032 - Das Schädelhaus im Todesmoor
spiegelndes Ungeheuer. Zwischen den Bäumen stand es und blickte zu uns her.«
»Quatsch, es gibt keine Ungeheuer.«
»Es war aber ganz deutlich zu sehen!«
»Eine Täuschung. Ein Reflex des Blitzes im Regen.«
»Nein, Ned, es war ein furchtbares Scheusal.«
»Na schön, du hast ein Ungeheuer gesehen, Fanny. Das kratzt mich nicht. Ich fürchte mich nicht.«
Fanny hatte Atax gesehen, und ihr Bruder hätte gut daran getan, ihr zu glauben.
***
Strahlender Sonnenschein begleitete uns auf der Fahrt nach Torceston. Der Himmel war herrlich blau; die Schwalben flogen so hoch, daß man sie nur als kleine schwarze Punkte erkennen konnte.
Unsere Laune war ausgezeichnet. Sie würde sich aber verschlechtern, wenn wir Torceston erreicht hatten, denn dann würde für uns mal wieder der sogenannte Ernst des Lebens beginnen.
Wenn Bernard Hale mit seinen Berechnungen richtig lag, wartete hinter Torceston ein hartes Stück Arbeit auf uns. Es ist niemals leicht, ein Vorhaben der schwarzen Macht zu vereiteln.
Wir konnten nur hoffen, daß sich die gefährlichen Aktivitäten noch nicht voll entfaltet hatten, daß sie sich noch im Anfangsstadium befanden.
Ich mußte meinen Freunden von meinen letzten Abenteuern erzählen. Sie hörten sich gespannt an, was ich zu berichten hatte.
Ich sprach von den Schwierigkeiten, die wir mit unserem einstigen Freund Frank Esslin hatten, der zum Söldner der Hölle geworden war.
Er besaß gefährliche Höllenpillen, mit denen er aus Menschen Monster machen konnte. Nachdem wir Rufus vernichtet hatten, tauchte Frank Esslin unter und kam eine Weile nicht zum Vorschein.
In New York, in seinem Haus, tauchte er schließlich wieder auf, und ich jettete sofort hinüber, um ihn mir zu schnappen. Beinahe hätte ich es geschafft.
Aber der Söldner der Hölle hatte sich mit der Dämonin Yora verbündet, und die beiden flohen in die Vergangenheit, ehe ich ihnen gefährlich werden konnte.
Ich folgte ihnen und landete im 17. Jahrhundert, in der Zeit der amerikanischen Inquisition, wurde von Stockard Ross, dem dämonischen Hexenjäger, gepeinigt und mußte gegen Vampire kämpfen.
Erst in der Endphase des Kampfes stieß Mr. Silver zu mir, und er ermöglichte mir die Rückkehr in mein Jahrhundert. Aber unsere Abreise nach London verschob sich, denn Radheera, ein Mitglied der Grausamen 5, sorgte in der Metropole am Hudson River für Aufregung.
Leider konnten wir nur verhindern, daß er unschuldige Menschen zu seinen Sklaven machte und in die Jenseitswelt Coor mitnahm.
Einmal, vor sechs Monaten, war es ihm gelungen, doch diesmal machten wir ihm einen Strich durch die grausame Rechnung. Als wir endlich wieder in London waren, hatte Roxane für uns eine riesengroße Überraschung.
Sie platzte gleich auf dem Heathrow Airport damit heraus. »Du hast einen Sohn!« eröffnete sie dem perplexen Ex-Dämon.
»Einen Sohn?« fragte Bernard Hale überrascht. Er glaubte anscheinend, sich verhört zu haben. »Mr. Silver hat einen Sohn?«
Ich nickte. »Das ist ein Hammer, was?«
»Aber… Ich meine… Wie…?«
»Diese Neuigkeit warf selbst den sonst so standfesten Mr. Silver aus den Schuhen.«
»Er wußte nichts von einem Sohn?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht die blasseste Ahnung hatte er.«
»Wie ist das denn möglich? Wenn er der Vater ist, müßte er doch eigentlich… Wer ist die Mutter? Roxane? Hat sie ihm ein Baby geboren?«
Ich schüttelte abermals den Kopf. »Nein, Roxane ist nicht die Mutter, und es handelt sich auch nicht um ein Baby, sondern um einen erwachsenen Silbermann.«
»Von dem müßte Mr. Silver doch wissen.«
»Ja, sollte man glauben, aber manchmal geht auch das Schicksal von Dämonen seltsame Wege. Silver II wurde ohne Wissen seines Vaters geboren.«
»Wer ist denn nun die Mutter von Silver II?« fragte der PSI-Professor gespannt.
»Eine Hexe namens Cuca«, antwortete ich. »Er war mit ihr nur kurze Zeit beisammen, wollte, daß sie dem Bösen abschwor, und sie war auch bereit, es zu tun. Aber Cuca war sehr wankelmütig, und Mr. Silver konnte sich auf keines ihrer Versprechen verlassen. Ihre Abkehr vom Bösen währte nicht lange. Sie wurde rückfällig. Zwei Gründe sollen dafür maßgebend gewesen sein: Erstens soll ihr Asmodis mehr Macht angeboten haben, und zweitens soll sie Angst vor Mago gehabt haben. Sie kehrte in die Reihen der Schwarzblütler zurück, verriet Mr. Silver und er mußte fliehen. Später hörte er, daß Cuca von einer Dämonengruppe gefangengenommen und getötet
Weitere Kostenlose Bücher