030 - Bei den drei Eichen
Kugel eingeschlagen, und dies hier« - er befühlte den Staub - »ist ein Rest von ungelöschtem Kalk. Schauen wir uns mal ein bißchen um . . . die Mauer macht den Eindruck, als habe sie jemand gebaut, der davon nicht viel verstanden hat!«
Er hob langsam die Lampe, um sie im selben Moment auf den Boden zu schmettern.
Am Eingang flammte es auf. Ein dröhnender Knall . . . Ein neuer Schuß, den Socrates, flach auf dem Boden liegend und nur den Arm ausgestreckt, erwiderte. Er feuerte zweimal, hörte ein Stöhnen und dann stolpernde Schritte.
»Was ist los?« ertönte Mollys Stimme oben auf der Kellertreppe.
»Fort mit Ihnen!« schrie Socrates. »In Ihr Zimmer und abschließen! Los!«
Vorsichtig kroch er bis zur Verbindungstür zwischen den beiden Kellern - eine weise Maßnahme, denn eine Kugel zischte von der Treppe her so dicht an seinem Gesicht vorbei, daß er den Luftzug spürte.
Erst als Steins Schritte im Gang widerhallten, hetzte Socrates die Stufen hinauf, zog seinen Rock aus und schob ihn um die Ecke.
Päng, pfiff eine Kugel hindurch. Stein, auf der halben Treppe zum oberen Stockwerk, beherrschte den Eingang zum Keller.
Doch nun trat eine Ablenkung ein.
Die Haustür wurde geöffnet, und gleich darauf krachten neue Schüsse. Wer auch immer der neue Ankömmling sein mochte - er war dem Kugelregen entgangen, denn Socrates vernahm das Zuknallen der Tür zum Eßzimmer, wohin sich der Unbekannte gerettet hatte.
Nichts war jetzt mehr zu hören als Steins schweres Atemholen, doch das so deutlich, daß Socrates zweimal auf gut Glück feuerte. Die Treppe knarrte . . . Stein mußte den oberen Korridor erreicht haben. Endlich! Socrates rannte zur Diele, die er gleichzeitig mit dem neuen Ankömmling betrat - es war Jetheroe!
Hinaufzustürmen hätte den sicheren Tod bedeutet, da Stein vom Geländer aus jede Stufe beherrschte. Jetzt hörten sie ihn gegen die Tür von Mollys Zimmer hämmern. »Kommen Sie heraus!« brüllte er.
»Gehen Sie dort fort, Sir! Haben Sie denn noch nicht genug Unheil angerichtet. ..?« Das war die Stimme von Mrs. Barn, die sich aus ihrem Zimmer hervorgewagt hatte.
Ein Knall, ein schwerer Plumps . . . Mrs. Barn war als Zeugin in einem Verfahren gegen Stein für immer ausgeschieden. »Kommen Sie heraus!« brüllte der Verbrecher von neuem. Die Zimmertür oben brach - ein angstvoller Schrei . . . Und da flog Lexington, drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Zweimal knallte Steins automatische Pistole, dann war Lex bei ihm . . . Ineinander verschlungen rollten sie die Stufen hinunter, doch ganz plötzlich lösten sich Steins Hände . . .
Socrates riß seinen Bruder auf die Füße und beugte sich über den Sterbenden. Mühsam hob dieser die Lider, sah Socs Gesicht und lächelte. Die Lippen bewegten sich . . .
Und dann vernahm Socrates die letzten Worte des Mannes, der sich in seinem Dämmerzustand vor Gericht glaubte und die Eidesformel wiederholte: »Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen . . .«
Das Murmeln erstarb. Erschöpft drehte Bob Stein den Kopf zur Seite und verschied.
Es war spät nachmittags, als Socrates das Haus verließ, in dessen Diele zwei mit Decken verhüllte Leichen lagen. Das junge Mädchen hatte er unmittelbar nach dem verhängnisvollen Geschehen in Begleitung seines Bruders und Jetheroes nach London geschickt; Frank Weldon lag, da seine Verwundung sich doch als sehr ernst herausgestellt hatte, schon seit Stunden im Krankenhaus.
›Pfuhl im Moor‹ mit seinem Skelett dem Chef der Polizei von Devonshire überlassend, nahm Socrates in Exeter den Schnellzug nach London und sah sich am späten Abend daheim von frohen Gesichtern empfangen.
»Nein, danke, ich habe im Speisewagen gegessen«, wehrte Socrates Smith den alten Septimus freundlich ab, der seinem Herrn unbedingt etwas vorsetzen wollte; dann wandte er sich an Jetheroe: »Sie sind spät gekommen.«
Es war die erste Andeutung, die er über sein Erscheinen im ›Pfuhl in Moor‹ machte.
»Ich mußte mit der Bahn reisen, und die Zugverbindung ist äußerst mangelhaft. Ein Glück, daß die Haustür offenstand!«
»Aber wie in aller Welt sind Sie in den Garten gelangt?« erkundigte sich Socrates.
»Ich bin auf die Mauer geklettert. Der Sprung hinunter war in meinem Alter allerdings ein großes Risiko!« Socrates seufzte.
»Nun ist es vorbei . . .!«
»Tut dir das leid?« fragte Lexington, sein Bruder nickte.
»Ein so interessanter Fall und ging so schnell zu Ende ...! Heute ist der zehnte Juni,
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