichen ProCaths zu feuern. Aber nicht mehr
    aufs Haus, sondern auf ein anderes Ziel. Wir hörten zwei weitere Schreckensschreie, ein paar einzelne Schüsse, ein langsames
    Reißen und Zerren und schließlich Schweigen.
    Ich stand auf und spähte vorsichtig aus der Tür. Draußen
    war nichts außer weichem Schnee, in dem sich einige tellergroße Fußspuren abzeichneten.
    Wir fanden nur eine einzige vollständige Leiche, die auf dem
    Dach des Schweinestalls lag.
    »Schau dir das an!« sagte Miss Havisham. Auf dem Boden
    hinter der Scheunenecke lagen Dutzende Patronenhülsen.
    Offenbar hatte einer der Belagerer hier seinen Posten gehabt.
    Was mir Miss Havisham aber eigentlich zeigen wollte, waren
    vier tiefe Kratzspuren, die sich hoch über unseren Köpfen in
    den Scheunenbrettern befanden.
    »Sieht aus, als wären das Krallen gewesen«, sagte ich mit offenem Mund.
    »Mit einem seiner Tatzenhiebe hat er die Scheune getroffen«,
    sagte Miss Havisham nachdenklich. »Erstaunlich, dass sie noch
    steht.«
    Die Furchen im Holz waren mindestens sechs Zoll voneinander entfernt. »Wer war das?« fragte ich schaudernd.
    »Big Martin«, sagte Miss Havisham und nickte mit dem
    Kopf, als wäre das die Antwort auf alle Fragen. »Was er hier
    wohl gewollt hat?«
    »Big Martin?« Ich warf einen ängstlichen Blick auf die knorrige Eiche hinter der Scheune. »Gestern wollten mich ein paar
    von seinen Freunden zum Mittagessen verspeisen. Unten im
    zweiundzwanzigsten Stock.«
    »Dann müssen wir wahrscheinlich froh sein, dass er sich an
    dieser Bande gütlich getan hat. Aber wer weiß, vielleicht hat er
    uns auch einen Gefallen tun wollen. Ich habe mal gehört, er
    hätte eine Schwäche für Klassiker.«
    Wir stapften durch den Schnee zurück zum Haus. »Wer ist
    eigentlich dieser Big Martin?« fragte ich.
    »Weniger ein wer als ein was«, sagte Miss Havisham, als wir
    die Haustür erreichten, und stampfte mit den Füßen, um den
    Schnee abzuschütteln. »Selbst der Glatisant wird nervös, wenn
    Big Martin erscheint. Big M gehorcht nur seinen eigenen Gesetzen. Wenn er Appetit auf dich hat, musst du gut aufpassen –
    und viele Cashew-Nüsse essen, natürlich.«
    »Cashew-Nüsse ?«
    »Ja. Big Martin kann sie nicht ausstehen. Er hat einen ausgesprochen feinen Geruchssinn. Wenn er Cashews wittert, verzieht er sich sofort.«
    »Ich werde dran denken.«
    Wir kehrten zurück ins Wohnzimmer, wo sich das Ensemble
    von Wuthering Heights gerade den Staub abbürstete. Joseph
    brabbelte irgendwas Unverständliches vor sich hin und verhängte die Fenster mit Decken.
    »Tja«, sagte Miss Havisham und klatschte vergnügt in die
    Hände, »das war ja eine aufregende Sitzung, oder?«
    »Ich werde dieses abscheuliche Buch trotzdem verlassen«,
    gab Heathcliff zurück, dessen Unausstehlichkeit bereits komplett wiederhergestellt war.
    »Oh, nein«, sagte Havisham. »Das werden Sie nicht.«
    »Versuchen Sie doch, mich –« Jetzt reichte es Miss Havisham
    offenbar. Sie konnte Männer wie Heathcliff auf

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