0314 - Elektronische Hölle
hielt.
»Merkst du es? Merkst du es, Polizist? Der Teufel übernimmt deinen Körper. Er kann dich schaffen!«
Da hatte Broicher nicht zuviel versprochen. Schwarze Magie und Technik hatten mich jetzt schon an den Rand des Todes gebracht.
Das hielt kein Kreislauf aus. Das Blut war heiß, kochend, ich hatte das Gefühl zu dampfen.
Und Mike Broicher sonnte sich in seinem Triumph. Er kam wieder dichter an mich heran, wobei seine Umrisse für einen winzigen Moment klarer wurden.
»Das Ende, Bulle! Es ist das Ende!«
Ich schielte nach oben.
Sein schweißnasses Gesicht war verzogen. Der Mund stand offen.
Ich sah seine dicke Zunge. Sollte er recht behalten? War das tatsächlich das Ende von allem?
Er drehte sich ab, deutete auf die Wand und rief: »Schau hin, sieh dir die letzten Szenen an, die dich in den Tod begleiten werden, Sinclair!«
Das tat ich auch.
Ich sah die Szene.
Aber eine andere als zuvor.
Und Mike Broicher begann zu schreien!
Stand ich schon so sehr unter dem Streß des Todes, daß mir die Phantasie Wunschvorstellungen vorgaukelte, oder war es eine Tatsache, was die Monitore da zeigten?
Es mußte Realität sein, sonst hätte sich Mike Broicher anders benommen. Nicht mehr der Teufel war auf den Bildschirmen zu sehen, sondern eine andere Person, eine, die er als seine Feindin bezeichnete, obwohl sie ihm einmal gedient hatte.
Jane Collins!
Und sie hatte den Würfel!
Es war ein Bild, das sich unauslöschlich in mir einprägte. Ein Gesicht, umrahmt von blonden Haaren. Zwei Hände davor, die den unteren Teil des Gesichts bedeckten, aber etwas zwischen sich hielten, vor dem sich selbst der Teufel fürchtete.
Auch der Druck aus meinem Kopf war verschwunden. Ich spürte nur noch die normalen Schmerzen und nahm wieder alles wahr.
Durch die Kraft des Würfels war es Jane Collins gelungen, sich in diese Magie einzuschalten. Kaum zu fassen.
»Hi, John, es geht dir schlecht, nicht wahr?« Sie setzte ein kleines Lachen hinterher.
Auf eine Antwort meinerseits konnte sie nicht hoffen, ich war einfach nicht in der Lage, sie zu geben.
Mike Broicher verstand zwar nicht, aber er begriff, daß sich einiges zu seinen Ungunsten verändert hatte.
Und er wollte es nicht hinnehmen, denn er drehte durch.
Mich vergaß er dabei, so daß ich endlich versuchen konnte, mich aus meinen Fesseln zu befreien. Ich drehte und drückte, während ich Mike Broicher nicht aus den Augen ließ.
Es waren schlimme Sekunden. Wenn ich Zeit gehabt hätte, wäre alles nicht tragisch gewesen, doch ich mußte immer damit rechnen, daß Mike sich vergaß, die Waffe zog und mich umbrachte.
Er rannte auf seine Multivisions-Wand zu. Und er stoppte auch nicht, sondern fiel davor, wobei er beide Arme hob und mit den Fäusten gegen die Monitore schlug.
Unartikulierte Laute drangen aus seinem weit aufgerissenen Mund. Ich verstand nur Bruchstücke davon.
»Verdammt, verdammt!« brüllte er. »Du bist nicht der Teufel, nein, du nicht, du verfluchtes Stück Weib… Teufel … Sataannnn … Hilf mir…!«
Und wieder schlug er zu.
Seine Fäuste hämmerten gegen die Bildschirme, wo sich nach wie vor nur Janes Gesicht zeigte.
Die Lippen lächelten.
Es war ein wissendes, hintergründiges Lächeln, das mich einiges ahnen ließ.
Ich sollte mich nicht getäuscht haben, denn zum erstenmal griff Jane aktiv in das Geschehen hier ein.
Sie produzierte den Todesnebel!
Meine Augen wurden weit, denn ich sah, wie der Würfel den unheimlichen Nebel entließ.
Das wäre nicht einmal so schlimm gewesen, aber der Nebel verließ die Monitore und quoll in den Raum.
Aus zwanzig verschiedenen Stellen der Wand drang er als feine Schwaden hervor, um sich zu verteilen.
Ich kannte den Nebel und war durch mein Kreuz geschützt. Aber Mike Broicher kannte ihn nicht.
Der Mann war vor seiner Wand zusammengesackt. Er kniete am Boden und heulte wie ein kleines Kind, dem jemand das Spielzeug weggenommen hatte.
»Mike!« schrie ich. »Zurück, verdammt, komm zurück!« Ich wollte nicht, daß er starb und bemühte mich noch intensiver, die verdammten Fesseln loszuwerden.
Ein wenig hatten sie sich schon gelockert, so daß ich meine unteren Arme bewegen konnte, aber es reichte noch längst nicht.
Der Nebel bekam Nachschub. Die Schwaden wurden dicker, und sie erreichten auch den am Boden knienden Mike Broicher.
»Weeegg!« Meine Stimme überschlug sich. Ich drückte meinen Körper voran, bemerkte, wie sich einige Stricke strafften und andere wiederum nachgaben.
Broicher
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