03 - Sarggeflüster
entfernt aufgebaut war.
Ich hatte vor ein paar Monaten damit angefangen, zu jedem neuen Profil kostenlose Donuts anzubieten, als befristete Werbeaktion. Seitdem hatte ich wenigstens ein Dutzend andere Dinge ausprobiert - Pfefferminzbonbons, Kugelschreiber, Tassen, Kondome -, aber nichts war so gut angekommen.
Inzwischen waren die Donuts eine feste Einrichtung, zusammen mit Kaffee, Tee und gelegentlich einer Insulininjektion.
„Kann ich auch einen Donut haben?“, fragte Word.
„Wenn du die Lautsprecher anschließt, die zu der Dockingstation gehören, kannst du die ganze Schachtel haben.“ Bin ich ein Geschäftsgenie oder was?
Ich hob Killer hoch, überließ Word seiner Arbeit und ging in mein Büro. Dort setzte ich die Katze auf dem Boden ab, öffnete den kleinen Latte, den ich mir unterwegs geholt hatte, und gab ihn dem dürren Vieh.
Killer schnüffelte an der lauwarmen Flüssigkeit und seine Schnurrhaare zuckten, bevor er seinen schwarzen Kopf hinabsenkte und anfing, das Leckerchen aufzuschlecken.
Ein Gefühl der Wärme durchströmte mich, gefolgt von einem Magenknurren.
Ich nahm etwas aus meinem Minikühlschrank, das wie eine Flasche Wein aussah, machte es mir an meinem Schreibtisch gemütlich und ließ den Korken knallen. Der volle Duft stieg in die Luft auf und mir in die Nase, und ich schloss die Augen. Das Aroma reizte meine Nervenenden und ließ meinen ganzen Körper prickeln. Ich nahm einen tiefen Schluck, die kalte Flüssigkeit glitt meine Kehle hinab. Für gewöhnlich nehme ich mein Abendessen nicht gerne kalt zu mir (welcher Vampir tut das schon?), aber ich hatte Probleme, eine Mikrowelle zu finden, die zu meiner Büroausstattung passte.
Lahm, wie? Aber das war alles, was ich im Augenblick zu bieten hatte, und jedenfalls tausendmal besser als die Wahrheit: nämlich, dass ich die verzweifelte Hoffnung hegte, ich würde mich irgendwann an das kalte Zeug gewöhnen. Dann könnte ich vielleicht -aber auch nur vielleicht - den warmen, süßen Geschmack von Tys Blut vergessen und endlich aufhören, mich danach zu verzehren.
Aufhören, mich nach ihm zu verzehren.
O Mann, es war mir richtig gut gegangen, bevor ich den Kerl kennengelernt hatte. Ich war die Königin der Flasche gewesen. Keine Spielchen ä la Welche Blutgruppe ist das?, wenn ich auf der Straße irgendeinem süßen Typen begegnete. Ich war glücklich gewesen. Oder zumindest zufrieden. Ich vertraute voll und ganz darauf, dass mir eines Tages schon mein eigener Graf Traumdracula über den Weg liefe.
Doch dann war Ty in mein Leben getreten und alles, woran ich jetzt denken konnte, war, meine Fänge noch einmal in ihn zu versenken. Und Sex mit ihm zu haben. Und meine Fänge in ihn zu versenken, während ich Sex mit ihm hatte.
Nicht dass ich das wirklich täte. Nein. Uber den Kerl war ich so was von hinweg.
Jedenfalls würde ich das sein, sobald ich mich davon überzeugt hatte, dass es ihm gut ging. Ich brauchte einen Schlussstrich. Dann könnte ich ihn ganz und gar vergessen. Ich könnte wieder mein Abendbrot genießen und mein Leben nach dem Tod wäre endlich wieder normal.
Hey, möglich war das schon.
Ich wandte mich meinem Computer zu, öffnete den E-Mail-Account und starrte auf den völlig überfüllten Posteingang. Gerade als ich die erste Mail angeklickt hatte, klingelte das Telefon. Meine Augen blieben noch am neuesten Sonderangebot von Victorias Secret hängen - ein Preisnachlass von zehn Dollar und eine Körperbutter gratis -, als ich das Telefon hochnahm.
„Vielen Dank, dass Sie Dead End Dating anrufen. Nur noch der Einsatz Ihrer Visa-, Mastercard- oder Discover-Karte trennt Sie von Ihrem perfekten Partner.“ Zugegeben, das war vielleicht nicht gerade der beste Slogan aller Zeiten, aber ich war noch neu im Geschäft und probierte verschiedene Möglichkeiten aus.
„Und was ist mit American Express?“, fragte eine wohlbekannte weibliche Stimme. Mein Herz sackte etliche Etagen tiefer.
Mein Blick schwenkte auf die Rufnummernerkennung. In tiefschwarzer Farbe leuchtete mir die Telefonnummer meiner Mutter entgegen, und ein Schrecken durchfuhr mich.
Oh-oh.
Gut gemacht, Lil.
Ich versetzte mir in Gedanken einen Tritt in den Hintern, dass ich die Nummer nicht kontrolliert hatte, bevor ich mich gemeldet hatte, und musste gleich darauf eine Welle von Schuldgefühlen niederkämpfen.
Immerhin war sie meine Mutter. Sie hatte nicht Stunde um Stunde in den Wehen gelegen, um mich auf die Welt zu bringen, damit ich ihr jetzt aus dem
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