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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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seine Miene war lebhafter geworden, während er erwidert hatte, dass Carys vermutlich Recht habe.
    „Wie können wir Telor Einhalt gebieten?" hatte sie gefragt.
    Statt zu antworten, war Deri vom Hocker gesprungen und mit einer Miene, die Carys veranlasst hatte, wie erstarrt sitzen zu bleiben, weggerannt. Später, nachdem sie ihm auf den Dachboden gefolgt war, hatte er nicht von seiner Näharbeit aufblicken wollen und auch nichts geantwortet, nachdem sie ihn angesprochen hatte. Sie hatte Angst davor gehabt, in Tränen auszubrechen, da ihr klar gewesen war, dass sie, wenn sie weinte, nicht damit aufhören könne. Sie hatte daran gedacht, ihn anzugreifen, mit den Fäusten auf ihn einzuhämmern, bis er endlich etwas sagte, das jedoch unterlassen, nicht, weil sie wie in der Vergangenheit befürchtet hatte, geschlagen zu werden, sondern weil sie Angst vor der Antwort gehabt hatte, die sie vielleicht zu hören bekam. Daher war sie fortgelaufen und, auf Telor wartend, auf der Straße auf und ab gegangen.
    Carys erschauerte und schaute sich um. Sie war stehen geblieben, konnte sich jedoch einen Moment lang nicht erinnern, was sie wollte. Dann zwang ein leichter Krampf in der Hand sie, die fest zusammengekrümmten Finger zu öffnen. Die Münze erinnerte sie daran, dass Telor sie um Bier gebeten hatte, und sie merkte, dass sie vor der Schenke stehen geblieben war. Sie bestellte Bier und bezahlte, die Gedanken ganz auf diesen Vorgang gerichtet, weil Geld noch immer etwas Neues und sehr Wichtiges für sie war, doch als sie dann den Lederschlauch an sich nahm und zum Speisehaus zurückging, kam ihr plötzlich der Gedanke, es sei in der Tat sehr seltsam, dass sie Worte mehr als Schläge fürchtete.
    Nach der neuerlichen Erkenntnis, wie kostbar das neue Leben für sie war, wurde sie sogleich bei dem Gedanken, sie könne es verlieren - verlieren, ohne die kleinste Anstrengung, das zu bewahren, was ihr kostbar war - , von einer Aufwallung von Wut überkommen. Sie hielt sich vor, es sei närrisch zu verzweifeln, und ihre Wut wuchs noch an. Verzweiflung stellte eine größere Gefahr dar als die, welche durch Telors Plan entstehen mochte. Verzweiflung war es gewesen, die sie in Ulrics Truppe getrieben hatte, und auf Grund derer sie zugelassen hatte, dass sie ungepflegt und schlampig geworden war. Verzweiflung hatte beinahe dazu geführt, dass sie sich in Marston umgebracht hätte, ohne überhaupt herausfinden zu wollen, ob ihre Freunde noch am Leben waren, und dann wären Telor und Deri, die sie gerettet und freundlich behandelt hatten, durch Torturen qualvoll gestorben.
    Flammenden Blicks brach Carys zum Speisehaus auf. Sie wusste, sie konnte nichts tun, um Telor von der Ausführung
    seines Vorhabens abzuhalten. Sie wusste indes auch, dass sie ihm einmal das Leben gerettet hatte und es ihm wieder retten werde, und um das tun zu können, musste sie jede Einzelheit seines Plans kennen.
    Ergrimmt begriff sie, während sie den Schlauch mit einer Hand an die Brust drückte und die andere dazu benutzte, sich beim Erklimmen der Leiter an den Sprossen festzuhalten, dass sie Deri so lange hätte schütteln müssen, bis er ihr erzählte, was nicht mit ihm in Ordnung war. Feigling, der sie war, hatte sie aus Angst um sich zugelassen, dass ein lieber Freund vor sich hin litt. Nachdem sie jedoch den Dachboden erreicht hatte, sah sie, dass Deri verschwunden war und Telor auf der zusammengeschobenen Schlafstatt saß, auf der sie beide Liebe gemacht hatten, und ins Leere starrte, während er seiner Laute eine etwas stockend klingende, aber schrecklich betörende Weise entlockte.
    Da sie erneut Furcht sich regen fühlte, knallte Carys den Schlauch so heftig hin, dass Telor etwas Bier auf die Tunika spritzte. Er sprang auf, klopfte sich die Nässe ab, ehe sie in den Stoff dringen konnte, und rief aus: „Zum Teufel, was soll das?"
    „Du Wahnsinniger!" kreischte sie. „Ich hätte den ganzen Schlauch über deinem Kopf entleeren und ihn dir dann über den Schädel hauen sollen. In welches Unglück hast du Deri gestürzt?"
    Voller Überraschung richtete er die Augen auf sie. „In keins! Das schwöre ich!" rief Telor aus, lachte dann und legte die Laute hin. „Es ist gut, dich wütend zu sehen, statt verängstigt." Er streckte die Hand aus und zog Carys zu sich. „Du hast nichts zu befürchten. Nichts! Komm, lass uns Liebe machen, damit du alles vergisst."
    Carys versetzte ihm einen Stoß, durch den er sie loslassen musste und der ihn dazu brachte, auf

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