03 - Keiner wie Wir
kleinen Familie.
Nach einer Weile musterte Daniel sie flüchtig von der Seite.
»Aber wo ist das ganze Zeug? Die Flaschen, Windeln, Spielzeug, das normalerweise überall umherliegt? In der Küche gibt es nicht die geringsten Spuren und im Bad auch nicht!«
Ratlos hob Tina die Schultern. »Ich habe keine Ahnung, sonst sieht es hier um einiges wüster aus. Fran wird ziemlich beschäftigt gewesen sein, um alles verschwinden zu lassen. Wir müssen uns wohl auf die Suche begeben.«
»Diese Brut!«, stöhnte Daniel.
»Hattest du etwas anderes erwartet?«
Darauf ging er nicht ein. Seine Stirn hatte sich in Falten gelegt und er musterte Klein-Daniel sehr argwöhnisch. »Tina?«
»Hmmm ...«
»Ich glaube, er muss gewickelt werden.«
»Gut möglich. Leg los!«
»Ich?«
Das brachte ihm ein empörtes Nicken ein. »Durch deine Idiotie war ich in den vergangenen neun Monaten allein dafür zustän...«
Weiter kam Tina nicht, denn die Tränen forderten längst ihren neuesten Tribut …
* * *
wei Stunden später lagen die beiden in seinem Bett.
Daniel hatte den MP3-Player nach einem raschen Blick zu Tina wortlos vom Kissen geräumt.
Jetzt lag sie in seinen Armen, ein Gefühl, dessen Wahrheit er noch immer nicht vollständig zu akzeptieren wagte, und nebenher überlegte Daniel sich, dass es wirklich verdammt wenig bedurfte, um sich in absoluter Glückseligkeit wiederzufinden.
Unter Tinas leiser und geschluchzter Anleitung hatte er seinen Sohn gewickelt, der sich auch das gefallen ließ. Kein Weinen oder andersgeartete Proteste, auch wenn sich dieser fremde, bärtige Mann unvorstellbar dumm angestellt und die Prozedur damit garantiert unnötig in die Länge gezogen hatte.
Danach gab Daniel die erste Babyflasche seines Lebens, und kurz darauf schlief der Kleine satt und zufrieden ein, während die beiden Eltern in enger Umarmung auf der Couch saßen, stumm den Schlaf ihres Babys bewachten und … glücklich waren.
Dieses überwältigende Gefühl hatte seine Intensität inzwischen verdoppelt.
Unfassbar, denn er hätte nicht geglaubt, dass ein menschliches Herz derartige emotionale Schübe verkraften konnte. Schon, weil er innerhalb der vergangenen Monate so strikt darauf geachtet hatte, sämtliche Emotionen im allgemeinen Dauerschlaf zu halten.
Aus reinem Überlebensinstinkt.
Oh, es gab vieles, was Daniel wollte. Sex bis zum nächsten Jahrtausend war nur eines davon und bestimmt nicht das Wichtigste. Dennoch suchte ihn derzeit eine Zufriedenheit heim, die er zuvor so nicht gekannt hatte.
Nur eines trübte die ansonsten makellose Perfektion.
Denn Tinas Schluchzen hatte sich keinesfalls ganz gelegt. Hin und wieder wurde sie von einem Beben erfasst, als hätte sie Schüttelfrost. Anfänglich hatte er sich noch darüber gefreut, Daniel konnte sich nämlich durchaus ausrechnen, dass dies wohl die ersten Tränen seit vielen, vielen Jahren waren. Nur langsam begann er jedoch zu ahnen, wie sehr sie tatsächlich gelitten hatte. Auch wenn er vermutlich niemals in das zweifelhafte Vergnügen geraten würde, es ganz genau zu erfahren.
Behutsam rieb er seinen Mund an ihrer Schläfe. »Es tut mir so leid, Baby. Ich wollte nicht, dass du das allein ...«
»Sei bitte still!«
Daniel biss sich auf die Lippen und schwieg. Doch als ihr Schluchzen anhielt, setzte sich sein Drang durch, diesen einen schwarzen Fleck in seiner allgemeinen Seligkeit zu beseitigen und er versuchte es erneut.
»Hattest du es sehr schwer oder war es leicht? Bitte, erzähle mir davon, lass mich daran teilhaben. Wenigstens jetzt.«
Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich seufzend aufrichtete und ihn ansah. »Ehrliche Antwort?«
»Sonst würde ich nicht fragen!«
Bevor Tina sich tatsächlich überwinden konnte, ging abermals ein beachtlicher Zeitraum ins Land, in welchem Daniel erstaunt registrierte, wie entspannt er geworden war. Denn zu keinem Zeitpunkt spürte er so etwas wie Ungeduld. Sie brauchte ihre Zeit und er würde warten, bis Tina so weit war.
Fertig!
»Ja, es war schwer«, wisperte es schließlich in der Dunkelheit, mehr als den leichten Glanz ihrer Iriden und die Konturen ihrer Lippen, konnte er nicht ausmachen.
»Aber nicht auf die Art, die du vielleicht denkst … sondern weil ich allein war, weil du nicht ...«
Ihre Stimme brach, eilig zog er sie an sich und schloss die Lider. »Tina ...«
» Ruhe!« , schluchzte sie. »Ich kann das sonst nicht aufhalten! Und du weißt am besten, dass du dann wieder wütend ...«
Das Gelächter
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