03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
fester durch die seinen. Sie drückte seine Hand. »Halte durch«, wisperte sie. »Bleib bei mir.«
»Ich gebe mir Mühe«, antwortete Dante und drückte die Schmerzen und Stimmen weiter nach unten.
»Wir sind fast da«, sagte der Morgenstern. Er bog links in einen weiteren Gang ab und schritt dann auf einen Torbogen mit goldenen Pfeilern zu. Hand in Hand mit Heather folgte Dante ihm durch den Bogen auf eine breite Terrasse, von wo aus man in den sternenübersäten Himmel blicken konnte.
Dante sah Gestalten durch die Nacht fliegen. Intensive blaue, violette und grüne Lichtwellen leuchteten immer wieder auf, während die Flügel dieser Wesen kraftvoll die Luft durchkämmten, ehe sie auf die Terrasse zuflatterten.
»Werden sie uns Probleme bereiten?«, wollte Dante wissen.
Der Morgenstern runzelte die Stirn. »Nein. Aber sie werden dich aufhalten und versuchen, dich mit ihren Liedern zu fesseln und hierzubehalten, da du noch ein Kind bist, das man dringend umsorgen und leiten muss.«
»Ein Kind?«
Der Morgenstern lächelte Dante wissend an. »Natürlich. Was sonst? Wie alt bist du? Zwanzig? Du solltest noch in der Krippe liegen.«
»Dreiundzwanzig, und du kannst mich mal.«
»Du musst dringend Manieren lernen. Noch etwas, das dein Vater schändlich vernachlässigt hat.«
Schmerz durchfuhr Dantes Schläfen, und vor seinen Augen wurde es einen Moment lang schwarz.
Der Junge braucht eine Lektion. Der braucht immer eine Lektion.
»Wieder redest du von Dingen, von denen du keine Ahnung hast«, entgegnete Dante und blinzelte, um klar sehen zu können. Er hörte Schritte hinter sich, die auf ihn zukamen, und drehte sich blitzschnell um, wodurch er Heathers Hand losließ.
»Willkommen, junger Erschaffer. Ich bin hocherfreut, dass dich der Morgenstern nach Hause geleitet hat«, sagte ein gefallener Engel. Er hatte kräftiges, taillenlanges Haar in der Farbe von Whisky, einen roten Rock und ein selbstbewusstes – nein, selbstzufriedenes – Lächeln auf den Lippen. Anscheinend jemand, der es gewohnt war, das Sagen zu haben.
Luzifer seufzte. »Das ist Gabriel, und er wird gar nicht glücklich sein, wenn du ihn ignorierst, um zuerst einmal zu deinem Vater in den Abgrund zu schauen.« Er legte Dante einen Arm um die Taille. »Zeit zu verschwinden.«
Gabriel. Das beschissene Arschloch, das Luciens Schicksal an das eines sterbenden Landes geknüpft hatte.
»Warte«, sagte Dante und befreite sich aus der glühenden Umarmung Luzifers.
Gabriel trat auf Dante zu. Er hatte seine goldenen Flügel eingefaltet, und seine moosgrünen Augen funkelten. Weitere Gefallene, Männer und Frauen, schritten neben ihm her. Ihre Gesichter strahlten, und ihre Fittiche – schwarz und golden – flatterten vor Aufregung.
Erneut wurde Dante von einem großen Hunger erfasst, der seine Gedanken fast lahmlegte. Gesänge, Stimmen und Flüstern schlugen gegen sein Bewusstsein – von innen und von außen. Unter seiner Haut surrten Wespen. Über ihm rauschte der Himmel. Er ging auf Gabriel zu.
»Was tust du da?«, fragte der Morgenstern leise.
»Ich habe meine Meinung geändert«, antwortete Dante.
Gabriel wurde langsamer und blieb ganz stehen, als Dante vor ihn trat. Er fixierte Dante. Sein Gesichtsausdruck zeigte die bekannte Mischung aus Überraschung und Lust. Sein Geruch – Bernstein, Pinien und dunkle, schwere Erde – wurde stärker.
»Mein hübscher kleiner Creawdwr «, hauchte er. »Willkommen …«
Dante bewegte sich übernatürlich schnell. Er krachte in den gefallenen Engel und riss ihn auf den glatten Boden, Haut traf auf Marmor. Dann setzte er sich auf Gabriels Brust und rammte ihm die Knie in die Rippen. Er drückte den Kopf zur Seite, so dass sich Gabriels Hals anspannte, und schlug seine Reißzähne in das Fleisch.
Er trank.
Blut, das berauschend nach Granatapfel schmeckte, schoss zwischen Dantes Lippen und seinen Rachen hinunter. Mit jedem verlangenden Schluck merkte er, wie seine Kraft zurückkehrte. Gabriel kämpfte gegen ihn an, woraufhin sich Dante noch tiefer in seine Haut bohrte.
Blaues Licht zuckte hinter seinen geschlossenen Augen auf, und ein wildes Lied voller Verlangen pulsierte mit jedem Schlag seines Herzens durch ihn hindurch. Energie fuhr kribbelnd durch seine Finger.
Gabriel stieß einen erstickten Schrei aus und wurde dann still. Stimmen erklangen. Doch keiner packte Dante oder versuchte, ihn wegzureißen.
Niemand wagte es.
Ein Wybrcathl schlug gegen Dantes Gedanken und bestand darauf, dass er
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