0304 - Der Mann, der uns zum Alptraum wurde
uns an. Aber sein Blick war leer, und seine Augen waren tot.
Phil fand den Lichtschalter an der Wand. Eine trübe Deckenleuchte flammte auf. Ich ging zum Fenster und schloss die Vorhänge. Dann wandte ich mich dem Schreibtisch zu.
Die Kugel hatte den alten Mann genau zwischen die Augen getroffen. Ein kleines Kaliber, wahrscheinlich eine 22er Pistole. Nur sehr gute Schützen verwenden derartige Waffen. Denn wenn die Kugel nicht genau das Herz oder eine andere tödliche Stelle trifft, bleibt das Opfer am Leben.
Der Sheriff musste so weit zurückgelehnt in dem bequemen Stuhl gesessen haben, dass er seine Haltung im Sterben nicht verändert hatte. Seine linke Hand lag auf dem Knie, die Rechte war auf der Lehne verkrampft.
»Die Kugel muss ihn völlig unerwartet getroffen haben«, sagte Phil leise und berührte Ackers Hand. »Eiskalt. Seit mindestens zehn Stunden tot.«
Auf dem Schreibtisch lag zwischen allerlei Papierkram ein auf Pappe geklebtes Blatt, dass die Namen und Telefonnummern der Leute enthielt, die zum Sheriffs Office gehörten. Phil benachrichtigte sie telefonisch.
Inzwischen blickte ich mich im Office um. Außer dem Schreibtisch und dem Lehnstuhl gab es nur einen unbequemen Besuchersessel und einen alten Aktenschrank. In der Ecke hinter dem Schrank aber lag ein dünnes Federkissen. Es hatte ungefähr in der Mitte ein Loch, aus dem die Federn gequollen waren.
»Sieh dir das an, Phil«, sagte ich.
Mein Freund, der soeben das letzte Gespräch beendet hatte, trat näher.
»Ein tödlicher Schütze«, meinte er. »Er hat das Kissen vor die Mündung der ohnehin kleinkalibrigen und daher nicht sehr laut knallenden Waffe gehal-36 ten. Auf diese Weise wurde das Geräusch des Schusses so weit verschluckt, dass sicherlich nicht einmal ein zufälliger Passant auf der Straße etwas gehört hätte.«
»Ein genaues Zielen war aber auf diese Weise nicht möglich.«
»Der Mörder hat mehr oder weniger aus der Hüfte geschossen, vielleicht hielt er die Pistole in Brusthöhe. Und es ging blitzschnell. Denn Acker kam nicht mehr zu einer Abwehrreaktion, wie seine Haltung beweist. Trotz der Schnelligkeit und des ungenauen Zielens sitzt die Kugel zwischen den Augen.«
»Selbst wenn Acker noch Gelegenheit gehabt hätte, zur Waffe zu greifen, wäre es nutzlos gewesen, Phil. Denn sein Colt war ihm ja wieder mal aus der Tasche gefallen. Zum letzten Male.«
***
Die Morduntersuchung, die wir mit den Leuten des Sheriffs Office noch in der gleichen Nacht mit aller Energie betrieben, führte zu keinem greifbaren Ergebnis.
Es wimmelte in dem Büroraum von Fingerabdrücken. Nahezu jeder Einwohner von Red Bluff war einmal hier gewesen, hatte die Türklinke berührt, sich auf den Schreibtisch oder gegen die Wand gestützt, im Besuchersessel Platz genommen und seine Prints auf den glatten Holzlehnen zurückgelassen.
Und da der Sheriff - wie wir jetzt erfuhren - nicht verheiratet gewesen war und vom Staubwischen offenbar wenig gehalten hatte, waren alle Fingerabdrücke in schöner Deutlichkeit erhalten geblieben.
Am nächsten Morgen - wir hatten nur zwei Stunden auf den Sesseln in Ackers Wohnzimmer geschlafen - mieteten wir zwei Zimmer im Red-Bluff Hotel, rasierten uns und frühstückten dann auf der kleinen Veranda des Hotels. Sie lag nach Osten, wo die Sonne bereits aufgegangen war. Ihre Strahlen überfluteten die kleine Stadt.
Nach dem Frühstück brachen wir auf, um uns die Blockhütte anzusehen, die einstmals von Bernarr bewohnt worden war.
Ein Mitglied des Sheriff-Büros hatte uns den Weg beschrieben.
In einem Autoverleih besorgten wir uns einen gelandegängigen Jeep. Fuhren dann die Hauptstraße nach Westen und gelangten schließlich an die letzten Häuser des Ortes. Dahinter lagen Felder und Wiesen.
Der Jeep - Phil saß am Steuer - rumpelte über einen Feldweg. Nach etwa einer Meile begann der Wald.
Er war dicht und breitete sich bis hinauf nach Cottonwood über die ganze Breite des Sacramento Valley aus. Als eine ungeheure Waldfläche, durch die sich nur ein einziger US-Highway in ostwestlicher Richtung schlängelte, nämlich der weiter oben im Norden gelegen 2 99ste, der von Redding bis nach Arcata an die pazifische Küste führt.
Das übrige Waldgebiet war stellenweise sehr unwegsam und nur selten von befahrbaren Straßen durchbrochen. Ausgeschwemmte Waldwege dagegen gab es in Mengen.
Nachdem wir eine Meile zwischen hohen Kiefern entlanggeholpert waren, bog rechts ein schmaler Pfad ab. Er schnitt eine Schneise
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