0311 - Am Todestag von Isabell
leeren. Dann ging sie hinüber zur Bar für eine neue Auflage.
»Was mit diesem Motley überhaupt los war, weiß ich nicht«, sagte sie über 20 die Schulter. »Freundinnen von mir, die ihn zufällig kannten, behaupteten, er sei ein leichter Vogel gewesen, der sich überhaupt nicht binden wollte. Er sah ja auch recht gut aus, hatte zwar kein Geld, aber einige andere Qualitäten, die einem Mädchen gefallen könnten. Ich fürchte aber, er wusste das, und nutzte es reichlich aus. -Was er an Trixy fand, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Tja, wenn es noch Evelyn, der raffinierte Teufel, gewesen wäre.«
»Und, um von etwas anderem zu reden, wie äußert sich Ihr Bruder über das Hausgespenst, die Weiße Frau?«
»Er tat so, als glaube er daran, aber wenn er darüber sprach, so merkte ich, dass er im Geheimen grinste. Sie kennen Sam noch nicht, Sam gibt vor, an alles Mögliche zu glauben, aber in Wirklichkeit glaubt er nur an sich selbst.«
»Und wie ist es mit Trixy?«
»Trixy war ein Feger, wenigstens, bis sie Motley kennenlernte. Sie hatte alle paar Tage einen anderen Freund, aber neuerdings soll sie ja sehr solide geworden sein.«
»Den Eindruck machte sie auf mich.«
»Da haben Sie den richtigen Eindruck gehabt. Übrigens nehmen Sie sich vor meinem Brüderchen in Acht. Er ist ein ganz heimtückischer Zeitgenosse. Ich kann mir vorstellen, dass er Sie absolut nicht leiden kann. Ihre Anwesenheit könnte seine Pläne und Absichten durchkreuzen.«
»Ich habe schon gemerkt, dass er mich nicht leiden kann«, sagte ich. »Übrigens hat er dabei nicht ganz Unrecht. Die Antipathie ist wechselseitig. Wenn er nicht so groß und breit wäre, hätte ich ihn im Verdacht, er habe gestern Abend Gespenst gespielt.«
»Sam als Gespenst!« Sie fing an zu lachen. »Wenn ich mir den vorstelle, in ein weißes Laken gewickelt. Ich könnte mich krummlachen.«
Ihre Stimme war schwer geworden, und ihre Augen bekamen einen merkwürdigen Ausdruck, dass ich es für das Beste hielt, mich zu verziehen, bevor sie anfing, verrückt zu spielen.
»Seien Sie mir nicht böse, Miss Eve, aber ich muss gehen. Ich danke Ihnen für Ihre Auskünfte. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.«
Sie machte einen vergeblichen Versuch, aufzustehen, blieb sitzen und fragte: »Hat dir’s denn nicht gefallen, Jerry. Warum willst du mich denn schon im Stich lassen?«
»Die Pflicht ruft«, erklärte ich. »Ich muss wirklich weg.«
Sie machte eine Schnute wie ein kleines Mädchen, dem man einen Bonbon weggenommen hat.
»Wie schade, jetzt habe ich geglaubt, ich hätte endlich einmal einen netten, interessanten Mann zur Gesellschaft.«
Ich ließ mich nicht aufhalten, sondern machte, dass ich weiterkam.
***
Im Office traf ich Phil. Er erzählte mir, dass er bei den Hardmans nichts Auffälliges festgestellt habe. Gerade wollten wir den Fall besprechen, als Mr. High nach uns verlangte.
»Was macht Ihr Gespenst?«, fragte er lächelnd.
»Vorläufig macht es sich unsichtbar«, antwortete ich. »Aber ich hoffe, dass wir es in nächster Zeit zu fassen bekommen. Dieser Geist hat nämlich einiges getan, was absolut nicht übernatürlich ist. Und das wird ihm am Ende das Genick brechen.«
»Leider muss ich Sie bitten, diesen Geist vorläufig auf Eis zu legen. Überlassen Sie es der City Police, sich mit ihm zu plagen. Ich habe Wichtigeres für Sie. Vor genau einer halben Stunde wurde ein neuer Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft verübt. Man hat am helllichten Tag den Laden der Firma Lambert Bros, in der Lexington Avenue beraubt. Es ging alles nach dem bereits bekannten Schema vor sich, aber diesmal gab es eine Panne. Der Hausdetektiv hatte aufgepasst, zog seine Waffe undbefahl den beiden Gangstern und der Frau, die Hände hochzunehmen. Die beiden Männer gehorchten, aber die Frau, von der er es am wenigsten erwartet hatte, schoss ihn über den Haufen. Dann flüchteten alle drei unter Mitnahme einer erheblichen Beute in einem blauen Wagen, wahrscheinlich einem Page. Der Hausdetektiv ist tot. Die City Police hat offiziell um unsere Unterstützung gebeten mit der Begründung, es handele sich offenbar um den Überfall einer Bande.«
»Wer von der City Police bearbeitet den Fall?«, fragte Phil.
»Lieutenant Crosswing und die Mordkommission drei. Sie befindet sich noch am Tatort. Am besten wäre es, wenn Sie sofort dorthin fahren.«
»Also dann bye bye Isabell«, meinte Phil.
»Die Juwelenräuber jedenfalls sind keine Gespenster«, sagte Mr. High. »Sie sind
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