Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
weder Ondenes Flucht noch schöpften sie Verdacht bei seinem eigenen trunkenen Gang, als er die Straße überquerte und auf eine Gasse zusteuerte, die zur Rückseite des Hauses der Wächterloge führte.
    Er war nur noch wenige Schritte davon entfernt, als er einen schrillen Pfiff hörte. Er ging schneller, und als er sich im Schatten der Gasse befand, lief er los, so schnell, dass er jeden Beobachter verblüfft hätte. Er wusste zwar nicht, wohin die Jagd ihn führte, aber er musste Ondene vor den anderen Spionen erreichen. Seine Brüder und Schwestern auf der
Sturmklaue
erwarteten nicht weniger von ihm. Hatte er den Mann erst einmal in seiner Obhut, stellte sich allerdings das Problem, was er als Nächstes tun sollte. Er grinste wölfisch, während er weiterlief. Sehr wahrscheinlich würde die Lösung dieses Problems eine eher radikale Strategie erfordern.
    Der gespenstische Ruf fegte von der Kammer unter den Felsen südlich von Sejeend in alle Himmelsrichtungen hinaus. Sein Zwang durchdrang Holz, Stein, Ziegel und Eisen. Die wenigen, welche auf die Niedere Macht eingestimmt waren, Wahrsager, Wetterfrauen und Sturmwarner auf ihren Schiffen, überkam eine Benommenheit, und ein hohles Rauschen füllte ihre Ohren. Diejenigen, welche über ein größeres Talent verfügten, durchlitten ein entsprechend größeres Maß an geistigen Qualen.
    Dann gab es noch die eigentlichen Empfänger des Rufes, der wie eine widerhakenbewehrte Pfeilspitze in ihren Verstand eindrang.
    In einem heruntergekommenen Bezirk am Nordufer stob ein Rudel Hunde panisch auseinander, als der Leithund von einem Rüden angegriffen wurde, der in der Hackordnung unter ihm stand. Es war ein hässlicher, brauner Mastiff, der mit seinen mächtigen Kiefern seinem Anführer mit einem einzigen Biss die Kehle herausriss. Mit bluttriefendem Maul wirbelte er herum, stürzte sich auf den Nächsten im Rudel und brach ihm das Rückgrat, während die anderen jaulend vor Furcht und mit eingekniffenen Schwänzen in die Nacht flohen … In den Verliesen im Kaiserpalast wartete ein zu Unrecht verurteilter Töpfer, bis der Schließer die Zellentür öffnete. Dann rammte er dem Wächter einen hastig angeschliffenen Löffel in den Hals und schlitzte ihn mit fürchterlicher Kraft auf. Er hielt nur inne, um dem zuckenden Sterbenden den Dolch aus dem Gürtel zu reißen, schlüpfte hinaus und hastete zielstrebig über den mit Fackeln erleuchteten Gang zum Lagerraum. Dort befand sich, wie er wusste, eine verrammelte Luke, die in eine Spülküche führte … Er hatte die Tür des Lagerraumes kaum erreicht, als der Bolzen einer Armbrust sich in seine Schläfe grub und ihn auf der Stelle tötete …
    Ein Entführer ermordete erst seinen Kumpan und dann ihr gemeinsames Opfer, bevor er gleichgültig mit ihrem Blut Boden und Wände beschmierte. Er schrieb immer dieselben Worte: »Hier … Folgt… Jetzt… Kommt!« In einer Ecke einer Hafenkaschemme, die von grölendem Gelächter und Stimmengewirr erfüllt war, legte die Wahrsagerin gerade die Karten aus, um sich die Zeit zu vertreiben, als die Woge von Hexerei sie traf. Sie hielt unwillkürlich den Atem an, als die Gesichter und Bilder auf den Karten plötzlich lebendig zu werden schienen. Die Königin der Kelche leckte sich anzüglich die Lippen, der Ritter der Scheiben hob grüßend seinen Schild, und zu Füßen des Gehörnten flehten die gefangenen Gestalten um Gnade …
    Sie schloss die Augen, doch als sie die Lider wieder hob, waren die Figuren auf den Karten noch so lebendig wie zuvor. Dann wurde sie vollkommen ruhig. Sie brauchte ja einfach nur die Kaschemme zu verlassen und den Fluss zum Südufer zu überqueren … Aber sie schuldete dem Schankwirt Geld für ihren kleinen Schnaps, und sie hatte keinen Heller. Sie sah, wie er ihr ab und zu einen Blick zuwarf. Dann fiel ihr die Lösung für ihre Notlage ein, als habe die Fähigkeit dazu schon immer in ihr geschlummert. Mühelos formte sie aus rauchiger Luft und Kerzenlicht ein perfektes Abbild ihrer Selbst und ließ die Illusion neben sich Platz nehmen. Gleichzeitig verwandelte sie sich in einen kleinen, heruntergekommenen Dockarbeiter, stand auf und drängte sich durch die Menge der Gäste, bis sie endlich die niedrige Tür erreichte.
    Am Hafen führten einige wenige Fackeln und Laternen einen aussichtlosen Kampf gegen die Dunkelheit. Zwischen einem Lichtkreis und dem nächsten streifte sie ihre Verkleidung mit einem einzigen Gedanken ab und machte sich auf den langen Marsch

Weitere Kostenlose Bücher