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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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den Hacken schwankend das Gleichgewicht halten zu müssen. „Oh, nein! So hast du mich schon gestern Nacht verleitet! Du wirst mich weder berühren noch küssen, bis ich haargenau weiß, welches Unheil du anrichtest."
    „Du musst mich nicht so wörtlich nehmen", erwiderte Telor etwas indigniert. „Denn sonst fange ich an, Angst der Verärgerung vorzuziehen. Es ist nicht höflich, deinen Liebhaber niederzuschlagen. Und was meinst du damit, ich hätte dich gestern Nacht verleitet? Du hast Ja zu mir gesagt, noch ehe ich dich überhaupt gefragt hatte." Plötzlich begann er zu lachen. „Oh, Carys, wie kannst du sagen, ich hätte dich verleitet? Mir ist eben erst eingefallen, dass du diese beiden Strohsäcke schon zusammengeschoben hattest, ehe ich überhaupt mit den Sachen zurückgekommen war."
    „Männer!" rief Carys verächtlich aus. „Kannst du nur an das eine denken? Ich habe nicht gemeint, du hättest mich dazu verleitet, mich dir hinzugeben. Ich habe gemeint, dass du mich dazu verleitet hast, dich nicht zu fragen, welche Schlinge du für dich, Deri und mich zusammendrehst, an der wir alle dann hängen werden. Und ich habe die Strohsäcke nicht zusammengeschoben. Ich war viel zu beunruhigt und verängstigt, um an so etwas zu denken."
    „Dann muss Deri sie zusammengeschoben haben." Telor furchte die Stirn und zuckte dann mit den Schultern. „Ich nehme an, das war seine Art, mir zu sagen, es täte ihm Leid, dass er mir Vorhaltungen gemacht hat, weil ich dich begehrte. Ich habe ihm erwidert ..."
    „Es ist mir gleich, was du ihm erwidert hast." Eine Anwandlung von Unbehagen hatte Carys erfasst, nachdem Telor geäußert hatte, Deri sei derjenige gewesen, der die Strohsäcke bereitgelegt hatte, doch sie versuchte, dieses geringere Problem zu verdrängen, bis sie das größere gelöst hatte. „Warum hast du Deri nach Creklade geschickt? Und wieso in solcher Eile? Ich war keine Viertelstunde fort, und trotzdem ist er gegangen, ehe ich zurückkam. Konntest du nicht warten, bis ich mich von ihm verabschiedet hatte? Hast du ihn überhaupt gefragt, was ihn beunruhigt?"
    Telor sah unglücklich aus. „Nein, ich habe ihn nicht gefragt, weil er mir keine Antwort gegeben hätte, und ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht, was getan werden kann, um ihm zu helfen. Ich befürchte, unser Liebesspiel hat die durch den Verlust seiner Angehörigen, besonders seiner Frau, entstandene Wunde wieder geöffnet."
    Tränen traten Carys in die Augen. „Oh, Gott! Begehrt auch Deri mich?" flüsterte sie.
    „Ich habe ihn gern, aber ich könnte nicht. . . ich könnte nicht! Nicht, weil er ein Zwergist. Das schwöre ich. Aber ich könnte nicht. . .Nicht, nachdem ich mit dir ..."
    „Nein." Telor zog Carys in die Arme und küsste sie, aber nur, um sie zu trösten. Er fühlte sich durch den Beweis da-für, dass sie ihm keinen Anlass geben würde, ungeachtet ihrer Vergangenheit eifersüchtig zu sein, gerührt und seinerseits getröstet. „Nein", versicherte er, da er wusste, dass es die Dinge hundert Mal schlimmer machen werde, falls Carys anfing, Deri aus dem Weg zu gehen. „Es ist nicht so, dass es ihn nach dir gelüstet. Aber wir haben uns beide, und er hat niemanden. Ich habe ihn einmal gefragt, ob er dich begehrt, und er sagte, du seist nicht sein Geschmack - mehr Junge als Mädchen, wie er meinte. Aber du bist auf eine andere Weise für ihn sehr wichtig geworden. Weil er so ist, wie er ist, braucht er jemanden, den er beschützen und für den er sorgen kann. Das habe ich nicht gewusst, bis wir dich fanden. Er wollte dich von Anfang an bei uns behalten. Er meinte, du seist ein verletztes Vögelchen."
    Plötzlich fiel Carys ein, auf welche Weise Deri ihre Dolche entdeckt und wie enttäuscht er geklungen hatte, als er sagte, sie sei so hilflos wie eine Natter. Aber danach war er fröhlich genug gewesen. Warum sollte er trübselig werden, nur weil sie und Telor sich geliebt hatten? Dann erkannte sie, dass das daran lag, dass er glaubte, nur ihr Liebhaber könne ihr Beschützer sein. Wie dumm! Nun, da Telor ihr Liebhaber war, brauchte sie erst recht einen guten Freund. Bestimmt konnte sie das Deri klar machen.
    „Also gut, ich verstehe seinen Kummer", erwiderte sie und stieß Telor ein weiteres Mal von sich, wenngleich weniger heftig. „Aber du versuchst schon wieder, mich zu verleiten. In welche Schwierigkeiten hast du Deri geschickt?"

    „Du bist das enervierendste Mädchen, das ich kenne", äußerte Telor aufstöhnend.
    „Zum zehnten

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