0314 - Die schwarze Macht
aufstöhnend und mit abwehrend ausgestreckten Händen zurückweichen. Sein Gesicht war verzerrt, eine Grimasse tödlichen Entsetzens. Die Schwärze breitete sich blitzschnell aus und griff auch nach Nicole. Sie berührte Gryf, der blitzartig zusammenbrach.
Nicole warf sich durch das Trennschott und fuhr es zu. Es schloß sich über die Notauslösung mit der Geschwindigkeit eines herabsausenden Fallbeils zwischen ihr und der Schwärze im Innenteil.
Die beiden Piloten vorn wandten sich um. »Mademoiselle…?«
Doch Nicole achtete nicht auf sie. Sie starrte das Trennschott an wie ein Schlangenbeschwörer die Kobra, als könne sie durch den hypnotischen Blick die von draußen ins Flugzeug eingedrungene Schwärze daran hindern, auch durch diese Wand zu kommen.
Und es sah so aus, als habe sie mit dieser »Beschwörung« Erfolg.
Denn die Schwärze kam nicht.
Langsam ging sie zu den Piloten.
»Was ist passiert, Mademoiselle?« fragte der Chefpilot.
»Kamera«, bat sie. »Monitor. Ich bin mir nicht sicher.«
»Etwas scheint eingedrungen zu sein«, sagte der Copilot. »Ich habe den Instrumenten nach einen Masse-Zuwachs an Bord.«
Nicole schluckte. Sie hatte nicht geahnt, daß man es feststellen konnte. Aber in den Hexenküchen der Möbius-Labors in aller Welt wurden ständig Erfindungen gemacht und Neuentwicklungen kreiert. Eine Supertechnik entstand, von der die wenigsten Menschen etwas ahnten. Und der alte Möbius hatte allen Grund, diese technischen Entwicklungen weitestgehend geheim zu halten. Er war nicht daran interessiert, die wissenschaftlichen Errungenschaften für Waffentechnik ausgewertet zu sehen. Wer Atome spalten kann, muß damit rechnen, daß eine Atombombe gebaut wird. Die Möbius-Wissenschaftler waren von der Rüstungsindustrie und von Staaten als Geldgeber unabhängig.
Aber sobald etwas eingesetzt wird, auch im Geheimen, ist die Möglichkeit des Verrats oder Verlustes gegeben. Deshalb waren die Laserpistolen bereits wieder in der Versenkung verschwunden, ebenso diverse andere Entwicklungen.
Und hier, im ALBATROS, kam wieder einmal eine Neuerung zum Einsatz.
»Massezuwachs um etwa 430 Gramm«, sagte der Copilot heiser.
Nicole preßte die Lippen zusammen. Auf dem Monitorschirm sah sie jetzt die schwarze Wolke im Passagierraum. Die mußte also Zamorras Gewicht plus 430 Gramm schwer sein!
Unfaßbar…
Gryf lag verkrümmt unter dem Schwarzen auf dem Boden. Die Wolke dehnte sich aus, begann das ganze Innere der Kabine mehr und mehr auszufüllen. Aber es kam kein Nachschub mehr durch die »Öffnung«. Das »Tor« schien sich geschlossen zu haben. Der Dhyarra-Kristall schwebte nicht mehr, sondern lag am Boden.
Die ALBATROS hatte den Brennpunkt der Übergänge bereits im gemäßigten Flug wieder verlassen.
»Was ist das?« fragte der Pilot leise.
»Ich weiß es nicht«, sagte Nicole. »Verdammt, es scheint nicht ungefährlich zu sein.« Sie erinnerte sich an Gryfs Worte. Hatte der Druide nicht von Schwärze gesprochen, die seine Para-Fähigkeiten hemmte? Sollte er diese dunkle Wolke gemeint haben? Wahrscheinlich, denn bei der Berührung war er wie vom Blitz gefällt zusammengesunken.
»Wir müssen landen«, sagte Nicole. »Sofort. Egal wie. Gryf ist in Gefahr: Und ich muß…«
Ich muß ihn da herausholen, hatte sie sagen wollen. Aber riskierte sie damit nicht zuviel? Würde das Schwarze sie nicht ebenso angreifen wie Gryf? Sie wußte ja nicht einmal, was es war!
Trotzdem.
Da war ein Freund in höchster Gefahr, hilflos der düsteren Bedrohung ausgesetzt. Und da war…
»Was ist mit Zamorra passiert? Während Sie da drin waren, hatten wir die Kameras nicht laufen«, gestand der Copilot. »Aber jetzt kann ich ihn nirgendwo sehen.«
Nicole schluckte.
»Zamorra ist – draußen«, flüsterte sie. »Er ist wohl im Austausch gegen das Schwarze verschwunden…«
Der Pilot fluchte. Aber damit konnte er auch nichts ändern. Auch nicht an dem, was Nicole jetzt erst auffiel.
Zamorra war zum Kristall hinübergegangen, um ihn zu berühren, und damit hatte er die Katastrophe ausgelöst.
Aber er hatte sein Amulett – auf dem kleinen Flachtisch liegengelassen…
Wo immer er jetzt auch war – er war hilflos wie ein neugeborenes Baby…
***
Auch Asmodis bemerkte, daß sich aus dem schwarzen Nichts heraus eine Landschaft zu formen begonnen hatte. Aber dieser Formungsprozeß endete wieder, kaum daß er begonnen hatte.
Der Ex-Fürst der Finsternis begriff das nicht. Er wußte nur, daß er sich in einer
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