0318 - Die Zombie-Hexe von Tahiti
nicht den Rest seines Lebens in Lydie Leders Körper verbringen. Je länger er sich darin befand, desto unangenehmer empfand er es. Die Umstellung war zu groß und zu umfassend.
Statt dessen sah er einen jungen Mann einarmig und regungslos am Boden liegen.
»Das ist Rao-Toa«, flüsterte Nicole ihm erschrocken zu.
Zamorra ahnte, was geschehen war. Kampf zwischen Rao-Toa und der Mörderin. Und Rao-Toa war auf der Strecke geblieben. Ein Mensch mehr, den die Hexe auf dem Gewissen hatte.
Zamorra fühlte, daß die Hexe geschwächt war. Er umklammerte Merlins Stern, der immer noch leicht glühte. Er war sicher, daß er die Hexe in diesem Moment mit dem Amulett hätte angreifen und ausschalten können. Aber das wäre zu einfach gewesen, und es hätte Gus Lavier nicht mehr gerettet. Die Hexe mußte in ihrer Villa gestellt werden, zumindest aufgefunden werden, um dem notariell beglaubigten Geständnis Glaubwürdigkeit verleihen zu können.
Sie durfte nicht hier sterben.
Schon gar nicht in Zamorras Körper, der mit sterben würde. Zuerst mußte der Rücktausch erfolgen.
»Gib mir meinen Körper zurück«, sagte Zamorra drohend. Langsam ging er auf die Hexe zu.
Nicole stand da wie gelähmt. Es war ein bizarres Bild. Das Auge schrie ihr zu, dem Zamorra-Körper zu helfen. Der Verstand und das Gefühl sagten: Hilf dem Leclerc-Körper!
Zamorra im Kampf gegen sich selbst…?
Zumindest hatte es äußerlich diesen Anschein. Wenn auch alles ganz anders war…
»Gib mir meinen Körper zurück, Hexe«, verlangte Zamorra erneut. Er war jetzt nur noch ein halbes Dutzend Meter von der Hexe in seinem Körper entfernt. Da kam Bewegung in Lydie Leclerc.
»Vorsicht, Ania! Weg!« schrie Nicole.
Aber ihre Warnung kam zu spät. Lydie Leclerc hatte all ihre Kräfte zusammengenommen und sprang Ania Rao an. Das Mädchen wurde völlig überrascht. Die Hexe versetzte ihr einen Fausthieb, der sie erschlaffend zusammensinken ließ, so daß sie sich nicht mehr wehtun konnte. Dann packte die Hexe sie und hielt sie wie einen lebenden Schutzschild vor sich.
»Ich töte sie!« schrie sie mit Zamorras Stimme. »Zurück, oder ich töte sie! Seht euch seinen Arm an!« Und dabei deutete sie auf den toten Rao-Toa.
Zamorra erschauerte. Der linke Arm des jungen Mannes fehlte.
Sekundenlang überlegte der Parapsychologe. Er zögerte. Bluffte die Hexe, oder war sie wirklich stark genug, einen solchen mörderischen Magieschlag durchzuführen? Zamorra war sich nicht ganz sicher. Er hielt sie für erschöpft, ausgelaugt. Denn sonst hätte sie bestimmt schon ihn direkt angegriffen…
Irrtum ! verbesserte er sich im nächsten Moment. Sie kann mich ebensowenig angreifen wie ich sie. Denn sie möchte ihren Originalkörper nicht verletzen !
Die Situation war verfahren.
»Ich bringe sie um!« schrie die Hexe wieder.
»Okay, tun wir ihr den Gefallen«, murmelte Zamorra. »Wir gehen zurück.«
»Ihr werdet verschwinden«, befahl die Hexe. »Verlaßt diese Gegend. Verschwindet in die Stadt oder sonstwohin! Sofort!«
»Ja, schon gut«, wehrte Zamorra ab. »Wir gehorchen.« Er wandte sich ab und zog Nicole mit zum Wagen. Er stieg in das Mercedes-Cabrio ein.
»Du bist verrückt«, sagte Nicole leise. »Was bringt es uns ein? Nichts! Sie wird uns entkommen, und du…«
»Laß mich nur machen.« Der Professor zwang den ihm nicht gehörenden Körper zum Lächeln. »Ich weiß, was ich tue.«
»Verschwinde! Sofort!« schrie die Hexe wieder.
Zamorra ließ den Motor an. Er fuhr rückwärts bis an die Straße, drehte kurz und gab Gas, als die Wagenschnauze in Richtung Stadt zeigte. Binnen weniger Augenblicke waren sie schon außer Sichtweite.
»Du bist wirklich verrückt«, wiederholte Nicole. »Sie wird uns entkommen, sie wird nie und nimmer in der Villa auf die Polizei warten, und sie…«
Zamorra hielt an und wendete erneut.
»Sie wird in den Dschungel flüchten, in die Wildnis des Landesinneren«, sagte er. »Um schnell vorwärts zu kommen, wird sie den Rolls-Royce nehmen. Und mit dem schweren Wagen bleibt sie da stecken, wo wir noch durchkommen. Und ich glaube, ich weiß auch schon, wo wir sie diesmal finden werden.«
»Du erzählst immer, was du alles weißt… und trotzdem haut’s nicht hin«, kritisierte Nicole. »Diesmal geht doch alles schief, aber auch wirklich alles. Wie um Himmels willen willst du deinen Körper zurückbekommen?«
»Denke mal nach«, bat Zamorra. »Ganz zu Anfang, noch bevor wir etwas von Olivier und Lydie Leclerc wußten — da
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