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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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des Todes und der menschlichen Tragödie gelehrt, das Leben so intensiv wie möglich zu genießen, solange man noch am Leben und bei leidlicher Gesundheit war.
    »Es sind nur wenige Fragen, die ich dir stellen möchte, Tóla«, begann Fidelma, nachdem sie ein paar höfliche Worte gewechselt hatten. Sie standen noch vor der Tür des Zimmers, das Dacán bewohnt hatte.
    »Ich tue, was ich kann, Schwester«, sagte Tóla lächelnd. »Ich fürchte, es wird nicht viel sein, aber stell nur deine Fragen.«
    »Ich habe gehört, daß kurz nachdem Bruder Conghus die Leiche des Ehrwürdigen Dacán gefunden hatte, Abt Brocc dich holen ließ, damit du sie untersuchst?«
    »Das stimmt.«
    »Du bist der Unterarzt der Abtei?«
    »Richtig. Bruder Midach ist unser leitender Arzt.«
    »Entschuldige, aber warum ließ der Abt dich holen und nicht Bruder Midach?«
    Fidelma hatte die Antwort schon gehört, wollte aber sichergehen.
    »Bruder Midach war nicht in der Abtei. Er hatte am Abend zuvor eine Reise angetreten und kehrte erst sechs Tage später zurück. Wir Ärzte werden oft in den Nachbardörfern gebraucht.«
    »Nun gut. Kannst du mir genau beschreiben, was vorgefallen ist?«
    »Natürlich. Es war kurz nach der Terz, und Bruder Martan, unser Apotheker, hatte gerade bemerkt, daß die Glocke nicht zur Stunde geläutet hatte …«
    Das interessierte Fidelma.
    »Die Glocke hatte nicht geläutet? Woher wußte der Apotheker dann, daß die Terz bereits vorbei war?«
    Tóla grinste.
    »Da gibt’s kein Geheimnis. Martan ist nicht nur Apotheker, sondern interessiert sich auch für Zeitmessung. Wir haben hier bei uns eine Wasseruhr; den Entwurf dafür hat einer unserer Brüder vor vielen Jahren von einer Pilgerfahrt ins Heilige Land mitgebracht. Eine Wasseruhr ist …«
    Fidelma hob die Hand und unterbrach ihn.
    »Ich weiß, was das ist. Also sah der Apotheker auf der Wasseruhr nach …?«
    »Nein. Martan vergleicht häufig den Stand der Wasseruhr mit einem noch älteren Meßinstrument in seiner Apotheke. Es ist altmodisch, aber es funktioniert. Es ist ein Mechanismus, bei dem Sand von einem Teil in einen anderen rinnt, und der Sand ist so bemessen, daß er in einer bestimmten Zeit durchläuft.«
    »Ein Stundenglas?« fragte Cass. »So etwas habe ich schon gesehen.«
    »Es funktioniert auf derselben Basis«, stimmte Bruder Tóla beiläufig zu. »Martans Meßinstrument wurde vor fünfzig Jahren von einem Handwerker dieser Abtei gebaut. Es ist größer als ein Stundenglas, und der Sand ist erst nach einem cadar vollständig von einem Behälter in den anderen gerieselt.«
    Fidelma hob erstaunt die Brauen. Ein cadar war ein Viertel eines Tages.
    »Dieses wunderbare Gerät würde ich gern einmal sehen«, gestand sie. »Aber erzähle weiter.«
    »Bruder Martan hatte mir also gerade gesagt, daß es schon über die Zeit für die Terz hinaus war, da ließ mich Abt Brocc rufen. Ich ging in sein Zimmer und erfuhr, daß der Ehrwürdige Dacán tot aufgefunden worden war. Brocc wollte, daß ich die Leiche untersuchte.«
    »Hattest du Dacán gekannt?«
    Tóla nickte nachdenklich.
    »Wir sind hier eine große Gemeinschaft, Schwester, aber nicht so groß, daß ein Mann von herausragenden Fähigkeiten unter uns unbemerkt bliebe.«
    »Ich meine, hattest du persönlichen Kontakt zu ihm?«
    »Ich nahm die Mahlzeiten am selben Tisch ein wie er, und wir wechselten ein paar Worte, doch sonst hatte ich wenig mit ihm zu tun. Er war kein Mensch, der zur Freundschaft ermunterte, er war kühl und … na ja, eben kühl und …«
    »Abweisend?« schlug Fidelma vor.
    »Genau«, stimmte Tóla zu.
    »Du gingst also zum Gästehaus«, nahm Fidelma den Faden wieder auf. »Kannst du beschreiben, was du vorfandest?«
    »Sicher. Dacán lag auf dem Bett, und zwar auf dem Rücken. Seine Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden und die Füße an den Knöcheln. Er hatte einen Knebel im Mund. Es war Blut auf seiner Brust, und mir war sofort klar, daß es aus mehreren Stichwunden herrühren mußte.«
    »So? Wie viele Stichwunden waren es?«
    »Sieben, obgleich ich das auf den ersten Blick nicht erkennen konnte.«
    »Du sagst, er lag auf dem Rücken? Erinnerst du dich, wo sich seine Decke befand? Hatte man sie über ihn geworfen oder lag er darauf?«
    Von der Frage leicht verwirrt, schüttelte Tóla den Kopf.
    »Er lag voll angekleidet auf der Decke.«
    »War Blut auf die Decke geflossen und hatte sie verfärbt?«
    »Nein. Solche Wunden bluten zwar stark, aber da Dacán auf dem Rücken

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