03 - Keiner wie Wir
wovon sie sich als Erstes ablenken sollte. Es gab zu viel, mit dem sie sich nicht beschäftigen durfte und es auch gar nicht wollte, das sich aber leider nur sehr, sehr schwer aus den Gedanken verbannen ließ.
Besonders, wenn man den ganzen Tag ans Bett gefesselt war. Abgesehen von kurzen Ausflügen in die Küche und ins Bad, war das Laufen Tina nämlich strikt verboten.
Und wenn die allgemeine Lage mal wieder drohte, ihr über den Kopf zu wachsen und auch das Streicheln ihres stetig wachsenden Bauches nicht mehr helfen wollte, tat sie das, was jeder vernünftige Mensch in einer derartigen Situation getan hätte:
Tina flüchtete sich in die natürliche Bewusstlosigkeit. An den einzigen Ort, an dem sie glücklich sein durfte.
Denn dort wartete …
* * *
E r.
S trahlend, das halbe Gesicht vom vollen Bart bedeckt und mit diesem wundervollen, ernsten Blick.
Warum konnte Tina nicht erklären, doch sie liebte ihn besonders, wenn er so ernsthaft war.
Durch die unnatürliche Bräune wirkten die Augen viel heller als sie in Wahrheit waren. Auch sein Haar schien mit jedem Tag von der Sonne etwas ausgebleichter zu sein.
Groß, schlank, selbstbewusst, mit dieser unüblich geraden Haltung und dem stolz erhobenen Kopf, kam er auf sie zu. Leger und dennoch elegant gekleidet, von ausgesuchter, männlicher Grazie. Und wie üblich war da dieses Lächeln, für das sie schon immer getötet hätte.
Er nahm ihre Hand und zog sie in seine Arme, sorgte jedoch dafür, dass sie sich nicht vollständig berührten. Ihre ineinander geschlungenen Hände befanden sich in Brusthöhe zwischen ihnen.
Daniels Eroberungs-Position – aber nur bei Tina! Darauf legte sie besonderen Wert!
»Es hat sich gelohnt«, wisperte er an ihren Lippen, selbstverständlich mit diesem dunklen Hauchen, das sofort unter die Haut ging. »Unendlichkeiten habe ich auf diesen Moment gewartet, kannst du dir das vorstellen?«
»Ja.« Sie klang peinlich atemlos, aber so war das nun einmal, wenn Grant und Hunt aufeinandertrafen, Tina ärgerte sich längst nicht mehr darüber.
»Ich hoffe, du hast nicht bezweifelt, dass ich kommen werde?«
Der strenge Prof war auf der Bildfläche erschienen und Tina beeilte sich, zu lügen. »Niemals!«
»Brav.« Er nickte ernst, doch dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, und die Augen blitzten noch etwas greller. »Ich liebe dich.« Damit senkte er den Kopf, bis sich ihre Lippen berührten. So weich und fest zugleich, unvergleichlich, einzigartig …
»Dito ...«, hauchte sie noch schnell, und schloss in Erwartung des langen, sinnlichen, leidenschaftlichen unverwechselbaren Grant-Kusses die Lider.
Nur leider blieb der aus. Was zur Hölle …?
Die Wärme seines Gesichts verschwand und kurz darauf ertönte, für Tina total unverständlich, sein entnervtes Knurren: »Verdammt!«
An eine leidenschaftliche Umarmung einschließlich ineinander geschlungener Hände war auch nicht mehr zu denken, inzwischen hatte Daniel sie nämlich an den Armen gepackt. »Hast du denn nichts dabei?«
Okay, aus dem Kuss würde wohl nichts werden. Und da dies offenbar feststand wie das Amen in der Kirche, konnte sie ihn auch ansehen und wenigstens den Versuch starten, herauszufinden, wovon dieser unromantische Klotz überhaupt sprach.
In seiner Miene fand sie den Vorwurf, den sein Ton bereits angekündigt hatte. Dahinter verbarg sich unverkennbar die Sorge.
»Was ist denn?«
Entnervt, aber so ekelhaft nachsichtig wie immer, wenn es ihre Person betraf, deutete er seufzend zu Boden. »Du solltest besser aufpassen, Tina. Der Teppich ist ruiniert ...«
Was? Absolut ratlos folgte sie seinem Blick und ihre Augen wurden groß.
Rot!
Alles war rot! Überall! Der weiße Teppich glich einer Schneedecke, auf der jemand rote Rosenblätter verteilt hatte.
Das Herz sackte in ihren Magen und mit einem Mal überrollte sie unerträgliche Übelkeit. Doch all das war nichts im Vergleich zur sengenden Verlegenheit, die ganz nebenbei auch noch in ihr wütete.
Eilig sah Tina auf, das Blut stieg ihr ins Gesicht. »Das tut mir so leid, Daniel, ich wollte ...«
Er verdrehte die Augen.
»Kein Problem, aber du siehst ein, dass wir wieder einmal einen Abstecher in die Klinik unternehmen müssen, ja? Ist die Aborttasche bereit?«
* * *
ina schreckte auf und starrte panisch in der Dunkelheit umher.
Wie so häufig benötigte sie einen langen, atemlosen Moment, bevor sie sich in der Realität zurechtfand und registrierte, dass es nur einer dieser
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