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0315 - Der Mörder

0315 - Der Mörder

Titel: 0315 - Der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Mörder
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verpassten sie dem Mittelfinger ein Gipsfutteral.
    »Wollen Sie krankgeschrieben werden?«, fragte der Doc.
    »Meinen Sie, weil ich mit der Hand keinen Revolver halten kann? Doc, Sie ahnen nicht, wie relativ selten ein G-man seine Kanone zieht. Außerdem bin ich links nicht viel schlechter als rechts.«
    Die Behandlung in der Unfallabteilung hatte fast zwei Stunden gedauert.
    Ich ließ mich zur Vestry Street zurückfahren, und ich traf Phil mit einem Gesicht, das vor Enttäuschung zwei Fuß lang war.
    »Ich kann es kaum verstehen, aber wir haben ihn noch nicht«, knurrte er.
    »Es sieht aus, als sei der Kerl durch die Luft davongesegelt.«
    »Ich fürchte, er hat trotz allem nicht seinen klaren Verstand verloren«, antwortete ich. »Er hatte einen winzigen Vorsprung, und er nutzte ihn aus, um aus dem Block zu kommen. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, sich in irgendeinem Versteck zu verkriechen.«
    »Du hast doch selbst gesagt, dass er angeschlagen war. Er müsste in diesem Zustand jedem zufälligen Passanten aufgefallen sein.«
    »Wahrscheinlich hat er einen Wagen gestohlen. Er hat nichts mehr zu verlieren, und damit dürfte ihm jedes Risiko gering erscheinen.«
    »Wenn er uns wirklich entwischt sein sollte, wo kann er sich verkriechen? Er kennt niemanden in New York, und er besitzt nicht einmal mehr eine Kanone. Wir haben seine und deine Waffe auf dem Dach gefunden.«
    »Dan Stowe«, antwortete ich. »Er wird sich an Stowe halten.«
    »Also kaufen wir uns Stowe«, sagte Phil, »aber vorher will ich sicher sein, ob er nicht doch in dem Block steckt. Die Cops durchsuchen noch einmal die Keller.«
    Eine knappe Stunde später waren wir sicher, dass Lesly Crude, der Mörder, uns durch die Lappen gegangen war.
    ***
    Stowe gehörten vierzehn Piers am Hafen. Im wörtlichen Sinne gehörte ihm natürlich nicht ein einziger Stein der Bauwerke und keine Niete der Verladeanlagen, aber seine Leute saßen in der örtlichen Sektion der Stauergewerkschaft.
    Keine Unze Schmugglerware konnte über diese vierzehn Piers an Land gebracht werden, ohne dass Stowe seinen Anteil erhielt, und die Händler, die ihre kleinen schmutzigen Tausch- und Betrugsgeschäfte mit den Matrosen ausländischer Schiffe abwickelten, mussten Stowes Gunst genießen, wenn sie auf seinen Piers arbeiten wollten. Außerdem kontrollierte er die Kneipen und Kaschemmen in der Nähe der vierzehn Piers.
    Eine dieser Kaschemmen, Soft & Hard Inn in der Vandam Street, galt als sein Hauptquartier, und gewöhnlich war er dort bis in den grauenden Morgen hinein anzutreffen, und wenn man ihn nicht antraf, so durfte man sicher sein, dass irgendwo im Bereich der vierzehn Bezirke eine hässliche Sache passierte, deren Folge es nicht selten war, dass die Hafenpolizei am anderen Morgen die Leiche eines Mannes aus dem öligen Wasser fischte.
    Das Soft & Hard Inn unterschied sich in nichts von den üblichen Seemannskneipen.
    Der Laden war bis zum Bersten vollgestopft mit Matrosen aller Nationen, Rassen und Hautfarben, gut durchgemischt mit in New York ansässigen Ladies und Gentlemen, die davon lebten, dass sie den Sailors das Geld aus der Tasche zogen, gleichgültig, ob es sich um Cruzeiros, Dollars, Francs oder Milreis handelte.
    Als Phil und ich hereinkamen, erregten wir bei der Masse der Gäste kein Aufsehen, aber der Mann hinter der Bar, ein Angestellter Dan Stowes, gab einem der Kellner einen kaum bemerkbaren Wink. Der Kerl verschwand durch eine Hintertür.
    »Wir werden angemeldet«, stellte Phil fest.
    Der Kellner tauchte nach wenigen Sekunden wieder auf, zwängte sich iß durch die trinkenden, lärmenden, würfelnden Gäste, welche die Theke umlagerten, und pflanzte sich vor uns auf.
    »Wollen Sie Dan sprechen?«
    Ich nickte.
    Mit einer Kopfbewegung forderte er uns auf, ihm zu folgen. Er klopfte auf eine bestimmte Weise an die Hintertür, und sie wurde von innen auf geriegelt.
    Der Raum war nicht sehr groß.
    Ein Billard und drei Tische mit einem Dutzend Stühle herum hatten gerade Platz.
    Stowe war ein Mann um die Vierzig, breitschultrig, untersetzt, mit einem groben, viereckigen Gesicht, einem Nussknackerkinn und dunklen, buschigen Augenbrauen.
    Er trug das Haar kurz geschoren, und es wucherte ihm in die niedrige Stirn.
    Von dem halben Dutzend Ganoven, die auf den Stühlen lungerten, war keiner schöner als er.
    Da Stowe nicht annähernd über so hohe Einkünfte verfügte wie William D. Harkort, konnte er sich keine Fachleute leisten. Er rekrutierte seine Gang aus dem

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