03 - Winnetou III
dessen Sache dies doch gewesen wäre, antworten werde, erwiderte er schnell:
„Ich weiß es am besten. Soll ich es dir sagen?“
„Sprich!“
Santer erzählte, versäumte aber nicht, sein Verdienst dabei in das hellste Licht zu stellen. Niemand unterbrach ihn. Pida war zu stolz dazu, und mir konnte es höchst gleichgültig sein, ob der Kerl sich lobte oder nicht. Als er zu Ende war, fügte er hinzu:
„Es ist also leicht einzusehen, daß ihr es mir zu verdanken habt, daß ihr euch an ihm rächen könnt. Gibst du das zu?“
„Ja“, nickte der Alte.
„Würdest du mir dafür einen Gefallen erweisen?“
„Wenn ich kann.“
„Du kannst.“
„So sag, was du wünschst!“
„Old Shatterhand hat in seiner Tasche ein sprechendes Papier, welches ich haben möchte.“
„Hat er es dir genommen?“
„Nein.“
„Wem gehört es?“
„Ihm nicht; er hat es gefunden. Ich aber bin nach den Mugworthills geritten, um es zu suchen; leider kam er eher.“
„Es sei dein. Nimm es ihm ab!“
Santer war froh, dieses Resultat erreicht zu haben; er näherte sich mir. Ich sagte nichts, bewegte mich auch nicht sah ihm aber drohend in das Gesicht. Er bekam Angst und zögerte, sich an mir zu vergreifen.
„Ihr habt gehört, was der Häuptling befohlen hat, Sir“, sagte er zu mir.
Diesmal gebrauchte er das Du nicht und nannte mich sogar Sir. Ich antwortete nicht. Darum fügte er noch hinzu:
„Mr. Shatterhand, es ist das Beste für Euch, Euch nicht zu weigern. Ergebt Euch also drein! Ich werde Euch jetzt in die Tasche greifen.“
Er trat noch näher und streckte die Hände aus; da stieß ich ihm die meinigen, obgleich sie zusammengebunden waren, indem ich sie zu einer Doppelfaust zusammenlegte, unter das Kinn, so daß er hintenüber und zur Erde flog.
„Uff.“ riefen einige Rote wohlgefällig.
Tangua aber war anderer Ansicht denn er rief zornig aus:
„Dieser Hund wehrt sich, obgleich er gefesselt ist! Bindet ihn so, daß er sich nicht bewegen kann, und nehmt ihm dann das sprechende Papier aus der Tasche!“
Da endlich ergriff sein Sohn Pida zum ersten Mal das Wort, indem er zu ihm sagte:
„Mein Vater, der große Häuptling der Kiowas, ist weise und gerecht; er wird auf die Stimme seines Sohnes hören.“
Während der Alte bis jetzt wie abwesend, wie in einem Zustand der Entrücktheit gesprochen hatte, wurde sein Auge jetzt klarer; er sah Pida hell an, und auch seine Stimme war eine andere, nicht mehr so dumpf, als er antwortete:
„Warum spricht mein Sohn diese Worte? Ist das Unrecht, was das Bleichgesicht Santer gefordert hat?“
„Ja.“
„Warum?“
„Nicht Santer hat Old Shatterhand besiegt, sondern wir haben dies getan. Old Shatterhand hat auf alle Gegenwehr verzichtet und keinen von uns verletzt, sondern sich mir freiwillig übergeben. Wessen Gefangener ist er da?“
„Der deinige.“
„Wem gehören also sein Pferd, seine Waffen und alles, was er bei sich trug?“
„Dir.“
„Ja, mir. Ich habe eine große, eine wertvolle Beute gemacht. Wie kann da dieser Santer das sprechende Papier für sich verlangen?“
„Weil es ihm gehört.“
„Kann er das beweisen?“
„Ja. Er ist nach den Mugworthills geritten, um es zu suchen, Old Shatterhand aber kam ihm zuvor.“
„Wenn er es gesucht hat, muß er es gekannt haben, muß also wissen, was es enthält. Mein Vater mag sagen, ob das richtig ist oder nicht!“
„Es ist richtig.“
„So soll Santer uns jetzt sagen, welche Worte das Papier zu sprechen hat.“
„Ja, das mag er tun. Wenn er es kann, so kennt er es, und es ist sein.“
Diese an Santer gerichtete Aufforderung brachte ihn in nicht geringe Verlegenheit. Er konnte sich freilich denken, daß sich der Inhalt der Blätter auf das am Nugget-tsil versteckt gewesene Gold bezog; aber wenn er das behauptete, und es stellte sich dann etwas anderes heraus, so hatte er gelogen. Und wenn es wirklich so war, durfte er es sagen? Es mußte ihm ja daran liegen, womöglich alleiniger Besitzer des Geheimnisses zu bleiben. Darum versuchte er es mit der Ausrede:
„Was das sprechende Papier enthält, ist für keinen anderen Menschen von Wichtigkeit, als nur für mich allein. Daß es mir gehört, habe ich dadurch bewiesen, daß ich allein seinetwegen nach den Mugworthills geritten bin. Daß Old Shatterhand es vor mir fand, ist nur ein Zufall gewesen.“
„Das war klug gesprochen“, erklärte Tangua. „Santer soll das sprechende Papier bekommen; es ist sein Eigentum.“
Da war es für mich
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