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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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aber es war vergeblich. Die anderen saßen daneben und stimmten einen leisen Abschiedsgesang an.
    Pirak winkte sie mit zitternden Fingern näher an sich heran. »Meine Zeit ist… fast gekommen, Kind … also höre mir gut zu … Dein Ehemann und deine Freunde sind frei und hierher unterwegs … Die Langstimme von Atroc hat mir das verraten, als wir uns dem Lager näherten …«
    »Und Ihr habt mir das nicht gesagt?«, meinte Ayoni. »Warum nicht?«
    »Etwas Schreckliches ist geschehen, Kind … die graue Pestilenz, von der du so viel erzählt hat, bevor du nach Belkiol gekommen bist, hat angefangen … zu wachsen …!« Das Rasseln in seiner Luftröhre klang, als ob jedes Wort dem Schamanen zur Folter wurde. »Es verbreitet sich rasch vom Palast aus und verzehrt alles, was auf seinem Weg liegt. Wenn deine Gefährten hier eintreffen, musst du mit meinen Brüdern den Kanal überqueren. Vor der Stadt wird gekämpft, also müsst ihr euch irgendwo … einen sicheren Ort suchen …« »Wird die Substanz am Kanal zum Stehen kommen?«, fragte sie.
    Pirak lächelte unter Qualen. »Wer kann das wissen? Du wirst es ja erfahren, wenn du selbst hinübergehst. Aber jetzt, mein Kind … tu mir einen Gefallen … Eile an die Seite des Berges und beobachte die Stadt, damit wir mehr in Erfahrung bringen …« »Selbstverständlich, Pirak«, sagte sie. Sie stand auf und lief zu einer Stelle, wo eine natürliche Felsplattform aus der Südwand des Bergrückens hervorragte. Von dort schaute sie nach Osten. Aber die weit entfernten, fahlen Mauern Besh-Daroks waren nicht mehr zu sehen. Ein grauer, düsterer Streifen lag wie ein niedriges Band aus Nebel oder Rauch über dem Land. Auch als sie mit ihrer Magiersicht herüberschaute, konnte sie kaum mehr Einzelheiten erkennen, nur dass die neblige Düsternis jetzt dichter wirkte. Sie sah wie eine mehrstöckige Barriere aus, die sich vorwärts bewegte und Felder, Bäume und Gebäude gleichermaßen einschloss. Es war ein Furcht einflößender Anblick. Sie sah, wie Menschen in Panik davor flohen, zu Fuß, zu Pferde oder auf Karren. Nur die kleine Gruppe aus drei Reitern suchte sie vergebens. Allerdings konnten sie sich auch gerade unter dem Laubdach der Wälder befinden, die sich vor ihr erstreckten. Sie weitete ihre Magiersicht aus, fixierte das Bild in ihrem Verstand und eilte dann wieder in das Lager zurück.
    Als sie die Schamanen um Pirak erreichte, war Atroc bereits ebenfalls eingetroffen. Er schwebte neben der reglosen Gestalt von Pirak. Der Seher war tot.
    »Er wollte nicht, dass ich sehe, wie er von uns geht«, murmelte Ayoni.
    Atroc nickte. »Wir Seher legen bis zum bitteren Ende sehr viel Wert auf unsere Würde.«
    Sie hörte den Widerhall ihrer eigenen Trauer in seiner Stimme und musterte ihn. Irgendwie schien seine geisterhafte Gestalt noch durchscheinender als zuvor. Er wirkte müde und traurig und anscheinend vollkommen unberührt von dem Wind, der über den Kamm blies und in dessen Hauch die Zeltklappen und Banner flatterten und knatterten.
    »Ich weiß nicht, aus welchem Grund die anderen und ich auf dieser Insel gefangen gehalten wurden«, sagte er. »Wir steckten dort fest wie Geister in einer verschlossenen Flasche. Jetzt hat ein anderes, mächtiges und unergründliches Ereignis das Glas zerbrochen und lässt den Sand hinausströmen.« Er erwiderte ihren Blick und lächelte, freundlich, aber resigniert. »Das ist mein Ende, Gräfin, aber ich bitte Euch nicht, den Blick abzuwenden.«
    Die überlebenden Schamanen sangen leise, während Atroc allmählich verblasste, bis seine Umrisse zu einem hauchdünnen, unscharfen Gespinst wurden. Der geisterhafte Seher hob grüßend die Hand zu einem letzten Lebewohl, und seine Augen schlössen sich, als er sich still in Luft auflöste. Ayoni wischte sich die Tränen vom Gesicht, stand auf und ging an den Zelten vorbei zu dem Vorsprung, um die alles verschlingende graue Mauer zu betrachten, deren Front breiter geworden und deutlich näher gekommen war. Trotzdem würde sie nach Ayonis Schätzung mehr als eine Stunde benötigen, um die Hügel und die Felsen am Kanal zu erreichen. Als sie über die offenen Felder und Niederungen in der Nähe blickte, bemerkte sie drei Reiter, die sich im Galopp dem Bergsattel näherten.
    Chellour!,
rief sie in Gedankensprache.
    Ah, da seid Ihr ja …. Wie geht es Jarryc? Und Klayse?
    Die beiden können es kaum erwarten, diesem Mogaun-Gauner eine Lektion zu erteilen.
    Sie lächelte.
Das wird nicht mehr nötig

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