0319 - Götzenbrut
damit, den Kopf des Engländers vor ihre Füße fallen zu sehen und wunderte sich, daß dies nicht geschah.
Sie sah ihn überhaupt nicht mehr.
Sinclair war verschwunden!
Claudia Darwood spürte ihren eigenen Herzschlag überdeutlich.
Eigentlich hatte sie gedacht, daß sie nichts mehr erschüttern konnte, nach dem, was alles hinter ihr lag, doch diese Überraschung war fast noch schlimmer als ihr eigenes Leiden.
Ein Mensch hatte sich aufgelöst, einfach aufgehört zu existieren.
Darüber mußte sie erst einmal hinwegkommen.
Sinclair war nicht mehr da, aber Okastra gab es noch. Und er lachte, wie Claudia noch nie in ihrem Leben jemand lachen gehört hatte.
So hart, so grausam, so voller Triumph und Siegessicherheit, denn er war der Gewinner in diesem mörderischen Spiel.
Nebel umwallte ihn. In diesem Nebel war John Sinclair hineingetaucht. Gehörte er jetzt vielleicht auch dazu?
Der Gedanke war einfach zu schrecklich für die Frau, um ihn weiterspinnen zu können, außerdem hatte ihr Okastra etwas zu sagen, denn er wandte sich ihr zu.
»Weißt du nun, was mit dem geschieht, der versucht, mich zu hintergehen?«
Claudia konnte nicht sprechen.
Okastra redete weiter. »Der wird die Strafen des Dämons Baal erleiden, denn die Götzenbrut wird ihn vernichten. Es gibt für Sinclair kein Zurück mehr. Er ist ein Geist geworden. Der Körper verschwunden, nur der Geist lebt noch.«
»Kann er keinen anderen Körper finden?« Auf einmal konnte sie wieder sprechen.
Okastra lachte. Seine roten Augen funkelten dabei wie blutige Sterne.
»Vielleicht findet er einen anderen Körper. Niemand kann garantieren, daß es ein menschlicher sein wird.«
Nach dieser Antwort beschleunigte sich der Herzschlag der Frau noch mehr. »Wieso garantieren?« hauchte sie.
»Er kann ebenfalls in den Körper eines Tieres hineinrutschen. Das wäre doch was, nicht wahr? John Sinclair als Hund oder als Katze. Du kannst es dir aussuchen? Was hättest du lieber?«
»Hör auf, hör auf…!« Ihre Schreie gellten durch den Grusel-Keller und Okastra weidete sich am Entsetzen dieser gefangenen Frau. Aus der Nebelwolke stach plötzlich seine Sarazenen-Klinge hervor. Die Spitze näherte sich gefährlich nahe dem Hals der im Netz liegenden und gefangenen Frau.
»Ich könnte zustoßen, aber das wäre zu billig. Dieser Geisterjäger reicht mir. Dich werde ich meinen Spinnen überlassen. Sie haben den Weg in die Freiheit gefunden. Als Gnade gewähre ich dir noch zum letztenmal den Anblick der Sonne. Hör gut zu. Die Spinnen werden dich packen und mitnehmen. Der Friedhof ist ihr Ziel. Dort wirst du sterben. Deine Leiche kann neben dem Torso deines Bruders vermodern. Keiner wird sich um euch kümmern. Keiner…«
Mit diesen Worten drehte er sich ab und verschwand laut lachend.
Den Spinnen jedoch hatte er den Befehl gegeben. Claudia fühlte wieder die beiden Enden der Beine, die in ihren Körper drückten und wurde im nächsten Moment in die Höhe gehievt.
Sterben sollte sie.
Aber nicht in diesen Grusel-Höhlen, sondern auf dem Friedhof.
Ein kaum zu fassender Gedanke.
Sie begann zu schreien. Und sie schrie noch, als die Spinne bereits an einem Faden in die Höhe kletterte.
***
Suko sah die verfluchte Spinnen, fuhr weiter, wurde aber langsamer und schätzte gleichzeitig die Breite des Weges ab.
Nein, da kam er nicht vorbei!
Spinne und Wagen zusammen packte er nicht. Das war unmöglich. Es blieb kaum eine Lücke.
Es blieb nur die Möglichkeit für Suko, den Fiat abzustoppen, ihn zu verlassen, auszusteigen und sich zum Kampf zu stellen.
Das wollte die Monsterspinne nicht!
Hatte sie bisher wie ein künstliches Objekt dagestanden und gelauert, setzte sie sich plötzlich in Bewegung. Dabei schien ein unsichtbarer Lenker sie zu führen, denn das hastige Trappeln der Beine kam Suko vor, als würden die Gelenke der Spinne an kleinen Fäden hängen.
Da blieb keine Zeit mehr, auszusteigen. Es gab noch eine Chance für den Chinesen.
Er hielt drauf!
Die Reifen drehten beim schnellen Start durch. Tief trat der Inspektor das Gaspedal nach unten. Der Motor drehte in hohen Touren, und in Sekundenschnelle wurde die Spinne größer. Sie wuchs förmlich zu einem gewaltigen Klumpen heran.
Angeschnallt hatte sich Suko nicht. Ihm war einfach nicht die Zeit geblieben, deshalb stützte er sich am Lenkrad so gut ab, wie es eben möglich war, drückte sich selbst die Daumen und kollidierte mit der Spinne.
Im ersten Moment hatte er das Gefühl, gegen eine Mauer
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