032 - Das Schädelhaus im Todesmoor
hinter der Bestie hergerannt – und damit unweigerlich ins Verderben, denn das Moor trug nur den Schwarzblütler.
Ich wäre im Brei versunken. Knapp am Rand des tödlichen Sumpfes blieb ich stehen, federte in Combat-Stellung und schickte eine geweihte Silberkugel hinter dem fliehenden Monster her.
Das Geschoß stoppte Murdock Vidor und riß ihn herum. Er fiel auf die Knie. Sein grauenerregendes Maul öffnete sich, und er stieß einen furchtbaren Schrei aus.
Aber er ging auch an meiner zweiten Kugel nicht zugrunde. Und das Moor trug ihn nach wie vor. Verdammt, gab es keine Möglichkeit, ihn zu erreichen? Das Glühen seiner Brustmuskeln nahm ab.
Ich fragte mich, ob ich ihn vernichten konnte, wenn ich ihm auch noch die restlichen Silberkugeln in den Leib jagte.
Wenn nicht, was dann? Sollte ich den Diskus werfen?
Mir schoß plötzlich eine andere Idee durch den Kopf. Wenn es mir gelang, die Magie zu brechen, die Murdock Vidor auf dem Todesmoor hielt, war er verloren.
Vier geweihte Silberkugeln befanden sich noch in der Trommel meines Revolvers. Ich jagte sie knapp hintereinander durch den Lauf.
Zischend und dampfend spritzte der Schlamm hoch. Das Moor war mit einemmal nicht mehr fest für Murdock Vidor. Als die Bestie erkannte, daß der Sumpf auch für sie zur tödlichen Falle geworden war, bäumte sie sich wild auf.
Doch Vidor konnte sich nicht mehr erheben. Der Schlamm gab überall nach. Er sank ein, und je wilder er sich bewegte, desto rascher ging es mit ihm nach unten.
Es war nicht nötig, ihm mit dem Dämonendiskus den Garaus zu machen. Der Sumpf würde das für mich erledigen. Die pulsierende Glut von Vidors Brust erlosch.
Das Ungeheuer versuchte sich an der Oberfläche des Todesmoors festzukrallen, schaffte es aber nicht. Schwer schlugen seine Pranken in den weichen Schlamm.
Der graubraune Brei spritzte hoch und klatschte auf den Schädel des Monsters. Die Fratze veränderte sich. Das gelbe Leuchten fiel in sich zusammen.
Der Schädel verformte sich, nahm mehr und mehr menschliches Aussehen an. Hilfe- und haltsuchende Menschenhände streckten sich ein letztes Mal zum Himmel empor.
Dann schien jemand in der Tiefe des Todesmoors Murdock Vidors Beine zu ergreifen und ihn nach unten zu reißen. Der zähe Brei erstickte seinen Schrei und schloß sich über dem Schwarzblütler. Er war besiegt…
***
Völlig gebrochen saß Fanny Burnett neben mir. Mit zahlreichen Dämonenbannern hatte Professor Hale dafür gesorgt, daß aus dem Schädelhaus im Todesmoor kein Hort des Bösen mehr werden konnte.
Nun saßen er und sein Lieblingsschüler im Fond des Geländewagens, und ich streifte das unheimliche Haus zum letztenmal mit einem kurzen Blick. Es war nur noch ein schauriges Mahnmal, nicht mehr.
Wir mußten die Toten zurücklassen, hatten keinen Platz für sie im Wagen, aber ich sorgte gleich nach unserer Ankunft in Torceston dafür, daß die Polizei sie abholte.
Wir brauchten uns für die Nacht kein Zimmer zu nehmen. Fanny Burnett, die jetzt nicht allein sein konnte, bat uns, bei ihr zu wohnen. Wir nahmen uns gern des bedauernswerten Mädchens an, das vom Schicksal so schwer geschlagen worden war.
Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, sagte ich zu Professor Hale und Chao Kai: »Drückt mir die Daumen, Freunde.«
»Weswegen?« wollte der Chinese wissen.
»Damit ich das Kabel finde, das ich in den Wald geworfen habe, sonst können wir nicht nach London zurückfahren.«
Und dann machten wir uns auf die Suche…
ENDE
[1] Siehe Tony Ballard Nr. 1 »Wenn sie aus den Gräbern steigen...«, Tony Ballard Nr. 21 »Die Totenuhr«
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