030 - Bei den drei Eichen
Mrs. Barn hinter ihm schloß, um dann Hals über Kopf ins Haus zurückzujagen.
»Allmächtiger«, keuchte sie, in Mollys Zimmer stürzend, »das ist Mord! Hätte ich doch nur sein Geld nicht angenommen! Aber ich dachte, es wäre ihm nur um Sie zu tun. Gott verdamm ihn und Sie dazu! Wo ist dieser Kerl nur plötzlich hergekommen?«
»Er ist die ganze Zeit Über im Haus gewesen«, versetzte Molly mit zitternder Stimme.
»O Gott, sicher weiß man in Scotland Yard, daß er sich hier aufhielt! Was soll ich nur machen . . .? Was soll ich nur machen? Miss« - sie griff nach den Händen des jungen Mädchens - »Sie können doch bezeugen, daß ich nichts damit zu schaffen hatte, mit diesem Mord? Ich habe doch bloß auf Sie aufgepaßt. Dafür hat er mir fünfhundert Pfund gegeben, und er hat mir auch noch dieses Haus versprochen. Sie werden für mich eintreten, nicht wahr? Sie werden aussagen, daß ich nicht dabei war, als er den Mann erschoß?«
»Lassen Sie mich allein, Mrs. Barn«, wehrte Molly ab. »Ich muß jetzt nachdenken.«
»Aber Sie treten für mich ein, ja . . .? Jetzt trägt er den anderen fort, und Gott geb's, daß er nicht wiederkommt! Soll ich Ihnen einen Tee machen?«
Je mehr Molly erkannte, daß dieses entsetzliche Weib, das jetzt vor ihr kroch, ein erbärmlicher Feigling war, desto mehr wuchs ihr eigener Mut.
»Vielleicht geben Sie mir erst eine Erklärung für das Skelett im Keller«, sagte sie kühl.
Die Frau torkelte rückwärts bis zur Wand. »Ein Skelett?« »Allerdings. Jemand ist in diesem Haus ermordet worden.« Das war zuviel für Mrs. Barn. Sie rannte in ihr Zimmer und warf sich heulend auf das Bett.
Im Osten begann der Himmel sich grau zu färben, während Molly, unschlüssig über ihre weiteren Schritte, rastlos im Zimmer auf und ab wanderte, und weder das Öffnen des Tores noch das Geräusch von Steins Schlüssel im Schloß der Haustür vernahm.
Ein Weilchen blieb er lauschend am Fuß der Treppe stehen, ehe er seine Taschenlampe anknipste und lautlos - die Schuhe hatte er an der Haustür abgestreift - in den Keller stieg. Hier zog er, ohne dem zusammengebrochenen Mauerwerk oder dem gräßlichen Mann, der dahinter lag, Beachtung zu schenken, zwei automatische Pistolen hervor, die er sorgfältig prüfte.
Bob Stein war nicht geistesgestört. Sein Verstand arbeitete mit ungetrübter Schärfe. Um den Folgen seines ersten Fehltritts zu entgehen, hatte er Verbrechen an Verbrechen gereiht. Eines entstand folgerichtig aus dem anderen, und jetzt galt es den großen Schlag, der alle Spuren verwischen würde.
Frank Weldon lag im Pfuhl, nach dem das Haus seinen Namen trug. Es blieben noch Socrates Smith samt seinem Bruder, das gedungene Weibsbild und - Jetheroe.
Jetheroe würde kommen. Jetheroe, der ihn gewürgt hatte, bis die kraftlosen Finger den Aufenthaltsort Mollys auf das Papier zu kritzeln begannen - bestimmt würde er kommen!
Stein knipste die Taschenlampe aus und setzte sich nieder, um geduldig zu warten.
Auch Socrates würde nach seiner Befreiung aus dem Schrank die Verfolgung aufnehmen und dabei wahrscheinlich danach trachten, mit der Polizei von Ashburton in Verbindung zu treten. Aber alle Telefon- und Telegrafenleitungen nach Ashburton liefen über Exeter . . .
Bob Stein, seinerzeit einer der größten Strategen von Scotland Yard, verstand zu disponieren . . . Drei Tage lang hatte er das Telegrafennetz, das den Westen Englands mit London verbindet, studiert, und auf der Fahrt vom ›Pfuhl im Moor‹, zehn Meilen vor Exeter, hatte er seinen Wagen angehalten; er hatte sich Steigeisen angeschnallt, war einen Telegrafenmast hochgeklettert und hatte in der luftigen Höhe gute Arbeit geleistet. Doch es bestand noch eine weitere Verbindung zwischen Exeter und der Welt in Form einer vierfachen Leitung nach Salisbury - ein Umweg hatte ihn auch von dieser Gefahr befreit. Sechs Stunden, hatte er ausgerechnet, würden die Reparaturen dauern, und er stellte mit Befriedigung fest, daß diese Zeit für seine Pläne ausreichte.
Die drohende Möglichkeit, daß Socrates Smith seine Fahrt in Exeter oder Ashburton unterbrechen würde, um einige Polizeibeamte mitzunehmen, würde wahrscheinlich Lexington aus dem Weg räumen, der keine Minute Verzögerung hinnehmen würde, um Molly zu befreien.
Inzwischen saß Molly am offenen Fenster und hörte anfänglich ungläubig, dann in panischer Furcht das Surren eines Motors. Auch Mrs. Barn hatte es vernommen.
»Er kommt zurück! Er kommt zurück!« Mit
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