0318 - Die Zombie-Hexe von Tahiti
gerade angesprungene Motor erstarb wieder.
»Was soll das?« knurrte Lydie.
»Du bist nicht Zamorra«, behauptete Nicole. »Du bist die Hexe.« Im gleichen Moment schnellte sich die Französin aus dem Wagen. Lydie ließ Zamorra nach ihr greifen, aber Nicole war zu schnell. Sie rannte auf den Hoteleingang zu.
Sekundenlang überlegte Lydie, ob es Sinn hatte, Nicole zu verfolgen. Aber die Gefährtin Zamorras würde kämpfen. Lydie schätzte sie so ein, daß sie das Aufsehen als Propaganda nehmen würde. Lydie selbst aber wollte die Öffentlichkeit aus dem Geschehen heraushalten.
Sie startete den Motor wieder, trat das Gaspedal durch und jagte davon. Hinter ihr erklang ein wildes Hupkonzert anderer Autofahrer, die durch den rücksichtlosen Start zum Bremsen und Ausweichen gezwungen wurden.
Lydie jagte davon, dem Stadtrand entgegen. Sie kannte da einen Schüler des Alten, der ihr möglicherweise helfen konnte. Er besaß starke Fähigkeiten, die es auszunutzen galt. Der Alte hatte ihn einmal seinen besten und liebsten Schüler genannt. Und obgleich in diesem Geheimbund normalerweise niemand den Namen des anderen kannte, hatte Lydie Leclerc ihn doch in Erfahrung gebracht.
Der junge Mann hieß Rao-Toa.
Lydie ahnte nicht, daß ausgerechnet dieser Rao-Toa es war, der sie längst durchschaut und ihr Rache geschworen hatte. Sie hielt ihn für noch unwissend, und sie wollte ihn zu ihrem Werkzeug machen, das später zu sterben hatte.
Sie fuhr zu Rao-Toas jämmerlicher Behausung.
***
Im ersten Moment war Nicole geflohen, weil sie nicht genau wußte, wie stark sie die Hexe einschätzen mußte. Wenn sie es geschafft hatte, Zamorras Körper zu übernehmen, dann mußte sie schon verdammt stark sein. Und Nicole mußte sich erst eine günstige Ausgangsbasis schaffen, sie mußte sich auf die Auseinandersetzung vorbereiten.
Deshalb war sie ins Hotel zurück geflohen.
Sie fuhr zum Zimmer hinauf. Es war erwartungsgemäß leer. Aber auch das Amulett war nicht hier, obgleich Zamorras Körper es nicht an sich trug. Das ließ in Nicole die Hoffnung aufkeimen, daß Zamorras Bewußtsein es zu sich gerufen hatte.
Nicole ließ sich auf die Bettkante sinken und dachte nach. Sie versuchte herauszufinden, was geschehen war. Zamorra mußte überrascht worden sein. Es war zu einem Seelentausch gekommen. Nicole begriff nicht, wie das möglich war. Warum hatte Merlins Stern Zamorra nicht davor bewahrt? Und wie war dieser Austausch überhaupt möglich? Immerhin besaßen Zamorra, Nicole und einige andere ihrer dämonenbekämpfenden Crew Bewußtseinssperren, die verhinderten, daß ihre Gedanken gegen ihren Willen gelesen werden konnten. Diese Sperren aber mußten doch auch in diesem Fall gewirkt haben. Dennoch war der Austausch vollzogen worden…
Nicole schüttelte den Kopf.
Wenn alles so war, wie sie es sich vorstellte, mußte sich Zamorras Bewußtsein jetzt also im Körper der Hexe Lydie Leclerc befinden. Nicole fragte sich, wie Zamorra damit zurechtkommen würde. Sie selbst stellte es sich jedenfalls ziemlich schwierig vor.
Und vor allem: wo war Zamorra jetzt?
Nicole griff zum Zimmertelefon und wählte die Vermittlung an. Sie nannte die Adresse der Leclerc-Villa. »Ich möchte mit Madame Lydie Leclerc sprechen«, sagte sie. »Es ist lebenswichtig. Lassen Sie ihr bitte ausrichten. Nicole Duval spricht.«
»Bitte warten Sie. Wir kümmern uns um die Verbindung.«
Nicole wartete ab. Nach ein paar Minuten klickte es in der Leitung, dann ertönte eine männliche, harte Stimme. »Villa Leclerc. Sie wünschen, Mademoiselle Duval?«
»Ich muß dringend mit Madame Leclerc sprechen.«
»Bedauere. Madame Leclerc hat das Haus verlassen. Kann ich etwas ausrichten?«
»Nein, danke. Hat sie hinterlassen, wohin sie sich wendet?«
»Bedauere.«
Nicole legte den Hörer langsam auf. Zamorra war also nicht mehr in der Villa. Es war wahrscheinlich, daß er hierher kam. Erleichtert verließ Nicole das Zimmer und ging wieder hinunter in die Eingangshalle. Dort wollte sie auf Zamorra warten. Sie hielt nach einer jungen Frau Aussschau, die schwarze Haare trug. Irgendwann mußte die Hexe, in deren Körper sich Zamorra befand, ja kommen.
***
Ania Rao verspürte eine seltsame Unruhe in sich. Sie wünschte sich, Nicoles Angebot angenommen zu haben. Unter dem hypnotischen Einfluß hätte sie sich rasch beruhigt. Aber so trieb die innere Unruhe sie wieder von ihrem Lager hoch. Irgend etwas stimmte da nicht. Aber was?
Ania trat ans Fenster. Sie konnte nirgendwo
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