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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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sie weitergingen, was Ondene und Coireg mit gemurmelten Flüchen kommentierten. Schließlich tauchte über ihnen ein schmaler Streifen Licht auf, der immer heller wurde, bis sie auf eine annährend ebene Fläche von mehreren Metern Durchmesser auf der Spitze der Felsnadel hinaustraten. Trotz ihrer ungeschützten Lage wehte hier nur ein mildes Lüftchen, fast als würde eine unsichtbare Barriere das Wüten des Sturms ausschließen.
    »Nicht gerade der passende Ort für ein Tänzchen«, meinte Coireg und deutete auf den von den Elementen abgeschliffenen Rand der Plattform.
    Dieser Platz muss uralt sein, dachte Ondene, während er sich auf der Spitze der Felsnadel umsah. Dann glitt sein Blick zu dem wirbelnden Sturm. Als er in seinen Kern starrte, nahm er undeutlich die Umrisse von zwei weiteren, ähnlichen Felsnadeln mitten in diesem unaufhörlichen Wirbel wahr.
Einst der Olymp der uralten Götterwesen, jetzt vom Mahlstrom der Zeit verschlungen …
    Er runzelte verwirrt die Stirn. Wie kam er auf solch düstere Gedanken?
Uralte Götterwesen? Woher soll ich so etwas wissen?
    Noch bevor er diesem Rätsel weiter nachgehen konnte, winkten Calabos und Agasklin die anderen näher. Der Prinz der Ushralanti förderte aus den Taschen seiner Robe ein ledergebundenes Buch zu Tage und schlug es weit vorne auf.
    »Unser Kapitän, der ehrwürdige Pericogal, hat mir die Zeilen gezeigt, welche die Aufmerksamkeit der Schlummernden Gottheit wecken …«
    Wie die anderen richtete auch Ondene seinen Blick auf das Zentrum des Zyklons, in dessen dunklem, nebligen Tumult sich Umrisse und vage Formen zeigten. Eine Myriade undeutlicher Einzelheiten formierte sich, bis schlagartig Klarheit einkehrte und die gewaltige Form eines Baumes erschien, der dichtes, üppiges Blattwerk trug. Blumen entfalteten sich in wogender Perfektion, und schwere Beerentrauben bogen feste Zweige herunter. Ein Abbild verschwenderischer Fruchtbarkeit, wären da nicht diese merkwürdigen, durchscheinenden Farbtöne gewesen, ein schmutziges Grau und ein verblasstes Rotgold.
    Während die Beobachter wie angewurzelt dastanden und auf diese gewaltige Manifestation starrten, kräuselte eine wellenförmige Bewegung die Blätter und konzentrierte sich in einem einzigen Riss, der sich allmählich immer weiter öffnete. Das unbehagliche Gefühl, im Brennpunkt der Aufmerksamkeit eines unbarmherzigen Beobachters zu stehen, ließ nach, dafür jedoch empfand Ondene jetzt etwas anderes, eine Art Ungeduld oder instinktive Rastlosigkeit. Nervös spannte er seine Nackenmuskeln an, und ihm brach erneut am ganzen Körper der Schweiß aus.
    Dann vergaß er jedoch dieses Unwohlsein, als der gigantische Baum aufriss und eine blasse, elfenbeinfarbene Gestalt enthüllte. Sie hatte den Kopf gesenkt, die Schultern hochgezogen, die Arme um die Brust geschlungen und schien zu schlafen. Ein melodiöser Ton überlagerte das raue Brüllen des Zyklons. Die große Gestalt rührte sich, hob den Kopf und drehte ihn sehr langsam herum. Sie musterte die kleine Gruppe, die sich auf der Felsnadel versammelt hatte.
    »Der Blick einer Gottheit«, flüsterte Coireg dicht neben Ondene. »Ich fühle ihn auf mir …« Ondene empfand dasselbe. Die Augen der Schlummernden Gottheit waren perlmuttfarbene Scheiben, deren starrer, unerbittlicher Blick sich wie ein Gewicht auf seinen Geist legte. Die Augen schienen sich in seine innersten Gedanken zu bohren. Etwas löste sich in ihm, die rastlose Ungeduld entflammte zu einem wütenden Hass, den er nur zu gut kannte. Gleichzeitig dröhnte die Stimme des Schattenkönigs durch sein Hirn.
Schlummernde Gottheit, ich kenne dich! Ich weiß, was du bist!
    Während Ondene auf die Knie sank, gerieten die anderen in Panik. Sie murmelten beunruhigt, als Coireg und Calabos rasch zu Ondene eilten. Offenbar konnten sie diese Stimme in seinen Gedanken nicht hören. In dem Moment sprach eine andere Stimme mit einer Gewalt, die das Tosen des Zyklons zu einem bloßen Wispern reduzierte.
    Wir kennen dich, du jämmerliches Fragment eines noch er
    bärmlicheren Ganzen! Das Schicksal selbst hat den Käfig für dich geschmiedet, diesen Mann, den Prinzen des Wandels!
    Der Schattenkönig bemächtigte sich der Kontrolle über Ondenes Mund.
    Prinz des Abschaums!,
stieß er laut hervor und provozierte damit wütende Proteste von den Häuptlingen der
Sturmklaue. Prinz der Niederlage, deiner Niederlage, wenn die Aspekte des Herrn des Zwielichts erneut vereint sind!
    Närrische Worte! Bereits zweimal

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