03 - Sinnliche Versuchung
sonderbaren Ausdruck im
Gesicht, als er sich zu ihr vorbeugte. »Es schadet nicht, wenn Sie wissen, dass
wir uns mitten im Wald befinden, fernab jeder menschlichen Behausung. Doch
nein, ich werde Ihnen nicht sagen, wo wir sind. Sie können so laut schreien,
wie Sie wollen, es wird Ihnen nichts nützen. Keiner wird Sie hören.« Dann fuhr
er ihr mit dem Finger die Nase entlang. »Und jetzt adieu, mein kleines
Kätzchen.«
Sie schlug ihm die
Hand weg. »Hören Sie auf, mich so zu nennen!«
Mit hocherhobenem
Haupt ging er auf die Tür zu. Sie hatte erwartet, dass dieser arrogante Laffe
hinausstolzieren wollte! Julianna war noch nicht fertig. »Seien Sie nicht
überrascht, wenn Sie mich bei Ihrer Rückkehr nicht vorfinden!«, trumpfte sie
auf.
Das ließ ihn
unvermittelt stehen bleiben. Langsam drehte er sich um und hob gelangweilt die
Brauen. »Vielleicht hat der Schlag auf den Hinterkopf Ihr Gehör geschädigt. Ich
wiederhole: Es gibt keine Fluchtmöglichkeit für Sie. Ich fessele Sie nur ungern
an Händen und Füßen, um Ihnen zu zeigen, dass ich es ernst meine.«
»Das würden Sie
niemals wagen!«, fauchte Julianna hochmütig.
Sein Lächeln
erstarb. »Meinen Sie? Sie werden diese Hütte nicht verlassen, Kätzchen. Und
dafür ist mir jedes Mittel recht. Je eher Sie sich dieser Tatsache fügen,
desto besser für Sie. Der Geduld eines Mannes sind Grenzen gesetzt -jedenfalls
gilt das für mich -, wenn Sie klug sind, fordern Sie mich nicht heraus.
Stellen Sie mich nicht auf die Probe, Sie könnten es bereuen.«
Er hatte diese unmissverständliche
Drohung in einem sachlichen Ton ausgesprochen, kehrte ihr den Rücken zu und
ging zur Tür hinaus. Als Nächstes hörte sie, wie sich ein Schlüssel quietschend
im Schloss drehte.
Julianna schnappte
nach Luft und sackte wie ein Häuflein Elend an der Wand zusammen. Sie schmeckte
den bitteren Geschmack der Furcht in ihrem Mund.
Hatte er mit ihr
noch Schlimmeres vor? Vergewaltigung? Mord? Gnädiger Gott, war ihr Leben in Gefahr?
Oh, wenn sie es nur
wüsste! Auch wenn sie ihm die Stirn bot, jagte er ihr trotz seiner Spötteleien
Angst ein.
Er hatte ihr seinen
Standpunkt klargemacht ... sehr klar.
Es war eine
unumstößliche Wahrheit. Sie war einem unberechenbaren Räuber auf Gedeih und
Verderb ausgeliefert. Einem Wegelagerer. Der Elster, die, soviel sie wusste,
auch nicht vor einem Mord zurückschreckte.
Drittes Kapitel
Dane hatte nicht
gelogen. Miss Julianna Clare hatte eine Zeit lang das Bewusstsein verloren, so
dass er fürchtete, sie würde nie mehr aufwachen. Er war heilfroh, dass sie
nicht ernsthaft verletzt war. Obwohl sie äußerlich zart wirkte, schien sie
recht widerstandsfähig zu sein, außerdem war sie einigermaßen hübsch.
Vorsichtig
betastete er sein Auge. Die Haut war geschwollen und aufgeplatzt. Verdammt, das
Frauenzimmer hatte ihn blutig geschlagen! Das verblüffte und verärgerte ihn,
verlangte ihm aber zugleich eine gewisse Bewunderung ab.
Trotzdem verzog er
das Gesicht, als er nach Parzival pfiff. Wen hielt er zum Narren? Nur sich
selbst, wie es schien. Die Kleine war hübsch, mehr als hübsch.
Sie war eine
Schönheit und brachte sein Blut in Wallung wie lange nicht mehr. Er hatte sie
beobachtet, während sie schlief. Das Morgenlicht schien durch das Fenster und
ließ das Haar auf dem Kissen golden aufleuchten. Es kostete ihn eine gehörige
Portion Selbstüberwindung, um an diesem Morgen aus dem Bett zu steigen.
Während er Parzival
sattelte, sinnierte er weiter. Die schöne Julianna war wohlerzogen, stammte aus
gutem Hause, war gepflegt und gebildet. Ihre Kleidung kam aus den besten
Häusern der Bond Street, und Dane glaubte nicht, dass er sich in diesem Punkt
täuschte. Jedenfalls war die Lady kein flatterhaftes junges Ding. Ja, richtig,
sie war ja bereits über die erste Blüte der Jugend hinaus. Wenn er raten
müsste, würde er auf sechsundzwanzig, siebenundzwanzig tippen.
Aber sie war
unerfahren. Unberührt, was Männer anging. Darauf würde Dane sein Leben wetten.
Und diese
Gewissheit erregte ihn.
Er schwang sich auf
Parzival und blickte zur Jagdhütte zurück; sie war im Besitz seiner Familie,
wurde aber neuerdings für andere Zwecke genutzt ... Oh, von ganzen Herzen
wünschte er, Miss Julianna Clare würde ein hässliches, nichtssagendes Wesen
sein, dessen Schönheit verwelkt war. Er sah sie vom Bett aufspringen -
direkt in seine Arme -, als sie Maximilian unter der Bettdecke entdeckte.
Ein beunruhigendes Gefühl gestand er sich
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