0325 - Das Zeitexperiment der Verbannten
gegnerische Zeitvorteil und der immer dichter werdende Hagel von Raketen hatten ihn überfordert. Icho Tolot taumelte blindlings dahin, wesentlich langsamer als zuvor, und nur sein Glück bewahrte ihn davor, mitten in einen der Feuerbälle zu geraten, die überall aufsprangen.
Der Haluter fand sich mit dem Gedanken ab, daß sein Leben auf dieser grotesken Welt, in einer winzigen Paratronblase inmitten der Formlosigkeit des Hyperraums, enden würde.
Das drückende Gefühl der Angst verschwand im gleichen Augenblick. Jetzt, da er sich mit seinem Schicksal abgefunden hatte, gab es keinen Anlaß zur Furcht mehr. Er brauchte nicht einmal mehr zu laufen. Er konnte hier oben ebenso gut sterben wie weiter unten am Hang.
Er ließ sich fallen. Eine Rakete detonierte vierhundert Meter hinter ihm, und der Druck rollte ihn eine Strecke weit über den sanft geneigten Boden. Er fühlte sich schwach und ausgehöhlt. Er aktivierte das Planhirn und ließ es errechnen, wie lange er, konstanten Raketenbeschuß vorausgesetzt, noch hier warten mußte, bevor er einen Volltreffer bekam.
Der organische Rechner Begann zu arbeiten.
Er war dabei, das Ergebnis auszustoßen, als er einen Fehler im Rechenprozeß entdeckte. Er begann von neuem. Diesmal gab es einen Fehler an einer anderen Stelle - die Anfangsbedingungen waren unrealistisch. Erneute Korrektur. Ein drittes Mal wurde der Prozeß von vorne angefangen.
Unendlich, hieß das Resultat.
Icho Tolot setzte sich auf. Er hatte sich noch nie im Leben so schlapp gefühlt wie in diesem Augenblick.
Aber das war es nicht, was ihn beschäftigte. Er sah, warum das Planhirn so lange gebraucht hatte, um seine Frage zu beantworten, und warum die Antwort so merkwürdig ausgefallen war.
Es war dunkel geworden. Er hatte es nicht bemerkt im Feuerschein der Explosionen, und der Übergang von Tag zu Nacht mußte sich blitzschnell vollzogen haben auf einer Welt, auf der die Zeit zehnmal schneller ablief. Es war finster, der schwarze, sternenlose Himmel hing wie ein Sack über der fremden Welt, und auf dem Hang hinter ihm glimmte mattrotes, nukleares Feuer aus dem zerfressenen Boden und den dichten Dampfwolken der Explosionen. Es war ein Bild wie aus einem Alptraum.
Der Wind fauchte den Hang herunter. Das war das einzige Geräusch, das Icho Tolot hören konnte.
Bis auf den Wind war es still. Deswegen waren seine Überlebenschancen plötzlich so groß.
Die Gurrads hatten das Feuer eingestellt.
Der Haluter drehte sich um, als er den Boden unter sich leise vibrieren fühlte. Eine wuchtige Gestalt taumelte durch den Qualm, den der Wind in Schwaden vor sich hin trieb.
„Teiktos...!"
Fancan Teik stolperte und stürzte vornüber. Er kam unmittelbar neben Icho Tolot zu liegen.
„Es sieht aus", stieß er mühsam hervor, „als hätten wir fürs erste die Oberhand behalten, Tolotos."
*
Die IMPERATOR III und die FRANCIS DRAKE erreichten das Zielgebiet ohne Zwischenfälle. Hoch über eine gelbe Sonne hinweg, der die Gurrads den Namen Missila gegeben hatten, stießen die beiden Schiffe in die Region der sechs Planeten vor, von denen der dritte die Heimatwelt der Gurrads war.
Energetische Messungen ergaben noch aus beträchtlicher Entfernung, daß ein fremder Raumflugkörper sich auf einer Parkbahn hoch über der Oberfläche des Planeten befand. Roi Danton gab seiner Überzeugung Ausdruck, daß es sich um das Raumschiff handelte, mit dem die beiden Haluter hierhergekommen waren. Mit Hilfe des kleinen Sende- und Empfangsgerätes, mit dem er Icho Tolots Notruf aufgefangen hatte, versuchte er, sich mit dem Schiff in Verbindung zu setzen.
Er hatte Erfolg. Der Robot-Kontrollmechanismus des Fahrzeugs sprach an und übertrug eine Sendung, die offenbar von einem der beiden Haluter vor Verlassen des Schiffes auf Band gesprochen worden war.
Pfranat war von einem Schirmfeld umgeben, dessen Struktur überraschende Ähnlichkeit mit den energetischen Strahlungen der Kristallagenten aufwies. Die Haluter befürchteten, daß jedes normale menschliche Gehirn unter dem Einfluß des Schirms zusammenbrechen würde. Sie selbst waren gegen solche Beeinflussung von Natur aus gewappnet, aber für die, die nach ihnen kamen, war der Hinweis von höchstem Wert.
Während Roi Danton die Sendung des Haluterschiffes empfing und auf Band nahm, waren andernorts die Messungen und Analysen im Gange, wie sie beim Anflug bisher unbekannter Welten üblich waren. Pfranat entpuppte sich als erdähnliche Welt mit einer
Weitere Kostenlose Bücher