03 - Schatten Krieger
Wächter waren aufgesprungen, und Dardan trat mit geballten Fäusten auf den Erzmagier zu. Calabos hielt ihn mit erhobener Hand und einem gezwungenen Lächeln auf.
»Das war ein niederträchtiger Schlag, Tangaroth«, erwiderte er. »Und Eures Amtes nicht würdig. Ihr wisst, dass wir alle hier geschworen haben, die Interessen des Kaiserreiches und seiner Bewohner zu schützen. Allein zu diesem Zweck existieren die Wächter.«
Tangaroth schnaubte verächtlich. »Dann scheint Ihr wohl vergessen zu haben, aus welchem Grund es die Magierzunft gibt. Sei dem, wie es will, wenn Ilgarion und sein Hofstaat die Zügel der Macht in die Hand nehmen, wird er von Euch und Euren Umtrieben erfahren. Zweifellos wird er sich fragen, warum Ihr nicht unter meiner direkten Aufsicht und Leitung dient.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich bezweifle, dass irgendwelche Eurer früheren Erfolge verhindern, dass Ihr auf einen Wink Ihrer Majestät hin augenblicklich eingekerkert werdet.«
»Es seid denn?«, fragte Calabos.
»Es sei denn, die Wächter leisten einen Dienst, der für das Wohl des Landes lebenswichtig ist.« Alle sahen Calabos an. Tashil starrte dem alten Meister ins Gesicht und hoffte, dass er diese unverschämte Erpressung abschmettern würde, aber zu ihrer Bestürzung runzelte er nur die Stirn und nickte kurz. »Fahrt fort.«
Der Erzmagier wirkte zufrieden. »Dem Hohen Minister der Nacht wie auch mir selbst ist zu Ohren gekommen, dass die Große Wallfahrt zur Insel von Besh-Darok nur als Tarnung benutzt wird, um eine Armee von Fanatikern aus dem Norden zu versammeln, die Sejeend angreifen soll. Gleichzeitig werden die Pilger versuchen, in der Stadt selbst Verwirrung zu säen, indem sie plündern, morden und dergleichen. Es ist die Aufgabe der Wächter, die wenigen bedeutenden Priester der Pilger und ihre Anhänger in Sejeend auszuspionieren, herauszufinden, wer an diesem Komplott beteiligt ist und seine Einzelheiten aufzudecken.«
Calabos betrachtete ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. »Darf ich fragen, womit sich der Orden der Magier in der Zwischenzeit die Zeit vertreibt?«
»Wir arbeiten sehr eng mit dem Hohen Lordmarschall und seinen Offizieren zusammen, um diese Bedrohung aus dem Norden abzuwehren«, erwiderte Tangaroth. »Wir werden zuerst zuschlagen, wenn es sein muss.« Tashil war so zornig, dass sie vor Wut beinahe aufgeschrien hätte. Mit den Nördlichen Pilgern konnte er nur ihr eigenes Volk meinen, die Stämme der Mogaun. Sie wusste, dass die wirklichen Eiferer unter den Stämmen nur die fanatischen
Schwurbrüder
waren. Dieser Bund stellte eine verschwindend kleine Gruppe innerhalb der Pilger dar, und die Schwurbrüder konnten kaum eine Armee bilden. Es wäre jedenfalls blanker Wahnsinn, wenn sie einen Angriff gegen eine Stadt wie Sejeend wagen würden …
Sounek fing ihren Blick auf und hob warnend einen Finger. Sie riss sich zusammen, nickte knapp und hörte weiter zu.
»Eine wahrhaft einzigartige Strategie, Erzmagier«, gab Calabos zurück. »Wohlan, seid versichert, dass wir diese … Ermittlungen für Euch durchführen. Allerdings unter der Bedingung, dass unsere Unabhängigkeit so erhalten bleibt wie unter Magramon.«
»So sei es«, sagte Tangaroth. »Bevor Ihr jedoch beginnt, wäre es vielleicht klug, Euren hitzköpfigen Gast aus der Stadt zu schaffen. Wer weiß schon, was ihm alles zustoßen könnte, wenn er weiterhin durch die Straßen streunt.« »Ja, das ist…«
Calabos brach ab, schwankte und umklammerte Halt suchend die Lehne eines Diwans. »Hört ihr auch … diese … Stimme … rufen …?«
Tashil hörte tatsächlich etwas, tief in ihrem Verstand, eine dunkle, grollende Stimme, die unverständliche Silben ausstieß. Erst dann hörte sie das Grollen, das immer lauter und lauter in ihrem Kopf dröhnte. Im nächsten Moment stieß Calabos einen erstickten Schrei aus und sackte auf dem Boden zusammen.
Das Furcht erregende Dröhnen hörte nicht auf, selbst als die anderen Magier Calabos eiligst zu Hilfe kamen. Sie schienen von dem entsetzlichen Geräusch ähnlich gequält zu werden. Die Stimme war mittlerweile so laut, dass Tashil der Kopf zu platzen schien und sich ihre Sinne verwirrten. Sie konnte nichts anderes mehr hören, und schon die wenigen Schritte zu dem reglos daliegenden Calabos zu überwinden, kam ihr wie ein Drahtseilakt über einen gähnenden Abgrund vor.
Schließlich ebbte das Grollen ab, wurde überraschend schnell zu einem Flüstern und verstummte schließlich ganz. Die
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