0326 - Dämonen-Paradies
Sinclair steckt, Mylady.«
Da war es wieder! John Sinclair. Sie hatte sich nicht verhört. Der Name war tatsächlich gefallen. Woher kannte Conrad ihn? Gut, er hatte ihn auf dieser Party gesehen, wo Maxi den Geisterjäger ansprach, aber er konnte nichts von diesem Brief und dem Ticket wissen, das sie an Sinclair geschickt hatte.
»Was wissen Sie über ihn?« fragte Maxi mit flüsternder Stimme. »Was wissen Sie über John Sinclair?«
»Daß er kommen wird.«
Diese Antwort überraschte Maxi nicht. Sie hatte damit gerechnet.
Dennoch trat sie unwillkürlich einen Schritt zurück. »Woher wissen Sie es? Wer hat es Ihnen gesagt?«
»Ich weiß es.«
»Sie haben meine Post geöffnet?«
Conrad hob die Schultern. »Sie wissen genau, Mylady, daß ich für Sie verantwortlich bin. So ist es nun einmal festgelegt worden, nachdem Sie sich von ihren Eltern trennten. Sie haben sehr viel Geld bekommen und mich dazu. Ich gebe zu, daß es leichter ist, sich mit dem Geld abzufinden, aber bitte, ich bin da. Zudem habe ich auch nicht vor, in der nächsten Zeit einfach zu verschwinden. Reicht dies als Antwort?«
»Ja, es reicht.« Maxi Mandix konnte kaum reden. Sie war viel zu durcheinander. Conrad wurde ihr immer unheimlicher, und sie fragte sich öfter, ob die es überhaupt noch mit einem Menschen zu tun hatte oder ob Conrad nicht längst unter den Einfluß anderer, schrecklicher Mächte stand.
Maxi schaute ihn an.
Sein Gesicht blieb wie immer unbewegt. Der breite Mund wirkte wie eine Kerbe in der bleichen Haut. Die Augen zeigten überhaupt kein Gefühl. Sie konnten nur mehr starr blicken, und dennoch sahen sie alles.
Conrad war manchmal schattenhaft. Er sah, hörte und reagierte. Nichts konnte man vor ihm verheimlichen.
Das wurmte sie so.
Maxi mußte sich vor der nächsten Antwort zusammennehmen. »Es wird keinen Mord geben«, sagte sie. »Jedenfalls keinen echten. Haben wir uns verstanden, Conrad?«
»Sehr wohl, Mylady.«
»Dann richten Sie sich danach. Ich habe mich auf dieses Mörder-Weekend eingelassen. Es war eine Ausnahme, und es wird eine Ausnahme bleiben, das schwöre ich Ihnen.«
Conrad ging überhaupt nicht auf ihre Bemerkung ein. Er wechselte das Thema. »Sie sollten zu Bett gehen, Mylady. Es ist sehr spät geworden. Wir erwarten die Gäste schon am frühen Morgen. Und Sie Ihren Freund sicherlich auch.«
»Er ist nicht mein Freund!« Maxi trat wütend mit dem Fuß auf und erschrak gleichzeitig über ihre eigene Reaktion.
»Entschuldigen Sie, bitte!«
Noch einmal schaute sie Conrad an. Die Axt auf dem Tablett ignorierte sie bewußt. Diese Waffe wollte sie nicht mehr sehen, dann drehte sie sich um und lief zur Treppe.
Schon auf den Stufen erreichte sie der letzte Ruf. »Ich wünsche Ihnen noch eine angenehme Nacht, Mylady!«
Sie kümmerte sich nicht darum und rannte hoch bis zum Gang, wo auch ihr Zimmer lag. Hastig drückte sie auf die Klinke, stieß die Tür auf und taumelte in den Raum.
Maxi sah nur das Himmelbett, sie sank hinein und »vergrub« das Gesicht zwischen den Kissen.
Sie begann zu weinen. Vor Angst, Wut und Enttäuschung. Wieder einmal war ihr bewußt geworden, in welch einem Gefängnis sie lebte.
Dieses Schloß mit seinen dicken Mauern war für sie wie ein Zuchthaus, das seine Tore für immer verschlossen hielt.
Maxis Schultern bebten. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte und sich aufrichten konnte. Dabei schwang sie die Beine hoch, drehte sich und legte sich rücklings in ihr Bett.
Sie starrte gegen den Himmel aus Stoff.
Blutrot spannte er sich über ihr. Wie sie dieses verfluchte Himmelbett haßte. Der Sage nach war in ihm eine ihrer Ahnfrauen gestorben. Auf schreckliche Art und Weise hatte man sie umgebracht. Wahrscheinlich sogar mit der Axt, die ihr Conrad auf dem silbernen Tablett serviert hatte. Als sie daran dachte, durchtoste sie ein Schüttelfrost. Maxi begann so sehr zu zittern, daß sie das Gefühl überhaupt nicht unter Kontrolle bekommen konnte.
Es war die Angst vor der Zukunft und das Wissen, in diesem Schloß eine Gefangene zu sein.
Schlafen sollte sie. Conrad hatte ihr dazu geraten. Ja, er riet immer. Er sagte ihr, was sie zu tun hatte, aber er traf nie ihren Geschmack oder ihre Wünsche.
Sie wünschte sich, daß es ihn nicht mehr gab. Er paßte nicht in eine moderne Zeit, denn er war ein Stück lebendiger Vergangenheit.
Das dumpfe Schlagen einer Uhr schreckte sie. Maxi selbst hatte ihre Cartier-Uhr abgelegt, sie lauschte nur mehr den hallenden
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