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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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übergab der Abt die Angelegenheit Bruder Rumann. Als Verwalter der Abtei war es seine Aufgabe, die näheren Umstände des Todes herauszufinden.«
    »Eine Frage: Du sagtest, der Abt ließ Bruder Tóla, den Unterarzt, holen? Warum ließ er nicht den leitenden Arzt kommen? Schließlich war der Ehrwürdige Dacán ein Mann von hohem Rang.«
    »Das stimmt. Aber unser leitender Arzt, Bruder Midach, war zu der Zeit nicht in der Abtei.«
    »Du sagtest, Dacán habe zwei Monate hier gewohnt«, bemerkte Fidelma. »Wie gut kanntest du ihn?«
    Bruder Conghus zog die Brauen empor.
    »Wie gut? Der Ehrwürdige Dacán war kein Mensch, den man gut kennenlernt. Er war zurückhaltend, sogar abweisend, wenn du so willst. Ihm ging der Ruf großer Frömmigkeit und Gelehrsamkeit voraus. Aber er war von schroffem Wesen und reizbarer Art. Er hatte feste Gewohnheiten – das habe ich schon gesagt – und verbrachte seine Zeit nie mit bloßem Geschwätz. Wenn er sein Zimmer verließ, dann nur zu einem bestimmten Zweck, und er blieb nie stehen, um Höflichkeiten auszutauschen oder ein Stündchen zu verplaudern.«
    »Du zeichnest ein sehr klares Bild, Bruder Conghus«, meinte Fidelma.
    Conghus nahm das als ein Kompliment.
    »Als Torhüter ist es meine Aufgabe, Menschen einzuschätzen und ihr Verhalten zu beobachten.«
    »Wie sah Dacán aus?«
    »Er war weit über sechzig, groß, hielt sich gerade, trotz seines Alters. Er war hager, als bekäme er zu wenig zu essen. Er hatte langes weißes Haar, dunkle Augen und eine gelbliche Haut. Das einzige Auffallende war seine Knollennase. Er machte meistens ein grämliches Gesicht.«
    »Wie ich hörte, kam er zum Studium hierher. Weißt du Genaueres?«
    Bruder Conghus schob seine Unterlippe vor.
    »Danach müßtest du dich bei der Bibliothekarin der Abtei erkundigen.«
    »Und wie heißt sie?«
    »Schwester Grella.«
    »Ich hörte, der Ehrwürdige Dacán gab auch Unterricht«, sagte Fidelma. »Weißt du, was er unterrichtete?«
    Conghus zuckte die Achseln.
    »Er gab Geschichte, glaube ich. Danach fragst du am besten Bruder Ségán, unseren Rektor.«
    »Da ist noch etwas, was ich nicht verstehe«, fuhr Fidelma fort. »Du nanntest Dacán abweisend. Dieses Wort hast du doch gebraucht?«
    Conghus nickte bestätigend.
    »Das ist ein interessantes Wort, sehr bildhaft«, fuhr sie fort. »Trotzdem stand er im Ruf, von den Leuten geliebt zu werden. Im allgemeinen gilt ein Mann, der verschlossen und streng ist und sich von allen fernhält, und das besagt doch wohl das Wort abweisend, nicht als besonders liebenswert.«
    »Jeder sagt es so, wie er es sieht, Schwester«, erklärte Conghus. »Vielleicht war sein Ruf, der sicherlich von Laigin ausging, nicht gerechtfertigt?«
    »Wenn das so ist, warum warst du dann so besorgt, als Dacán bei einer einzigen Mahlzeit fehlte? Wenn er nicht liebenswert war, wäre es doch menschlich, zu sagen, warum sollte ich nach so einem Mann sehen? Warum bist du auf die Suche nach dem Ehrwürdigen Dacán gegangen?«
    Conghus schien die Sache unangenehm zu sein.
    »Ich bin nicht sicher, ob ich deinem Gedankengang folgen kann, Schwester«, erwiderte er steif.
    »Er ist ganz einfach«, erläuterte ihm Fidelma. »Du scheinst übermäßig besorgt gewesen zu sein, nur weil ein Mann, der dir nicht einmal besonders sympathisch war, sein Frühmahl versäumte, und machtest dir die Mühe, ihn zu suchen. Kannst du mir das erklären?«
    Der Torhüter starrte sie einen Augenblick an und gab sich dann einen Ruck.
    »Eine Woche vor Dacáns Tod rief mich der Abt zu sich und wies mich an, besonders auf Dacán zu achten. Deshalb ging ich zu seinem Zimmer, als er nicht zu seiner Mahlzeit erschienen war.«
    Nun war es an Fidelma, überrascht zu sein.
    »Hat dir der Abt erklärt, warum du besonders auf Dacán achten solltest?« fragte sie. »Fürchtete er, dem Ehrwürdigen Dacán könnte etwas zustoßen?«
    Conghus antwortete mit einer gleichgültigen Geste.
    »Ich bin hier nur der aistreóir , Schwester. Ich bin Torhüter und Glockenläuter. Wenn mir mein Abt etwas befiehlt, dann tue ich es, sofern es nicht den Gesetzen Gottes und der Brehons widerspricht. Ich frage meinen Abt nicht, warum er etwas anordnet, solange es anderen nicht schadet. Es ist meine Pflicht, zu gehorchen, und nicht, Fragen zu stellen.«
    Fidelma sah ihn nachdenklich an.
    »Das ist eine interessante Philosophie, Conghus. Darüber sollten wir einmal in Ruhe miteinander reden. Aber eins möchte ich deutlich festhalten. Es war nur eine Woche

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