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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich sorgte dabei dafür, daß die drei Weißen die Zeilen zwar zu sehen, doch nicht zu lesen bekamen. Sie erklärten, daß sie mit Tinte geschrieben sind, und Tangua und Pida stimmten, obgleich sie nicht viel davon verstanden, dieser Meinung bei.
    „Ihr Dummköpfe!“ fuhr Santer Gates an. „Hätte ich mich doch niemals mit euch abgegeben! Ihr wißt ja nicht einmal, was Tinte und was Bleistift ist!“
    „Na, so dumm, wie Ihr da sagt, sind wir doch noch nicht“, entgegnete Gates. „Es war Tinte und wird Tinte bleiben.“
    „Ja, und ihr steckt drin in dieser Tinte und werdet nicht so leicht herauskommen!“
    Ihm zu sagen, daß sie hätten lügen sollen, das wagte er freilich nicht. Nun wendete sich Pida, indem er die Zettel wieder in die Lederumschläge steckte, an seinen Vater:
    „Old Shatterhand hat seinen Gegner überwunden. Mein Vater wird jetzt wissen, ob Santer ein Recht auf diese Papiere besitzt.“
    „Sie waren nicht sein, sondern sie gehörten Old Shatterhand“, antwortete der Alte.
    „Also sind sie nun mein Eigentum, denn Old Shatterhand ist mein Gefangener. Da sich zwei Männer um sie streiten, müssen sie sehr wichtig sein. Ich werde sie gut aufbewahren in meiner Medizin.“
    Er steckte sie ein. Das war mir höchst fatal und doch auch wieder lieb. Fatal, weil die Papiere in meinem Interesse doch am besten bei mir selbst aufgehoben waren. Wie sollte ich zu ihnen kommen, im Falle mir die Flucht gelang? Und doch auch lieb, denn ich traute Santer nicht. Im Falle ich sie hätte behalten dürfen, wäre er sehr wahrscheinlich auf den Gedanken gekommen, sie mir zu nehmen, wenn nicht während des Schlafes, dann mit Anwendung von Gewalt; ich war ja gefesselt und konnte mich nicht nachhaltig genug wehren. Da war es doch vielleicht besser, wenn die Blätter sich im Besitz des jungen Häuptlings befanden, an dem er sich nicht vergreifen durfte. Er sagte zu diesem, und zwar in einem Ton, als ob er nun nichts mehr von ihnen wissen wollte und gänzlich auf sie verzichte:
    „Ja, behalte sie! Sie werden dir nichts nützen, denn du kannst sie ja doch nicht lesen. Ich hätte sie zwar gern gehabt, denn sie sind mir wirklich wichtig, kann sie aber doch entbehren, weil ich ihren Inhalt vollständig kenne. Kommt, Mesch'schurs! Wir haben hier nichts mehr zu suchen und wollen sehen, wo wir ein Unterkommen finden.“
    Er entfernte sich mit Gates, Clay und Summer, und es fiel niemanden ein, sie zurückzuhalten. Das mit den Papieren war entschieden, und ich erwartete, daß man sich nun mit meiner Person beschäftigen werde. Es kam auch so, doch vorher fragte der Alte seinen Sohn:
    „Old Shatterhand hatte die sprechenden Zettel noch bei sich. Habt ihr ihm die Taschen denn nicht leer gemacht?“
    „Nein“, antwortete Pida. „Er ist ein großer Krieger; wir werden ihn zwar töten, aber seinen Namen und seine Tapferkeit nicht dadurch kränken, daß wir ihm in die Taschen greifen. Wir haben seine Waffen; das ist genug; alles andere wird er mir doch hinterlassen, wenn er gestorben ist.“
    Ich erwartete, daß der Alte nicht damit einverstanden sei, irrte mich da aber, denn er warf einen stolzen, wohlgefälligen, ja fast liebevollen Blick auf seinen Sohn und sagte:
    „Pida, der junge Häuptling der Kiowas ist ein edler Krieger; er schont selbst seine ärgsten Feinde; er tötet sie zwar, aber er beschimpft und entehrt sie nicht. Sein Name wird noch größer und berühmter werden als derjenige von Winnetou, dem Hund der Apachen. Zum Lohn dafür will ich ihm erlauben, sein Messer in das Herz Old Shatterhands zu senken, wenn dieser so gemartert ist, daß ihm das Leben fliehen will. Pida soll den Ruhm haben, von sich sagen zu können, daß das größte, gefährlichste und berühmteste der Bleichgesichter von seiner Hand gestorben ist. Jetzt hole man die Alten herbei! Wir wollen beraten, wann und wie dieser bissige weiße Hund sein Leben herzugeben hat. Er mag inzwischen an dem Baum des Todes hängen.“
    Was das für ein Baum war, das sollte ich sogleich sehen und erfahren. Ich wurde zu einer unten vielleicht zwei Fuß starken Kiefer geschafft, um welche rundum Pfähle je zu vieren eingerammt waren, deren Zweck ich erst am Abend kennenlernte. Diese Kiefer hieß der Baum des Todes, weil an ihr diejenigen Gefangenen angebunden wurden, welche dem Martertod geweiht waren. An dem untersten Ast hingen die dazu nötigen Riemen bereit. Ich wurde in der Weise an dem Stamm befestigt, wie einst Winnetou und sein Vater an ihren Bäumen

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