03 - Schatten Krieger
Halle warteten noch drei weitere Wachen und der alte Enklar. Der kahlköpfige Leibdiener sah mit einem Blick, wie nass und durchfroren sie waren, und bedeutete ihnen, ihm zu folgen.
»Im Großen Salon brennt ein Kaminfeuer, Mylady«, sagte er. »Ihr solltet Euch beide aufwärmen.« »Danke, Enklar. Das ist mein Bruder Atemor.«
Der alte Diener sah sich lächelnd um und neigte den Kopf. »Es ist mir eine Ehre junger Herr.« Atemor erwiderte seinen Gruß nur mit einem grimmigen Nicken.
»Enklar, sind Calabos und Dardan noch unterwegs?«
»Allerdings, Mylady. Die beiden sind kurz nach Euch weggegangen.«
»Haben sie vielleicht angedeutet, wann sie zurückkehren?«
»Nein, Mylady. Meister Calabos hat sich jedoch kalten Braten einpacken lassen, bevor sie gegangen sind. Anscheinend haben sie sich auf eine längere Reise vorbereitet.«
Im Salon war es hell und behaglich warm. Und es wartete schon jemand auf sie, ein kleiner Mann in einer staubigen Mönchskutte. Enklar stellte ihn als Bruder Graas vor und deutete auf einen Beistelltisch, auf dem Krüge mit Bier und Wasser nebst Bechern standen, bevor er hinausging. Tashil half ihrem Bruder aus seinem feuchten Umhang, den sie zusammen mit ihrem Mantel über einen Holzrahmen neben den Kamin hängte. Während sie das tat, stellte sie sich und Atemor Bruder Graas vor und fragte ihn, welchem Orden er angehörte. »Ich gehöre zum Heilerkapitel der Erden-Mutter, Mylady«, antwortete er. »Ich überbringe Herrn Calabos eine Nachricht von Bischof Waldemar von Hekanseh, die nur für seine Ohren bestimmt ist.« Er machte eine Pause. »Verzeiht meine Neugier, Mylady, aber wisst Ihr vielleicht etwas über das Feuer im Palast?«
Sie sah ihn verblüfft an. »Was für ein Feuer?«
Bruder Graas sah sie beinahe entschuldigend an. »Als ich mich Sejeend aus dem Norden näherte, nicht lange, bevor Ihr hierher gekommen seid, habe ich zufällig einige Worte mit einem Kräuterhändler gewechselt, der nach Adranoth wollte. Er erzählte mir, dass die Gestalter-Jünger den Palast in Brand gesteckt hätten. Alle, die sich im Tagfried aufhielten, seien verbrannt, einschließlich der Fanatiker selbst…«
Tashil schüttelte entsetzt den Kopf. »Das wusste ich nicht, und mir ist auch nichts aufgefallen. Ich war auf andere Dinge konzentriert…«Dann erinnerte sie sich an die Audienz, die auf Ilgarions Geheiß einberufen worden war.
Ayoni muss jetzt dort sein … Es sei denn, sie ist verletzt… Nein, wir wüssten es, wenn ihr etwas zugestoßen wäre …
Sie sah ihren Bruder an, aber der saß nur da und starrte in das Feuer. Wie schnell ihr gewohntes Leben aus den Fugen geraten war. Sie konnte nur hoffen, dass Calabos wusste, wie er diese finstere Wesenheit austreiben konnte, die sich in Atemors Seele eingenistet hatte, ohne ihn dabei zu zerstören. Sie hatte einiges über Austreibungsriten gelesen, und dieses Wissen machte ihr Angst. Sie kannte die Schäden, unter denen diejenigen litten, die eine solche Behandlung über sich ergehen lassen mussten.
Wenn Enklar Recht behielt, würde Calabos allerdings erst in einigen Stunden zurückkommen. Andererseits war es möglich, dass er umkehrte, wenn er von dem Feuer im Palast erfuhr…
Sie seufzte und trat an den Beistelltisch. Das Bier sah einladend aus, aber sie entschied sich stattdessen für Wasser, von dem das delikate Aroma von Imilblüten aufstieg. Bruder Graas hielt bereits einen Becher in der Hand, also füllte sie zwei Becher und reichte einen Atemor. In diesem Moment hörte sie, wie im Flur eine Tür geöffnet wurde. Schritte und leise Stimmen näherten sich, aber sie gehörten Sounek und Inryk, nicht Calabos und Dardan. Die beiden wirkten mitgenommen und angespannt, als sie den Salon betraten. Während Inryk sich einen großen Becher Bier genehmigte, ließ sich Sounek auf einen gepolsterten Stuhl fallen. Er sah vollkommen erschöpft aus.
»Calabos?«, fragte er heiser.
»Irgendwo in der Stadt«, antwortete Tashil. »Ich habe weder von ihm noch von Ayoni etwas gehört.« »Ihr wisst von dem Feuer?«, erkundigte sich Inryk. Er hatte den Becher Bier in einem Zug geleert und schenkte sich bereits nach. »Auf unserem Weg hierher sind wir an einigen Aussichtspunkten vorbeigekommen. Ich konnte mit meinem Sichtglas einiges erkennen. Der Tagfried ist nur noch ein Haufen qualmender Schutt. Es stehen nur noch einige von Ruß geschwärzte Grundmauern.« Er hielt inne, runzelte die Stirn und sah Atemor an, der unbeteiligt zuhörte.
»Das ist mein
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