03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
dem Loblied und seinen Hinweisen lauschte.
Heilig, heilig, heilig.
Beende dein Lied, junger Erschaffer.
Stimmen drängten und stoben durch Dantes Bewusstsein. Seine Gedanken gerieten aus dem Gleichgewicht und fielen aus der Zeit. Das Hier und Jetzt entglitt ihm.
Mein kleines, wunderschönes Nachtgeschöpf, du wirst alles überleben, was ich dir je antun kann.
Ich werde dir helfen, sie und ihre Brandstifterkumpel zu finden, und ich werde neben dir stehen, während du sie vernichtest.
Kann ich danach auch gehen?
Dante-Engel, kann ich bei dir schlafen? Mir ist allein so kalt.
Papa Prejean schwingt die Schaufel und lässt sie nach unten sausen …
Schmerz kratzte über Dantes Rücken – wie heiße Klauen, die Haut und Muskeln zerrissen und bis zu den Knochen vordrangen. Der scharfe Geruch seines Bluts erfüllte die Luft. Flammen erfassten sein Rückgrat und verwandelten das Blut in seinen Adern in Asche.
Dante hob den Kopf von Gabriels blutender Kehle und schrie.
Heather rannte durch den Torbogen, der auf die Terrasse führte, den Flur entlang. Dantes Schrei hallte in ihrem Inneren nach. Ein flackernder Schein aus blauem Feuer umgab ihn und spiegelte sich auch auf den entsetzten Gesichtern der Gefallenen wider, die ihn umringten – ebenso wie in dem Antlitz des Engels, der ihn jetzt beiseitestieß und unter ihm herauskroch.
Gabriel rutschte davon, eine Hand an seine blutige Kehle gepresst. Er starrte Dante mit erstaunten, geweiteten Augen an. »Er ist schon wahnsinnig«, wisperte er.
»Nein«, antwortete Heather und sank neben Dante auf die Knie. Dieser war zur Seite gefallen und hatte die Arme um seine Knie geschlungen. Schweiß verklebte sein schwarzes Haar, das sein Gesicht umrahmte. Seine Augen waren geschlossen, er hatte die Reißzähne entblößt, und seine Muskeln waren zum Zerreißen angespannt. Der Schmerz schien sich seiner völlig bemächtigt zu haben.
Er knurrte. Es war ein gedämpftes, völlig impulsives Geräusch, das nur ein Narr missachtet hätte. Heather hielt inne. Sein Körper strahlte starke Hitze aus, so heftig, dass Heather fast der Atem stockte.
»Was hast du mit ihm gemacht?«, fragte sie und richtete den Blick auf Gabriel.
»Ich? Nichts. Ich würde doch niemals einem Creawdwr etwas antun«, entgegnete der gefallene Engel. Dann sah er Heather finster an, und in seinen grünen Augen loderte Zorn auf. »Wer bist du, mich und meine Handlungen zu hinterfragen, Sterbliche?«
»Sie ist die Cydymaith des Erschaffers«, antwortete Luzifer. »Ich würde etwas mehr Ehrerbietung empfehlen.«
»Eine Sterbliche? Er wird eine bessere Cydymaith unter seinesgleichen finden«, sagte Gabriel.
Heather achtete nicht mehr auf den gefallenen Engel, sondern konzentrierte sich auf Dante. Blut drang durch den Rücken seines NIN -T-Shirts. Es schimmerte im Glanz der Laternen. Sein Rücken wellte sich . Etwas lugte unter seinem T-Shirt hervor und dehnte den Stoff, ehe es wieder verschwand.
Heather starrte darauf. Ihr Herz raste. Was zum Teufel war das?
Dante schaukelte langsam hin und her, während er seine Reißzähne in seine Unterlippe bohrte. Blut rann ihm über das Kinn.
Heather kämpfte gegen ihr Bedürfnis an, ihn in die Arme zu nehmen, sein T-Shirt herunterzureißen und nach der Quelle der Schmerzen zu suchen. Doch das blaue Licht, das ihn umgab, hielt sie davon ab, und sie ließ ihre Hände lieber im Schoß liegen.
»Hörst du mich?«, fragte sie.
Dantes Rücken wellte sich erneut. Diesmal drang etwas Dunkles, Blutiges durch sein T-Shirt. Heather hielt abrupt inne, als sie begriff, was sie da sah: Es war eine Flügelspitze, die blau funkelte und knackte.
Dante schrie erneut. Es war ein Laut, der sowohl Qual als auch Zorn ausdrückte. Wieder wellte sich sein Rücken. Eine zweite Flügelspitze, blutüberströmt, schimmernd und blau flackernd, bohrte sich durch sein T-Shirt und zerriss es endgültig. Er kauerte sich hin, auf die Unterarme gestützt, und stöhnte laut.
Als wäre es ein unvermeidlicher Reflex, öffneten sich seine Fittiche. Blutstropfen spritzten auf den Marmorboden, die Wände und die Gefallenen, die dem Schauspiel zusahen. Auch Heather traf der heiße, dunkle Saft im Gesicht. Sie wischte ihn mit bebenden Händen fort.
Dantes Flügel waren schwarz. Ihre Ränder waren jedoch leuchtend rot, während die Unterseiten ein Flammenmuster aus leuchtendem Blau und Violett aufwiesen.
Heather hatte einen Augenblick lang das Gefühl, dies schon einmal gesehen zu haben. Ihr Puls
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