03 - Tod im Skriptorium
Ratsversammlung, die der Großkönig einberufen hat. Meine Späher sahen, wie du verfolgt wurdest, und wir schritten ein. Aber wo ist Cass? Ich gab ihm den Auftrag, dich zu beschützen.«
»Cass ist dahinten im Wald in einer Holzfällerhütte«, antwortete Fidelma besorgt. »Er wollte versuchen, unsere Angreifer aufzuhalten, während ich entkam und Hilfe aus Ros Ailithir holen wollte. Wir müssen sofort zu ihm. Er kämpfte mit Intat.« Sie zeigte auf den Körper, der nun im flachen Wasser lag. »Wir müssen uns beeilen, denn er könnte verwundet sein.«
Colgús Gesicht wurde ernst.
»Gut. Unterwegs mußt du mir erklären, was sich hier abspielt. Wer ist … wer war dieser Intat?«
Einer von Colgús Männern hatte Intats Körper aus dem Fluß gezogen und beugte sich über ihn.
»Der Mann lebt noch, Mylord«, rief der Krieger. »Aber wohl nicht mehr lange.«
Fidelma ging zu dem schlammigen Ufer, wo der Krieger nun Intats Kopf und Schultern hielt. Sie hockte sich neben ihm hin und nahm den Kopf in beide Hände.
»Intat!« rief sie laut. »Intat!«
Die dunklen Augen des Mannes öffneten sich, doch sie zeigten kein Erkennen.
»Du stirbst, Intat. Willst du in Sünde sterben?«
Er antwortete nicht.
»Wer hat dir befohlen, die Kinder hinzuschlachten?«
Er gab keine Antwort.
»War es Salbach? Gab er den Befehl?«
Sie sah, wie seine Lippen sich bewegten, und beugte sich vor, um seine letzten Worte hören zu können.
»Ich … ich treffe … treffe dich … in der … Hölle !«
Sein Körper zuckte plötzlich krampfhaft und lag dann still. Colgús Krieger zog die Achseln hoch und schaute Fidelma an.
»Tot«, sagte er lakonisch.
Fidelma erhob sich. Ihr Bruder reichte ihr die Hand und half ihr die Uferböschung hinauf.
»Weshalb hast du ihn nach Salbach gefragt?« erkundigte er sich neugierig. »Was geht hier vor?«
»Intat war einer von Salbachs Gefolgsleuten.«
»War Salbach für das hier verantwortlich?«
Fidelma wies auf den gefangenen Gefolgsmann Intats.
»Laß ihn von deinen Leuten verhören. Ich bin sicher, daß er Salbach in dieser Angelegenheit belasten wird. Wir müssen jetzt schnellstens Cass suchen.«
Colgú ließ sich von einem seiner Männer einen trockenen Mantel geben und legte ihn Fidelma um die Schultern. Sie zitterte vor Kälte und Nässe und wohl auch vor nervlicher Erschöpfung. Colgú half ihr aufs Pferd und erteilte Befehle. Als alle aufgesessen waren, überschritten Colgú und seine Leibgarde mit ihrem Gefangenen den Fluß auf der Furt. Sie folgten dem Weg in den Wald nördlich von Cuan Dóir. Unterwegs erklärte Fidelma ihrem Bruder, was vorgefallen war.
»Und wie hängt das alles mit dem Mord an Dacán zusammen?« wollte Fidelmas Bruder wissen.
»Im einzelnen ist mir das noch nicht klar, doch du kannst mir glauben, daß da eine Verbindung besteht. Und das werde ich auch vor der Ratsversammlung des Großkönigs so darlegen.«
»Du weißt, daß die Versammlung in den nächsten Tagen zusammentritt? Wahrscheinlich sobald wir in Ros Ailithir eintreffen. Ich habe gehört, daß der Großkönig schon dort ist und daß die Schiffe Fianamails von Laigin vor der Küste gesichtet wurden.«
»Brocc hat mich schon darauf vorbereitet«, bestätigte Fidelma.
Colgú sah alles andere als glücklich aus.
»Wenn du darlegst, daß Salbach an dem Mord an Dacán beteiligt war oder dafür die Verantwortung trägt, dann können wir auch gleich sagen, daß Laigins Forderung an uns nach einem Sühnepreis gerechtfertigt ist. Salbach ist ein Fürst von Muman und untersteht Cashel.«
»Vorläufig sage ich noch gar nichts, Bruder«, erwi derte Fidelma entschieden. »Ich will die Wahrheit he rausbekommen, wie immer sie auch aussieht.«
Sie erreichten die Holzfällerhütte. Intats zweiter Gefolgsmann lag noch bewußtlos unter den Trümmern des Holzfasses, gegen das ihn Fidelma geschleudert hatte. Er kam gerade langsam zu sich.
Cass’ Pferd stand nach wie vor angebunden vor der Hütte, wie Fidelma voller Angst feststellte.
Zwei Männer aus Colgús Leibgarde saßen sofort ab und liefen mit gezogenen Schwertern in die Hütte.
Einer von ihnen kam schon einen Augenblick später mit düsterer Miene wieder heraus.
Fidelma wußte, was das Miene zu bedeuten hatte.
Sie glitt vom Pferd und eilte hinein.
Cass lag auf dem Rücken. Ein Pfeil steckte in seinem Herzen und einer in seinem Hals. Seine Angreifer hatten ihm nicht einmal die Ehre gewährt, sich wie ein Krieger zu verteidigen. Er hatte nur sein Schwert,
Weitere Kostenlose Bücher