0317 - Der Seelenschmied
ein Gebet kann, der soll es sprechen!« sagte Björn Sörens.
»Die anderen können von mir aus die Daumen drücken oder sonstigen Firlefanz treiben… Hauptsache ist, daß wir den Kahn mittschiffs rammen können. Bei der Fahrt, die wir draufhaben, müßten wir ihn mit dem Bug zerschneiden, wie ein Messer eine Torte zerschneidet!«
»Rammkurs! Das ist ja wie bei den alten Wikingern!« knurrte einer der Männer auf der Brücke.
»Na, raten Sie mal, was meine Vorfahren waren!« grinste der Däne. Doch dann wurde er wieder ernst.
»Maschinenraum! Achtung!« rief er in die Sprechanlage. »Meine Befehle müssen jetzt sofort und unverzüglich befolgt werden. Ich denke, ihr habt schon gehört, was hier los ist!«
»Wir erwarten die Anweisungen!« kam es von unten mit fester Stimme.
»Wir müssen die ›Columbina‹ fast auf der Stelle drehen können. Sie dürfen erst im letzten Augenblick merken, daß wir sie rammen wollen!« sagte Sörens so laut, daß es auf der Brücke zu hören war und auch im Maschinenraum durchkam. Während vom Promenadendeck die Klänge eines Tango hinüber klangen, bezogen auch die Freiwachen Station und die Lautsprecheranlage war in alle Mannschaftsteile der ›Columbina‹ durchgeschaltet. Die Crews für die Rettungsboote standen bereit, und die Stewards waren angewiesen worden, im Gefahrenfalle die Passagiere ohne Panik zu den Booten zu geleiten.
Nur die Passagiere ahnten nichts. Keiner nahm davon Notiz, daß sich Professor Zamorra erhob und mit Nicole Duval zusammen mit dem Kapitän den Saal verließ. Carsten Möbius hatte sich doch noch von Andrew Richardson in ein geschäftliches Gespräch verwickeln lassen, und Dagmar Holler notierte die wichtigsten Einzelheiten auf einem Schreibblock, den sie sich von einem Steward ausgeliehen hatte. Michael Ullich und Sabine Janner waren auf der Tanzfläche.
Ob Standardtänze, lateinamerikanische Rhythmen oder Disco-Stomps – die beiden bildeten als Tanzpaar eine Einheit der Ästhetik und Grazie.
Angestrengt beobachtete Björn Sörens von der Brücke das Manöver des Segelschiffes, das höchstens 150 Meter entfernt war und in dessen Wanten man bereits bewegliche Gestalten erkennen konnte.
Nur konnte Sörens ohne Fernglas nicht wahrnehmen, daß sich an den Bordseiten kleine Klappen öffneten und Messingrohre nach vorn geschoben wurden, in denen der Tod wohnte.
Er mußte sich zusammenreißen, um nicht die notwendigen Kommandos früher zu geben. Wenn er die Nerven verlor, dann mußte der Plan schiefgehen.
Wie der Segler bisher manövriert wurde war zu erkennen, daß der Kapitän und sein Rudergänger dort ihr Handwerk verstanden.
Wenn sie den Rammkurs der Columbina frühzeitig erkannten, dann war alles zu spät.
Noch 30 Meter… noch zwanzig … noch zehn …
»Ruder 90 Grad backbord«, brüllte Sörens. »Backbordschraube AK voraus. Steuerbordschraube volle Kraft rückwärts!«
Wüstes Geschrei aus dem Maschinenraum und das durch die Lautsprecher dröhnende Hämmern der Maschinen zeigte, daß der Befehl dort unten zwar nicht richtig begriffen, aber doch befolgt wurde.
Die »Columbina« schien mitten im Vorangleiten zu erstarren und wendete dann in fast zirkelförmiger Drehung. Der Bug des Kreuzfahrtschiffes stand genau in Richtung auf die Galeone.
»Beide Schrauben AK voraus!« kommandierte Björn Sörens. Und die Männer an den Maschinen reagierten sofort.
Wie vom Katapult abgeschossen raste die »Columbina« voran.
Direkt auf den Segler mit der Totenkopfflagge zu…
***
»Die wollen uns rammen!« schrie Barret Sweapon, der das Manöver des mächtigen Eisenschiffes durchschaute. »Wir müssen beidrehen!«
»Alles in die Wanten und klar bei Segel!« brüllte der Schwarze Garfield. »Geschützmeister! Sind die Lunten klar?«
»Aye, Sir!« dröhnte eine mächtige Baßstimme aus der Geschützluke hervor.
»Anpeilen, bis der Feind in Schußnähe ist!« rief der Kapitän. »Und dann eine volle Salve!«
»Feind ist nahe genug!« gab der Geschützmeister zurück.
»Dann eine volle Breitseite. Feuer aus allen Rohren!« kommandierte der Schwarze Garfield.
Zwei Herzschläge später hatten die Männer an den Kanonen die Kienspäne an die Lunten gelegt. Zischend fraß sich der Brand bis zum Pulver.
Und dann spie die »Sea-Falcon« Feuer…
Auf der »Columbina« brüllte Björn Sörens auf, als er es an den Bordseiten des Seglers grellrot aufblitzen sah. Im nächsten Moment donnerte es gegen die Bordwände des Schiffes.
»Treffer! Wir sind
Weitere Kostenlose Bücher