0309 - Die Eismeer-Hexe
direktem Weg zur Treppe. An ihrem Ende sah ich eine Tür.
Ich deutete auch nach vorn. »Führt die Tür zum Pool?«
»Ja.«
»Ist sie abgeschlossen?«
»Sie müßte offen sein.«
Da wurde mir einiges klar. Wenn der lebende Tote den Weg weiter gegangen war, hatte er die Treppe benutzt und hielt sich möglicherweise am oder im Pool auf.
»Wollen Sie damit sagen, Mr. Sinclair, daß die Leiche unter Umständen…?«
»Genau das wird es sein«, erwiderte ich und marschierte auf die Treppe zu.
Kinsey folgte mir langsamer.
Ich hielt meinen Blick nach unten gerichtet, weil ich mich vom Weg der Leiche noch genau überzeugen wollte.
In der Tat entdeckte ich auch auf den Stufen Fußspuren.
Und an der Tür!
Für einen Moment blieb ich stehen. Ich spürte, daß etwas Entscheidendes in der Luft lag, drehte den Kopf und schaute auf den drei Stufen unter mir gespannt wartenden Direktor.
»Bleiben Sie ruhig!« warnte ich ihn. »Was immer auch passieren sollte, behalten Sie die Nerven.«
»Klar, sicher…«
So sicher war das nicht. Wenn er erst einmal einen Zombie gesehen hatte, würde er bestimmt unsicher werden. Ich konnte ihn auch schlecht wegschicken.
Mit der rechten Hand drückte ich die Klinke nach unten und stieß die Tür dann mit dem Fuß auf.
Sie schwang nach innen, und ich schaute in einen gefliesten Gang, in dem rechts und links die Türen der einzelnen Duschkabinen abzweigten.
Von Morg Behan keine Spur.
»Sehen Sie was?« flüsterte Kinsey.
»Nein.«
Das kalte Röhrenlicht erhellte jede einzelne Fliese. Es roch nach Chlor, Seife und Parfüm.
»Links geht es zum Pool!« erklärte Kinsey.
Ich nickte dankend und machte mich auf den Weg. In den Kabinen würde ich später nachschauen.
Ich war natürlich in Bereitschaft und hatte meine rechte Hand auf den Griff der Beretta gelegt. Wenn es nötig erschien, wollte ich die Waffe so rasch wie möglich ziehen.
Der offene Durchgang zum Pool lag auf der linken Seite und direkt am Ende des Gangs. Ich ging hindurch und sah zuerst das Becken. Die grünen Fliesen gaben dem Wasser einen grasigen Schimmer. An der Decke spiegelten sich die Wellen.
Eine kleine fahrbare Bar war ebenso vorhanden wie bequeme Liegestühle an den Längsseiten des Pools.
Diese ersten Blicke waren alle nur sehr kurz und prüfend gewesen.
Länger saugten sich meine Augen an dem Sprungturm fest.
Es existierten zwei Sprungbretter.
Eines in der Höhe von ungefähr eineinhalb Yards, das zweite etwas mehr als doppelt so hoch.
Und auf ihm hockte ein Mann.
Eigentlich ein Toter, denn es war Morg Behan. Über seinen Augen, direkt auf der Stirn, befand sich eine dunkle Öffnung.
Ich wußte Bescheid.
Rakina hatte auch ihn erwischt!
Drei Schritte war ich gegangen, dann blieb ich stehen. Meine Hand lag nach wie vor auf dem Berettagriff. Ich sprach auch kein Wort, sondern schaute den lebenden Toten nur an.
Obwohl die Atmosphäre in einem Hallenpool stets als kühl bezeichnet werden konnte, spürte ich dennoch etwas von dieser Unheimlichkeit, die der lebende Tote abstrahlte. Es war ein böser grauenvoller Hauch, der die Schwimmhalle schwängerte. Auch Kinsey bemerkte ihn, denn er begann hinter mir zu stöhnen.
»Das ist er, verdammt, das ist er!« hörte ich den Direktor flüstern.
»Mein Gott, ich werde noch irre…«
»Reißen Sie sich zusammen!« fuhr ich ihn an. »Und bleiben Sie um Himmels willen da, wo Sie jetzt sind. Nichts auf eigene Faust unternehmen.«
»Und Sie?«
»Ich werde die Sache regem.« Das war nicht so dahergesagt, mit lebenden Leichen hatte ich schließlich meine Erfahrungen gesammelt.
Ich ahnte, daß der Mann noch etwas sagen wollte, er schwieg aber.
Nur sein heftiges Atmen hörte ich.
Der lebende Tote begrüßte mich. Er saß vorn auf dem Sprungbrett, das bereits über dem Wasser stand. Leicht wippte das Brett auf und nieder.
»Hallo, John, hast du mich endlich gefunden?«
»Wie du siehst.«
Er lachte und bog dabei den Kopf zurück. Das Lachen schallte durch die Halle. In dieses Geräusch hinein kam mir die entsetzt klingende Stimme des Direktors sehr leise vor.
»Mein Gott, der redet noch…«
Abrupt stoppte er sein Lachen. Nur das Echo schwang mir entgegen.
»Ja, du hast mich gefunden, Geisterjäger, und so sollte es auch sein. Ich und sie wollten, daß du mich findest, denn du hast ihren Ratschlag nicht befolgt und bist geblieben. Jetzt wirst du die Folgen tragen, John Sinclair.«
Ich blieb zwischen den Liegestühlen und Beckenrand stehen.
»Redest du von
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