03 - Schatten Krieger
Wände, auf denen nicht die geringste Vegetation wuchs. Dann hob er den Blick zu der gewaltigen, wirbelnden Säule des Sturms. Er wischte sich mit einem weiten Ärmel die Feuchtigkeit vom Gesicht, während er ironisch lächelte.
Haben unsere Streiche Euch erfreut?, dachte er. Haben wir unseren Teil in dieser Maskerade gut genug gespielt? Er bekam keine Antwort, jedenfalls keine, die er hätte hören können.
Durch die wirbelnde Gischt trottete die kleine Schar über einen zerklüfteten, mit Geröll bedeckten Pfad, der sich durch große, zerborstene Felsbrocken wand. Einige waren offenbar absichtlich so positioniert worden, dass sie eine Art unregelmäßigen Tunnel bildeten. Das Wasser tropfte und sickerte durch die Spalten, bildete Pfützen und Tümpel am Boden, und das Heulen des Sturms gellte wie eine feindselige Kaskade aus Kreischen und Jaulen in ihren Ohren.
Ondene konnte die Wesenheit, die sie beobachtete, bei jedem Schritt deutlicher spüren. Sie wurde stärker und schien ihn vollkommen einzuhüllen, als wäre er nicht mehr als ein zerbrechliches Spielzeug. Er wusste nicht, ob er tatsächlich Anlass zur Furcht hatte, und fühlte sich wie im Schraubstock zwischen einem bekannten inneren Grauen und einem bedrohlichen äußeren Mysterium.
Allmählich stieg der Pfad an, schwenkte nach links und führte in eine vom Regen ausgehöhlte Klippenwand, die einen richtigen Tunnel bildete. Nach einigen Schritten ebbte das Gebrüll des Zyklons etwas ab, und es wurde wärmer und trockener. Einige rautenförmige Fenster waren in eine Seite der Wand geschlagen worden und ließen ein gedämpftes, graues Licht hinein, das auf den feinen Staub auf dem Boden des Tunnels fiel, der sich in den vielen Nischen und Ritzen gesammelt hatte. Der Tunnel stieg ein kurzes Stück an, dann senkte er sich und bog nach rechts ab. Es wurde dunkler, als die Fenster seltener wurden. Ein nebliges graues Licht weit vor ihnen entpuppte sich schließlich als eine Pforte, durch die das Heulen des Orkans und ein feiner Sprühregen drangen. Auf den Wänden dicht neben der Tür sammelte sich Niederschlag, der in vielen Rinnsalen über den Boden abfloss. Dort wurde das Wasser von dem wilden Sturm verschluckt und wieder in Gischt verwandelt. Hinter der Tür führte eine Felsenbrücke direkt in die tosende Wand des Zyklons. Ohne innezuhalten oder auch nur langsamer zu werden, führten Agasklin und Calabos die Gruppe aus dem Gang mitten in die Fänge des Sturms. Coireg ging vor Ondene und zögerte einen winzigen Moment, bevor er sich durch die Tür zwängte. Ondene folgte ihm auf dem Fuß.
Die Wucht des Wirbelsturms zwang sie, geduckt weiterzugehen. Sie schützten mit den Armen ihre Gesichter gegen die schweren Tropfen des sturmgepeitschten Regens. Für Ondene war es fürchterlich und gleichzeitig seltsam aufregend, diese Felsenbrücke zu überschreiten. Nicht einmal seine Erlebnisse mit den wilden Sturmböen auf den Sturmbrecher-Inseln konnte mit dieser blanken, gespenstischen Gefahr mithalten. Er erwartete fast, entwurzelte Bäume oder Vieh an sich vorüberfliegen zu sehen, obwohl dieses Eiland vollkommen karg war.
Einige Minuten, nachdem sie den schützenden Tunnel verlassen hatten, wurde seine Sicht in der Finsternis auf wenige Schritte reduziert. Deshalb überraschte es ihn, als plötzlich eine senkrechte Felswand mit einer grob behauenen Tür aus der wirbelnden Dämmerung auftauchte. Nach einigen Stufen erkannte er, dass dies keine Felswand, sondern die Flanke einer riesigen Felsnadel war, die sich vor ihnen erhob. Ihre Spitze wurde vom Zyklon verschluckt. Ondene fiel wieder ein, wie Qothan ihm von den Ursprüngen des Buchs der Stürme erzählt hatte. Welche Prophezeiungen würde die Schlummernde Gottheit wohl diesmal verkünden? Die Gruppe marschierte nacheinander durch dieses finstere Portal und verschnaufte kurz in dem kalten, schattigen Gewölbe dahinter. Das Getöse ließ kein Gespräch zu. In einer Ecke führten schmale Stufen in einer Spirale nach oben. Nach einer kurzen Rast stiegen sie hoch und entzündeten ihre Laternen, um den Weg zu beleuchten. Nach einer Weile hämmerte Ondenes Herz unter der Anstrengung des Aufstiegs, und am ganzen Körper und auf seiner Kopfhaut prickelte kalter Schweiß. Die Strapazen wurden schlimmer, seine Brust hob und senkte sich heftig unter keuchenden Atemzügen, und schließlich schmerzten seine Beine und Füße. Trotz dieses aufreibenden Marsches erlaubten ihre Anführer ihnen nur winzige Ruhepausen, bevor
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