0315 - Kreuzfahrt durch Magellan
reduzierte, spürte er, wie erschöpft er wirklich war.
Kaum, daß er noch das monotone Gemurmel des Psychoroboters vernahm. Tschai Kulu schlief ein.
Er erwachte durch gedämpfte Musik. Einige Minuten lang hielt er die Augen noch geschlossen und gab sich dem wohligen Gefühl hin, das dem Wissen darum entsprang, daß er noch nicht aufzustehen brauchte. Wenn er wollte, würde man ihn noch zehn Stunden lang schlafen lassen.
Aber obwohl er sich einzureden versuchte, diese Gelegenheit auszunutzen vermochte er doch keinen Schlaf mehr zu finden.
Er schlug die Augen auf und blinzelte gegen die Eiskristallwolken am blauen Himmel der Erde, lauschte dem Donnern des Katarakts und dem mißtönenden Krächzen der Geier. Seufzend setzte er sich im Bett auf.
Er übersah die technisch perfekte nüchterne Einrichtung des Krankenzimmers und versenkte sich ganz in den Anblick des schneebedeckten Gipfels, der über dem weiten Grasland zu schweben schien.
Zauberhaft farbig war das Bild, und sogar die traumhafte Transparenz des Lichts wie Tschai Kulu sie von seiner afrikanischen Heimat her kannte, war vorhanden.
Er mußte an die ungeheuren Urwälder denken, an die silberfarbenen Seen, die blauen Flüsse, die gewaltigen Ströme, an die im Zwielicht liegenden, geheimnisvoll lebendigen Sümpfe, die märchenhafte Pracht der Orchideen - und an die blendend weißen Hochhäuser der Städte, die im ganzen Kontinent entstanden waren, die unterirdisch stampfenden Robotfabriken, die Rohrbahnen, die Lastengleiter und die Luftkissenfahrzeuge, die abenteuerlustige Großstädter zu Fotosafaris in den Busch fuhren.
Und er sah im Geist die schwarzhäutigen Menschen des neuen Afrikas, die mit erhobenen Köpfen und federndem Gang durch die Straßen gingen: freie, geachtete Erbauer eines Industriekolosses, Bewahrer der Naturschönheiten eines ehemals wilden, ungebärdigen Erdteils - und Menschen des kosmischen Zeitalters Techniker und Farmer, Ärzte und Piloten, Senatoren und Astronomen, Polizisten und Schriftsteller, Geschäftsleute und Raumfahrer...
Tschai Kulu lächelte verträumt.
Doch dann erinnerte er sich, daß sein Blick nur auf einer dreidimensionalen, „lebenden" Videoplastik ruhte. daß er viele Tausende von Lichtjahren von der Heimat entfernt war - an Bord von Rhodans Flaggschiff und mitten im kaum bekannten Sternendschungel der Großen Magellanschen Wolke.
Diese Erkenntnis ernüchterte ihn aber sie machte die positive psychotherapeutische Wirkung der Videoplastik nicht zunichte. Im Gegenteil: Sie spornte den Major an, den Schlaf endgültig abzuschütteln und alles zu tun, damit er recht bald wieder aus der Bordklinik entlassen werden würde.
Als der Arzt eintrat, empfing er ihn sogleich mit der Forderung, ihn gesundzuschreiben.
Der Mediziner schüttelte lächelnd den Kopf.
„Ich habe Sie niemals krankgeschrieben, Major Kulu, folglich kann ich Sie auch nicht gesundschreiben. Sie waren lediglich zur Konditionsauffrischung hier, und sobald Sie in Ruhe gefrühstückt und eine letzte Untersuchung absolviert haben, können Sie sich beim Kommandanten zurückmelden."
Der Gedanke an ein ausgiebiges Frühstück machte Tschai Kulu ganz krank vor Hunger. Der Arzt schien ihm das anzusehen, denn er verließ ihn mit dem Versprechen, ihm sofort einen Dienstroboter mit dem Gewünschten zu schicken.
Der Major brauchte tatsächlich nicht lange darauf zu warten.
Mit Feuereifer machte er sich über die Grillplatte. den Toast und eine riesige Kanne starken Kaffees her.
Er war noch nicht völlig fertig damit, als die Tür abermals zur Seite glitt.
Verwundert blickte Kulu auf die untersetzte Gestalt im Schlafanzug die sich durch die Öffnung schob und mit leisen Schritten nähertrat Das breite Gesicht glänzte genauso ölig wie die dunklen, derbsträhnigen Haare, und die Schlitzaugen zwinkerten vergnügt.
Tschai Kulu benötigte einige Zeit bevor er den Chef der Ersten Beiboot-Flottille der CREST IV, den Eskimo Hole Hohle, erkannte.
„Hallo, Hohle!" rief er freudig überrascht. „Sind Sie auch noch hier, alter Schneefresser!"
Hole Hohles Grinsen wurde breiter.
„Sie vergessen hoffentlich nicht, daß mein Vorname ohne 'h' und mein Familienname mit 'h' geschrieben wird, Kulumann!"
„Wie könnte ich!" entgegnete der Afro-Terraner vorwurfsvoll. „Wo Sie das doch ständig betonen!"
„Es ist auch sehr wichtig!" sagte Major Hohle ernsthaft. „Die meisten Leute schreiben meinen Familiennamen immer wieder ohne 'h'. Der Teufel soll sie holen!"
Er
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