0324 - Duell der Teuflischen
wissen, daß Poseidonis verloren war.
So schnell es seine Würde zuließ, ging Amun-Re durch die Gänge des Palastes. An einem Teil der Mauer, wo niemand etwas Besonderes vermutete, blieb er stehen. Sein ausgestreckter Zeigefinger zeichnete ein seltsames Symbol auf das Mauerwerk. Ohne ein Geräusch schwang eine Tür aus massivem Mauerwerk zur Seite. Gedämpfter Lichtschein ließ Amun-Res Gestalt in ein schwarzgrünes Farbenspiel tauchen.
Das Licht dort drinnen war nicht das Licht des Tages. Aber es brannte auch weder Fackel noch Kerze. Es war die Aura eines Dämonenwesens, das hier unheilliges Licht spendete. Kaum war Amun-Re in den Raum eingetreten, schloß sich die Tür hinter ihm.
Dies war der Raum, um den sich Legenden rankten und von dem man in Poseidonis nur im Flüsterton zu reden wagte. Dies war das geheime und verbotene Refugium des Amun-Re, wo er mit seinen Blutgötzen von Angesicht zu Angesicht redete. Auf diesem Altarstein hatte er gelegen, als sie sein Blut in sich aufnahmen und Muurgh, der Alptraumdämon, ihm mit seinem eigenen Dämonenblut ein neues Leben gab.
Hierher kam Amun-Re um die Götzen anzurufen, daß sie ihn retteten. Doch er spürte, daß nicht alle versammelt waren. Dennoch begann er das Ritual. Und er war sich dessen bewußt, daß er sterben mußte, wenn ihn die Dämonenbrut des Tsat-hogguah im Stich ließ. Chronos hatte einmal versucht, ihn hereinzulegen. Er würde zu seiner Rettung keinen Finger krümmen.
Einen Moment erwog es Amun-Re, ob er versuchen sollte, seinen Körper auf den Kontinent zu versetzen. Doch den Einfall verwarf er rasch. So zauberkundig er war - ein Leben unter den Sauriern und Riesenechsen, das war für Amun-Re nicht wert, gelebt zu werden. Außerdem war er sicher, daß ihm die Dämonengötzen von Atlantis nicht fallen ließen.
Mit der Spitze seines Dolches zeichnete er ein verschlungenes Muster von Linien in die Platte des Altarsteins, das man mit den bloßen Augen nicht erkannte. Aber in jener anderen Welt, in der die Dämonen ihre Heimstatt haben, leuchtete es wie eine Schrift aus grüngelbem Feuer.
So schnell es das Ritual zuließ, zeichnete Amun-Re das Zeichen des Tsat-hogguah. Über seine Lippen flossen Worte der verfluchten Litanei zu Ehren des Echsengottes. Einige Male begann das Licht im Raum zu pulsieren und Amun-Re stellte fest, daß seine Beschwörung den Macht-Dämonen anzog.
Doch Tsat-hogguah erschien nicht. Statt dessen klang plötzlich ein Kichern durch das Refugium. Aus dem Nichts wurde erst ganz schwach, dann immer in stärkeren Konturen, die abstoßende Gestalt des Alptraumdämons sichtbar.
»Nun, mein lieber Bruder im Blute?« fragte seine Stimme freundlich. »Ist das Maß deiner Tage gezählt? Bist du nun am Ende deiner Macht angelangt!«
»Mein Reich versinkt im Meer!« rief der Herrscher des Krakenthrones.
»Ich weiß es!« gab der Dämon gleichmütig zurück. »Es geschieht durch die Zauberei jener Silbermänner, die deine Freunde und Verbündeten sind!«
»Halte es auf, hoher Muurgh!« drängte Amun-Re. »Willst du, daß deine Tempel versinken?«
»Niemand kann den Untergang von Atlantis aufhalten!« erklärte Muurgh langsam. »Gegen die Kräfte, die hier wirken, sind wir alle in unserer gesamtheit ein Nichts. Das Ende ist nicht aufzuhalten.«
»Chronos… mein Verbündeter Chronos!« stieß Amun-Re hervor. »Sende einen deiner Boten zu ihm. Er soll eins seiner Flugboote schicken und mich hier wegholen!«
»Er wird nicht die Gelegenheit haben!« kicherte Muurgh. »Auch Chronos ist am Ende seines Weges. Gegen den Mann, den er vom Thron stürzen wollte mußte er sich nun zum Kampf rüsten. Sieh hierher!«
Aus dem Nichts entstand ein Bild, das eine öde Felslandschaft zeigte. In den beiden Gestalten, die in silbernen Anzügen und wehenden, blauen Umhängen gegenüberstanden, erkannte Amun-Re Chronos und Uranos.
Beide hielten ihre Hände vorgestreckt. Wie kleine, blaue Sonnen begann es in ihren Händen zu glühen.
»Der Kampf der Machtkristalle beginnt!« sagte Muurgh. »Das Ende der Welt bahnt sich an…«
***
»Dreh ab. Dreh ab!« rief Professor Zamorra verzweifelt und bedeckte seine Augen mit beiden Händen. Er konnte sich eines Gefühlsausbruches nicht erwehren, als er tief unter sich Poseidonis langsam, aber unaufhaltsam versinken sah. Die gräßlichen Schreie der Ertrinkenden trafen sein Innerstes wie glühende Pfeile.
»Weg von hier. Bloß weg. Ich… ich kann nicht mehr!« hörte Michael Ullich seine von Tränen
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