03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
ungebändigt, knackend mit einer elektrisch rhythmischen Energie.
Dann öffnete er die Augen und schlug seine blau funkelnde Faust in das Grab.
Wumm.
Ein sommerlicher Windstoß fuhr durch Heathers Haar und nahm ihr einen Augenblick lang die Luft. Ihre Ohren dröhnten. Blaues Licht durchlief wie eine Schockwelle explosionsartig das Grab und erfasste auch Heather bis ins Innerste. Sein Glanz breitete sich in einem immer größer werdenden Radius über dem Friedhof und der Stadt aus, während es mit Lichtgeschwindigkeit durch die Nacht jagte.
Heather schloss die Augen wieder und klammerte sich noch fester an Dantes Gürtel. Ihr Herz raste. Eisige Angst ließ alle ihre Gedanken außer einem erstarren: Was war da gerade passiert? Sie verbarg ihr Gesicht an Dantes angespannter Schulter, falls noch weitere nuklearbombenartige Feuerwerke losgehen sollten. Der Boden unter ihren Füßen zitterte und bebte.
War das ein echtes Erdbeben oder …
Eine Kakophonie des Lärms drang in Heathers schon lädierte Ohren, als sie wieder hören konnte. Bäume fielen knarrend zu Boden, Stein zerfiel auf dem Asphalt, Eisen schlug gegen Beton. Autoalarmanlagen jenseits der Friedhofsmauern heulten, hupten und piepten, während Fensterscheiben klirrend zu Bruch gingen. Hunde bellten.
Der durchdringende Geruch von Ozon erfüllte die Luft.
Ferne, verängstigte Stimmen tönten wie aufgeschreckte Wespen durch die Nacht.
»Himmel, was war das?«
»Eine Detonation auf dem Friedhof. Terroristen?«
»Wo ist das Feuer? Der Rauch? Was für eine Art Detonation war das?«
»O Gott, das Ende ist nah – ein Ring aus Feuer!«
Dante stürzte auf die Knie und riss Heather mit. Sie landete mit dem Po zuerst auf dem Asphalt, wobei ihre Zähne aufeinanderschlugen. Sie riss die Augen auf. Während sie sich umsah und die Zerstörung wahrnahm, verspürte sie zum ersten Mal den eiskalten, stahlharten Griff echter Angst, die sich ihrer bemächtigte.
Auf dem ganzen Friedhof waren Grabstätten, Krypten und Statuen zerrissen und zerbrochen und hatten ihren Inhalt nach draußen befördert. Die Asphaltwege waren auch explodiert, während die Wipfel der Zypressen und die Kronen der Eichen abgetrennt worden waren und in Stücken auf die Gesteinsbrocken und Erdhügel gefallen waren. Das Laub leuchtete von innen heraus blau. Die Friedhofsmauern hingegen bestanden nur noch aus blau flackernden Trümmern.
Vor Dante stieg Rauch von dem geschmolzenen äußeren Rand eines riesigen Kreises auf, der sich an der Stelle befand, wo früher einmal das Baronne-Grab gewesen war. Auf der anderen Seite des Kreises sah man einen gewaltigen Himmel – einen blassen Nachthimmel voller flatternder Flügel.
»Bei allem, was heilig ist«, wisperte Luzifer.
Dante hatte sein eigenes Tor geöffnet.
38
DAS ENDE ALL IHRER TRÄUME
Sheol, Gehenna · 27. März
Wohlklingender Chalkydri -Gesang mischte sich mit frohgemuten Wybrcathl . Musik rauschte wie ein Wasserfall durch den Nachthimmel. Wirre Gedanken und Gefühle drängten flüsternd gegen Luciens schwächer werdende Schilde. Doch nichts ergab Sinn.
Gehenna ist gerettet! Der Creawdwr!
Er hat heimgefunden!
Heilig, heilig, heilig!
Lucien hob den Kopf. Schmerz durchbohrte seine Schultern, als sich die mit Stacheln versehenen Haken tiefer in seine Muskeln gruben. Oberhalb des Abgrunds flogen geflügelte Gestalten und warfen Schatten auf den dampfenden Boden.
»Was ist?«, fragte er. »Haben sie Dante gefunden?«
Hekate hing ihm gegenüber. Ihre wundervollen weißen Flügel waren gefesselt, und auch ihre Schultern wurden von scharfen Haken durchbohrt. Getrocknetes Blut verunzierte ihr gold-schwarzes Kleid.
»Nein«, antwortete sie, während sie ebenfalls in den Himmel hinaufsah. Überraschung verscheuchte die Qual aus ihrem Gesicht – Verwunderung und Hoffnung. »Er ist hier.«
Luciens Herz begann wie wahnsinnig zu klopfen. »Was?«
»Dante ist hier, und mein Vater auch.«
Lucien schloss die Augen. Dante war in der Gewalt Luzifers. Er hatte wieder versagt.
Auf die Knie, p’tit . Hände auf den Rücken. Habe einen Überraschungsgast für dich.
Nein, Papa Prejean – ich glaube, diesmal habe ich eine Überraschung für dich.
Schmerz hämmerte wie rotglühendes Eisen gegen Dantes Schläfen. Ein eisiger schneeweißer Strom der Stille floss durch ihn hindurch und löschte die Qualen.
Konzentrier dich, verdammt. Bleib im Hier und Jetzt.
»Bist du bei mir?«, fragte Heather direkt neben ihm.
»Oui. J’su ici.« Er erhob sich
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