0319 - Götzenbrut
loswerden.
Anhalten und sich ihr zum Kampf stellen, konnte er nicht. Die anderen würden sich auf ihn stürzen, bevor er noch »Piep« sagen konnte. Es gab nur eine Möglichkeit. Suko wollte durch riskante Fahrmanöver und durch Ausnutzen der Fliehkraft versuchen, die Spinne von ihrem Fensterplatz zu schleudern.
Zum Glück besaß er einigermaßen Platz auf dem freien Teil des Marktes. Er fuhr Slalom. Mit dem Kreuz hatte sich der Inspektor fest gegen die Rückenlehne gepreßt, hart hielt er das Lenkrad umklammert, und seine Fingerknöchel sprangen weiß und spitz hervor.
Einmal nach rechts, dann nach links drehte er das Steuer. Dabei ziemlich heftig, so daß sich Suko schon selbst wie auf einem Karussell vorkam und nicht wie in einem Auto.
Die Reifen radierten über das katzenkopfartige Pflastergestein.
Irgendwie mußte es der Spinne unfreiwillig gelungen sein, den Türverschluß aufzubekommen, denn die rechte hintere Wagentür sprang plötzlich auf, der Fahrtwind jagte stärker in den Wagen und wirbelte im vorderen Teil zu einem Sog zusammen.
Schon nach wenigen Sekunden stellte Suko fest, daß es keinen Sinn hatte, Schlangenlinien zu fahren. Er mußte zu einem anderen Mittel greifen und zog den Fiat in eine Linkskurve.
Er ging so scharf und schnell an, wie es ihm möglich war. Jetzt machte sich die Fliehkraft bemerkbar. Sie hob die Spinne an und drückte sie in die entgegengesetzte Richtung.
Wieder schaute Suko nach hinten.
In der Luft hing die Spinne. Noch hielt sie sich fest. Sogar mit drei Beinen, die anderen pendelten, und der Körper war in eine Kreisbewegung gezogen worden.
Suko bekam fast einen Drehwurm.
Er sah die Häuser und den Pfad zum Friedhof noch nur als huschende Schatten. Ebenso erging es ihm mit dem Brunnen. Die Reifen qualmten sogar, ihr Jaulen war Sukos Begleitmusik, und der Fiat neigte sich schon gefährlich weit zur Seite.
Noch eine Kurve wollte Suko fahren. Half das nichts, mußte er in den Weg preschen. Vielleicht gelang es ihm dort, die verdammte Monsterspinne an einer Felsecke abzustreifen.
Er hatte die Kurve kaum angefahren, als er den Ruck spürte. Er übertrug sich auf den Wagen. Fast hatte der Inspektor das Lenkrad noch verrissen und den Fiat gegen eine Wand gesetzt. Im letzten Augenblick konnte er gegenlenken, bekam den Wagen wieder in die Spur, ging vom Gas, wurde langsamer und konnte auch den Wegeinschnitt erkennen.
Er sah noch mehr!
Nicht weit von der Einmündung entfernt lag die Spinne. Noch immer hielt sie die Tür fest. Mit ihrer unheimlichen Kraft hatte sie diese aus dem Wagen gerissen. So fuhr der Inspektor nur mehr mit drei Türen weiter. Das war ihm egal. Bei diesem Kampf gab es keinen Preis für irgendwelche Schönheiten. Hier ging es ums nackte Leben.
Die Kreiserei hatte auch ihn schwindlig gemacht. In seinem Hirn kreiste es noch immer, als er geradeaus weiterfuhr. Dabei hatte Suko sogar Mühe, die Einmündung des kleinen Paßwegs zu erkennen.
Kurz bevor er hineinstach, schaute er noch einmal in den Rückspiegel.
Die Spinnenflut war weit hinter ihm geblieben. Dabei sah er eine Szene, die auch aus einem Film hätte stammen können. Zwei weiße Monsterspinnen sprangen gemeinsam vom Dach und landeten auf der Straße.
Einige von ihnen hatten sich schon wieder neu orientiert. Und zwar konnten sie es nicht auf sich sitzen lassen, daß Suko entkam.
Sie nahmen bereits die Verfolgung auf.
»Auch das noch!« preßte der Inspektor hervor und gab gleichzeitig Gas. Der Fiat preschte förmlich in den Weg hinein, der zunächst mit hoher Geschwindigkeit durchfahren werden konnte, bevor die erste Kurve auftauchte, und die war verdammt eng.
Suko mußte vom Gas, wollte er nicht gegen die Felswand geschleudert werden.
Vorsichtig ging er mit dem Pedal um, nahm die erste Rechtskurve, der sofort eine in entgegengesetzter Richtung folgte, durchfuhr sie mit jaulenden Reifen, sah vor sich den Weg ansteigen und auch die weiße Monsterspinne, die ihn versperrte…
***
Hinter Claudia Darwood lag eine Hölle!
Wäre sie noch ein Schulkind gewesen und hätte eine Nacherzählung schreiben müssen, sie wäre nicht mehr in der Lage gewesen, all die Ereignisse nachzuvollziehen, die ihr innerhalb von Stunden widerfahren waren.
Claudia war in einen Taumel des Schreckens geraten, und sie wußte nicht, ob sie ihm jeweils wieder entrinnen würde.
Zwischendurch war sie mal bewußtlos gewesen, und als sie das letztemal erwachte, war wieder alles anders.
Diesmal befand sie sich nahe der
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