03_Im Brunnen der Manuskripte
Vordertür zersplitterte in einer Wolke von Staub. Miss Havisham stieß Heathcliff
zu Boden und warf sich über ihn. »Volle Deckung!« brüllte sie.
Sie feuerte ihre Pistole auf einen maskierten Mann ab, der
wild feuernd mit einer Maschinenpistole hereinsprang. Ihre
Kugel schien getroffen zu haben, denn der Angreifer sackte
zusammen. Einer von Heathcliffs Leibwächtern hatte einen
Schuss in den Hals abgekriegt, aber der andere riss seine MP
hoch und feuerte auf die Tür. Linton wurde als Erster ohnmächtig, Isabella und Edgar schlossen sich an. Nun, das hinderte sie zumindest am Schreien. Ich zog ebenfalls meine Waffe
und feuerte zusammen mit Miss Havisham und dem Leibwächter auf einen zweiten maskierten Angreifer, der durch die Tür
kam. Wir erwischten ihn, aber eine seiner Kugeln traf den
zweiten Leibwächter, und der sank leblos auf die Fliesen.
Ich kroch zu Miss Havisham hinüber und hörte Heathcliff
wimmern: »Helft mir! Ich will nicht sterben! Ich will nicht, dass
sie mich totschießen!«
»Maul halten!« rief Miss Havisham, und Heathcliff verstummte sofort. Ich sah mich um. Sein Agent suchte unter
seinem Aktenköfferchen Deckung, und der Rest des Ensembles
versteckte sich hinter dem Eichentisch. Es entstand eine Pause.
»Was ist eigentlich los?« zischte ich.
»ProCath-Attacke«, murmelte Miss Havisham und lud in der
plötzlichen Stille ihre Pistole. »Die Unterstützung für Catherine
die Jüngere und der Hass auf Heathcliff sind weit verbreitet.
Meist ist es nur ein einzelner Attentäter – so einen konzertierten Angriff hab' ich noch hie erlebt. Ich werde mit Heathcliff
hier rausspringen. Ich hole dich gleich nach, wenn er in Sicherheit ist.«
Sie murmelte ein paar Worte, aber es geschah nichts. Sie versuchte es erneut, aber wieder passierte nichts.
»Verdammt!« murmelte sie und zog ihr Mobilnotofon aus
dem Brautkleid. »Die benutzen ein Textsieb.«
»Was ist ein Textsieb?«
»Weiß nicht – hat man uns nie ganz erklärt.«
Sie warf einen Blick auf das Mobilnotofon und warf es beiseite. »Der Teufel soll die Dinger holen! Kein Netz. Wo ist das
nächste Fußnotofon?«
»In der Küche«, sagte Nelly Dean, »neben dem Brotkorb.«
»Wir müssen den Protokollführer benachrichtigen. Thursday, geh in die Küche und –«
Sie kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn in diesem
Augenblick begann heftiges Maschinengewehrfeuer von draußen. Die Fensterläden zersplitterten, und die Scheiben zerbarsten. Die Vorhänge schienen zu tanzen, als sie zerfetzt wurden,
und aus den Wänden sprangen Fontänen von Gips. Wir hielten
die Köpfe gesenkt. Catherine kreischte, Linton erwachte und
wurde sogleich wieder ohnmächtig, Hindley nahm einen
Schluck aus dem Flachmann, und Heathcliff krümmte sich vor
Angst unter uns. Nach ungefähr fünf Minuten hörte das Sperr-feuer auf. Eine dichte Staubwolke hing in der Luft, und wir
waren von Holzsplittern, Mörtel und Scherben bedeckt.
»Havisham!« schrie eine durch ein Megafon verstärkte Frauenstimme von draußen. »Wir wollen nicht, dass Sie verletzt
werden! Geben Sie Heathcliff heraus, dann passiert Ihnen
nichts!«
»Nein!« schrie die ältere Catherine, die zu uns herübergekrabbelt war und nach Heathcliffs Hand tastete. »Verlass mich
nicht, Heathcliff!«
»Ich hatte gar nicht die Absicht«, sagte er mit gedämpfter
Stimme, denn seine Nase wurde von Miss Havishams Gewicht
auf die Schieferplatten gepresst, mit denen der Boden gefliest
war. »Havisham, ich hoffe, Sie denken an Ihre Befehle!«
»Schicken Sie Heathcliff raus, und wir werden Sie und Ihren
Lehrling verschonen!« brüllte das Megafon. »Wenn Sie sich uns
in den Weg stellen, werden Sie beide eliminiert!«
»Meinen die das ernst?« fragte ich.
»Oh, ja«, sagte Miss Havisham grimmig. »Letztes Jahr haben
sie sogar damit gedroht, Madame Bovary als Geisel zu nehmen,
um den GattungsRat zu zwingen, Heathcliff auszuliefern.«
»Und wie ging es aus?«
»Die Überlebenden wurden zu Text verarbeitet, aber das hat
die ProCath-Bewegung nicht beendet. Glaubst du, du kannst
das Fußnotofon in der Küche erreichen?«
»Klar – äh, ja, Ma'am.«
Ich krabbelte in Richtung der Küche.
»Sie haben zwei Minuten, um sich zu entscheiden«, rief das
Megafon. »Dann kommen wir und holen ihn uns.«
»Ich habe einen besseren Vorschlag«, rief Miss Havisham.
Es entstand eine Pause.
»Und der wäre ?« fragte das Megafon.
»Wenn ihr jetzt abzieht, werde ich gnädig sein,
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