0319 - Götzenbrut
führerlos auf dem Meer treiben lassen.
Er schaute nach. Das Glas brauchte er nicht mehr. Trotz aller Widerstände war es den Spinnen gelungen, den unmittelbaren Uferbereich und auch den der Brandung hinter sich zu lassen.
Sein Hals wurde trocken.
Es sah unheimlich aus, wie sich die Spinnen dem einsam fahrenden Boot näherten, ihre Beine hektisch bewegten und sich auf diese Art und Weise auf oder über Wasser hielten.
Wenn eine lange Welle sie in die Höhe hob und gewissermaßen über das Schlauchboot stellte, hatte Suko das Gefühl, als würden sie jeden Moment auf ihn und Claudia herabfallen.
Er schluckte. Die Trockenheit in seinem Hals wollte nicht weichen, und er stellte sich die Frage, ob er tatsächlich alles richtig gemacht hatte.
Wäre es unter Umständen nicht besser gewesen, sich der Spinnenbrut am Strand zu stellen?
Das war die große Frage. Am Ufer hätten sie Platz gehabt, um auszuweichen. Hier waren sie vom Meer umschlossen. Sie mußten sich einfach stellen.
Noch hatten die Spinnen sie nicht erreicht, auch wenn es manchmal bei den langen Wellen so aussah, als würden sie nur mehr wenige Meter trennen. Aber die Monstren kamen näher. Sie kämpfen ebenso gegen die Tücken der See an wie der Hilfsmotor des Schlauchboots. Und irgendwann, es ließ sich fast ausrechnen, würden die Spinnen es geschafft haben und das Boot entern.
Mit diesem Gedanken mußten sich die beiden allmählich vertraut machen, zudem hatte es ihnen eine Spinne bereits bewiesen.
Claudia schaute Suko ängstlich und fragend zugleich an. Sie brauchte die Worte nicht auszusprechen, der Chinese wußte auch so, was sie meinte.
»Ja«, sagte er, »sie sind noch in der Nähe, und ich habe mehr als drei gezählt.«
Claudia erschrak und preßte ihre Hände gegen den Hals.
»Ich will Ihnen nichts vormachen, Claudia, aber wir stecken in einer ziemlich bescheidenen Lage.«
»Aus der Sie keinen Ausweg sehen?«
»Das weiß ich eben nicht.«
»Dann gibt es doch Hoffnung?«
»Möglich.« Suko schaute auf die Leuchtpistole.
Claudia bemerkte den Blick und fragte: »Wäre jetzt nicht die Möglichkeit, die Pistole einzusetzen?«
»Ja, sicher. Können Sie das Ruder noch halten?«
»Natürlich.«
Suko schaute, bevor er die Leuchtpistole an sich nahm, noch einmal über das Wasser. Was er sah, erschreckte ihn, denn die Spinnen hatten tatsächlich aufgeholt.
Keine Täuschung!
Tief atmete der Chinese durch. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war besser, wenn er nicht nachzählte, das kostete nur Zeit, und noch kamen sie voran.
Der Inspektor drehte sich so, daß vor ihm das weite graugrüne Meer lag. Es gab zwar keine Orientierungspunkte auf dieser wogenden Fläche, doch Suko glaubte daran, daß sie inzwischen ungefähr die Stelle erreicht hatten, wo er vom U-Boot abgesetzt worden war. Hier wollten die Kameraden der Marine kreisen.
Das Seerohr sah Suko nicht. Leer und wogend lag die weite Fläche vor ihm. Suko dachte daran, daß sich der Kapitän nicht gerade auf seine Seite gestellt hatte. Vielleicht war von ihm der Befehl gekommen, den Kurs zu wechseln und die Küste anzulaufen.
Nur wäre dies wirklich unverantwortlich gewesen.
Suko schaute sich die klobige Pistole an. Sie war geladen. Er streckte den rechten Arm schräg in die Höhe, stützte das Handgelenk ab, der Zeigefinger fand den Stecher und zog ihn zurück.
Es gab ein zischendes Geräusch, als die Patrone den Lauf verließ und in den Himmel stach.
Suko verfolgte die Patrone mit seinen Blicken. Sie jagte dem Himmel entgegen, zog einen Streifen hinter sich her, erreichte den höchsten Punkt der Parabel und zerplatzte.
Über der See schien eine Sonne zu explodieren und sich in zahlreiche Sterne oder nach unten fallende Kometen aufzulösen. Ein roter, langgezogener Pilz entstand, der wie ein Fallschirm aussah, dessen lange Ränder mit den Wellen Kontakt bekamen und dort verlöschten.
Die gefährlichen Monsterspinnen waren für beide vergessen. Gebannt schauten Suko und Claudia dem Feuerwerk nach, das allmählich verglühte, wobei sie hofften, daß es auch von den richtigen Leuten gesehen wurde. Noch während der Widerschein über die Oberfläche des Wassers flackerte, nahm Suko das Glas und schaute nach, ob das Seerohr irgendwo an die Oberfläche stach.
So sehr er sich auch anstrengte, er sah nur die weite Fläche des Meeres. Kein Zeichen der Hoffnung, auch nicht den Schatten eines auftauchenden Bootes.
Sie saßen fest.
Suko drehte sich wieder um. Er mußte sich
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