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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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schmerzte und den Boden erzittern ließ. Im selben Moment schien das Meer vor der Felszunge zu explodieren. Trauben von dunklen Tentakeln zuckten aus den Wogen, schlanke und massige, mit Gelenken versehene oder in Schuppen gehüllte. In ihrer Fülle wanden und schlängelten sie sich auf die Felszunge zu, während kleinere Tentakel über das felsige Ufer zuckten.
    Calabos fühlte, wie jemand ihn am Arm zurückzog. Es war Qothan.
    »Das ist Grath, der Grenzenlose! Wir schweben hier in höchster Gefahr…!«
    Grath der Grenzenlose … Calabos wusste, dass es sich dabei angeblich um einen uralten Seegott handelte. Aber Qothan war offensichtlich sehr um ihre Sicherheit besorgt, und er schwankte zwischen der Entscheidung, ihm nachzugeben und seinem Bedürfnis, Ondene zu erreichen, der nur ein Dutzend Schritte entfernt war. Dann erklang ein tiefes, rauschendes Stöhnen, als eine riesige Gestalt sich vor der Felszunge aus dem Wasser erhob, ein gewaltiges Maul, von dessen zerklüfteten, mit Schmutz verkrusteten Seiten das Wasser in großen Bächen herabströmte. Ondene stand vor dem grotesken Koloss, ballte die Fäuste und hielt sie ausgestreckt vor sich, während er irgendwelche unverständliche Laute ausstieß.
    Calabos schrie ihn an, zurückzutreten, doch Ondene warf ihm nur ein Grinsen über die Schulter zu, ohne dabei seine Anrufung zu unterbrechen. Im nächsten Moment ertönte erneut das hallende Stöhnen, und das dunkle, glitzernde Maul öffnete sich und neigte sich zu der Felszunge hinab. Ondene stieß einen Triumphschrei aus und trat hinein. Calabos sah gerade noch, wie er in einen pechschwarzen Abgrund zu stürzen schien, bevor sich der ungeheure Rachen schloss. Dann wich das Wesen zurück, bog sich und stürzte ins Meer zurück. Der Aufprall ließ riesige Wasserfontänen zu beiden Seiten aufspritzen. Die kleineren Tentakel und Fühler zogen sich ebenso rasch in die kochende Brandung zurück, und nach wenigen Sekunden war das gigantische Wesen verschwunden. »Im Namen der Mutter!«, stieß Coireg hervor. Er hatte sich etwas abseits von Calabos gehalten und stand langsam wieder auf. »Das war Grath? Ist Ondene jetzt tot?«
    »Nein, Freund Coireg«, erwiderte Qothan. »Grath wird als der Grenzenlose bezeichnet, weil die Extremitäten und Auswüchse seiner gewaltigen, verschlungenen Gestalt jeden Teil des Meeresgürtels berühren. Sie reichen an jede Küste und jedes Gestade. Garth ist eine Straße durch das Meer, ein Pfad, der von der inneren Magie seines Wesens getrieben wird. Ganz gleich, welches Ufer das Ziel des Schattenkönigs sein mag, er wird es in weniger als einer Stunde erreichen.«
    »Sejeend«, meinte Coireg, und Calabos nickte.
    »Deshalb muss ich dorthin gehen«, meinte er. »Behauptet jedenfalls die Schlummernden Gottheit.« »Ja, diese Gottheit verkündet ebenso viele Rätsel wie Antworten«, murmelte Coireg fast zu sich selbst. Prinz Agasklin tauchte auf. Er erklomm den Felsvorsprung, und ihm folgten zwei weitere, jüngere Häuptlinge der Israganthir.
    »Es gibt einen Weg, Euch fast ebenso rasch dorthin zu bringen, Calabos«, erklärte er und sah Qothan an, der entschlossen nickte.
    Calabos wollte fragen, was er meinte, doch dann legten Qothan und die beiden anderen der Dämonenbrut ihre Roben ab. Ihre Gestalten begannen zu wachsen und sich zu verändern. Ihre Torsos verschwammen, ihre Gliedmaßen wurden muskulöser, und über ihren Schultern bildeten sich Schwingen aus. Plötzlich verstand Calabos und lachte.
    »Freund Agasklin«, sagte er. »Eure Bemühungen beschämen mich, dennoch würde ich gern eine kleine, zusätzliche Gunst von Euch erbitten, bevor wir nach Sejeend fliegen. Ich würde gern der
Sturmklaue
einen Besuch abstatten, um dort ein ganz bestimmtes Schwert zu holen, das mir gehört.«
    Agasklin lächelte leicht. »Diese Gunst gewähren wir Euch gern. Danach bringen wir Euch in Windeseile über den Ozean, Calabos. Möge Euch das Schicksal gewogen sein!«

18
    Öffnet die Tore,
Denn jenseits des Schlundes
Warten alle Träume,
Dort, wo die Hoffnung gestorben ist.
    DIE SCHWARZE SAGA VON CULRI MOAL, CANTO XI, STANZA 3
    Es war ein heller, bewölkter Morgen, als ein Kräuseln über die graue Substanz lief. Kleine Wellen zogen darüber hinweg und kamen wieder zur Ruhe, wenn Nahrung aus den weit entfernten Rändern in die Mitte strömte, dorthin, wo einst der Kaiserpalast sich erhoben und Sejeend beherrscht hatte. Jetzt standen nur noch die zerborstenen Ruinen der Grundmauern. Alles andere war

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